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Auch auf der Zielgeraden Unklarheit bei Solvency II

16. Oktober 2014 - Solvency II darf nicht schon vor seiner Einführung zum Auslaufmodell werden. Das forderte Munich-Re-Vorstand Schneider zum Auftakt der 11. GDV-Konferenz zur Versicherungsaufsicht. Am Dialog in Berlin nahmen nationale und internationale Gäste teil.

Jörg v. Fürstenwerth GDV„An der Startzeit für Solvencvy II wird nicht mehr gerüttelt", sagte Jörg von Fürstenwerth (Foto: E. Bocquel), der als Hauptgeschäftsführer des GDV Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) zum Auftakt der 11. Internationalen GDV-Konferenz zur Versicherungsaufsicht zum Wochenbeginn in Berlin. Es gelt nun hauptsächlich, das künftige Regelwerk Solvency II flexibel auszulegen. „Das neue System wird Zeit brauchen, um sich zu entwickeln. Es muss deshalb offen sein für Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, für Entwicklungen an den Finanzmärkten oder Fragestellungen, die wir heute noch gar nicht kennen."

Während der Tagung, zu der sogar Gäste aus Indonesien mehr als 10.104 Flugmeilen zurückgelegt hatten, war häufig vom „Quantensprung in der Regulierung" die Rede. Die Einführung von Solvency II, der grundlegenden Reform des Versicherungsaufsichtsrechts in Europa, im Januar 2016 bedeutet einen Systemwechsel. Fürstenwerth fasst zusammen, