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Können Rückversicherer höhere Preise durchsetzen?

6. September 2012 - Ab Sonntag geben im Fürstentum Monaco fünf Tage lang Rückversicherer aus aller Welt den Ton an. Beim alljährlichen Rendez-Vous de Septembre werden erste Prämien-Tendenzen besprochen. Die Rückversicherer-Branche verändere ihr Geschäftsmodell, heißt es.

Monte-Carlo RVS Wenn sich zum Wochenende wieder die Rückversicherer aus aller Welt in Monte Carlo zu ihrem seit 1957 bestehenden alljährlichen Rendez-Vous de Septembre (www.rvs-monte-carlo.com) zusammenkommen, ist das gleichbedeutend mit den ersten Gespräche über die zu Verfügung stehenden Deckungs-Kapazitäten und die künftige Prämiengestaltung in den Komposit-Versicherungssparten.

Die Prämieneinnahmen der Rückversicherer stehen wie seit Jahren mächtig unter Druck. Schon im Vorfeld wurde bekannt, dass beispielsweise der Marktführer, die Munich Re (www.munichre.com), immer öfter bewusst auf bestimmte Geschäftsabschlüsse verzichtet. Damit könnte ein erster Trend für die Erneuerungsgespräche zum Geschäftsjahr 2013 sichtbar werden, heißt es. Die Munich Re, die laut einer Veröffentlichung in der FTD Financial Times Deutschland (www.ftd.de) von einem Geschäftspartner - einer Versicherungsgesellschaft - eine Preiserhöhung von 100 Prozent für die Deckung hoher Sturmrisiken aus der Gebäudeversicherung forderte, besteht auf ertragreichem Geschäft. Ein Grundsatz des Weltmarktführers: „Preise und Konditionen müssen risikoadäquat sein."

Sturmrisiko drastisch erhöht
Dem Medienbericht zufolge soll die Munich Re ihre hohe Forderung damit begründet haben, dass sich das Sturmrisiko drastisch erhöht habe; das bilde auch das hausinterne Modell ab. Der Geschäftspartner habe sich daraufhin bei einem anderen Rückversicherer eingedeckt; die Munich Re ist an diesem Sturm-Rückversicherungs-Programm nicht mehr nicht mehr beteiligt. Andere Marktteilnehmer wollen wissen, dass die Munich Re bei mindestens sieben mittelgroßen Gesellschaften in ihrem Kundenstamm so exorbitante Preissteigerungen gefordert habe.

Torsten Jeworrek Ziehen andere Rückversicherer nach, werden die Prämien für die Sturmversicherungen hierzulande sicherlich merklich teurer. Aus nationaler und internationaler Sicht sei das erste Halbjahr 2012 vergleichsweise schadenarm geblieben. „Es liegt im Rahmen der Erwartungen, dass sich extreme und glimpflichere Jahre über die Zeit ausgleichen", sagt dazu Torsten Jeworrek (Foto), im Vorstand der Munich Re für das weltweite Rückversicherungsgeschäft zuständig. „Die Rolle der Versicherung ist es, über solche Schwankungen hinweg für den Risikotransfer Prämien festzusetzen, die den Risiken langfristig angemessen sind. Hierbei können Versicherer auch zu geringeren Schadenbelastungen beitragen, indem sie durch umfangreiche Information und gezielte Anreize zur Prävention helfen, die Schadenanfälligkeit von Gebäuden oder der Infrastruktur zu verringern."

„Rückversicherer werden wählerischer und geben wie Marktführer Munich Re gerade in Deutschland Geschäftsvolumina auf", schreibt die FTD. Das berge erhebliche Risiken. Denn es würde immer noch Überkapazitäten im Markt geben.

Jan-Oliver Thofern Der Weltmarktführer sei nicht allein mit seinem Vorgehen. Es sei eine voranschreitende Veränderung im System zu erkennen, heißt es in der Branche. "Die Solidarität zwischen Rück- und Erstversicherern ist nicht mehr so groß wie früher. Auch in Deutschland wird die Kontinuität von direkten Geschäftsbeziehungen zunehmend in Frage gestellt, wenn die Bedingungen nicht mehr stimmen", sagte Jan-Oliver Thofern (Foto rechts) der Financial Times. Thofern ist beim weltgrößten Rückversicherungsmakler Aon Benfield (www.aonbenfield.com) für den deutschsprachigen Raum verantwortlich.

Ludger Arnoldussen Auf Nachfrage habe man bei der Munich Re betont, dass der Konzern seine deutschen Kunden nicht aufgeben wolle. Man bewerte jedoch nicht die Attraktivität eines Marktes, sondern betrachte jede Kundenverbindung individuell. Gegenüber der FTD ergänzte Munich-Re-Vorstandsmitglied Ludger Arnoldussen (Foto): "Wir beziehen aktuelle Entwicklungen wie das Zinsniveau und Trends wie die Verteuerung von Personenschäden mit ein."

Wenn die neue Kapitalanforderung mit Solvency II ab dem Jahr 2014 endgütig greife, erwarte man auch Änderungen im Rückversicherungsbedarf. Das könne dann auch bedeuten, dass die Munich Re die Beziehung mit einem Kunden ausbaue, während der Rückversicherer mit einem anderen Kunden über die Verbesserung der Konditionen und den Branchen-Mix sprechen werde, machte Arnoldussen im Gespräch mit der Zeitung deutlich.

Transparent und individuell
Um die Höhe der Prämien bei Rück- und Erstversicherern ging es in dieser Woche auch beim Symposion des DVS Deutschen Versicherungs-Schutzverbandes (www.dvs-schutzverband.de). Je transparenter und individueller die Risiken dargestellt werden könnten, desto realistischer würden sich Lösungen anbieten und höhere Prämien durchzusetzen sein, hieß es.

 

Marktbeobachter stellten heraus, dass neue Versicherungslösungen immer stärker nachgefragt werden. Auch um mögliche Innovationen ging es beim diesjährigen DVS-Symposion.

Aus Sicht der Munich Re mache das Vorgehen Sinn, sagen andere Markt-Teilnehmer. Wenn laut Financial Times die deutschen Erstversicherer nicht bereit seien, die vom Rückversicherer als nötig erachteten Preise zu zahlen, würde der Rückversichere die Kapazität in anderen Regionen anbieten. So könnten Rückversicherer zurzeit in Asien spürbare Preiserhöhungen erzielen, dasselbe gelte für die langfristige Absicherung von Ernte-Risiken in den USA, wo in diesem Jahr große Teile der Getreideernte während der anhaltenden Dürreperiode vernichtet worden waren. Doch trotz der Dürre gelte das staatlich absicherte Geschäft langfristig als „hoch profitabel".

Die Finanzkrise setzt Versicherer und Rückversicherer unter Druck. Rückversicherungsschutz von einem Anbieter mit hoher Kapitalisierung und entsprechend guter Bewertung durch die Rating-Agenturen seien mehr wert als andere. Das, so die Münchner, müsse sich in den Preisen zeigen. Bei der Munich Re hat man laut FTD den Eindruck, dass man jetzt Preiserhöhungen auch durchsetzen könne.

Anteil der Rückversicherer geht zurück
Inzwischen zeigte sich aber auch, dass insgesamt der Anteil der Rückversicherer am gesamten Versicherungsgeschäft kleiner wurde. Die Verteuerung der Prämien brachte Erstversicherer dazu, einen größten Teil der Risiken im eigenen Unternehmen zu behalten. Die beiden Branchen-Schwergewichte Munich Re und Swiss Re (www.swissre.com) reagierten auf die Veränderungen mit dem Ausbau ihres Geschäfts mit Endkunden. Die Swiss Re hat bekanntlich dafür sogar ein eigenes Unternehmen gegründet, die Swiss Re Corporate Solutions.

Noch kein eindeutiger Trend möglich
Während des fünftägigen Treffens der großen Rück- und Erstversicherer in Monaco wird sich mit Sicherheit noch kein eindeutiger Trend zur künftigen Prämiengestaltung ablesen lassen. Wesentlich konkreter wird es dann im Oktober, wenn in Baden-Baden - wie alle Jahre wieder - der Start in die Erneuerungsrunde und zu den Erneuerungsgespräche stattfindet. (eb / www.bocquel-news.de)

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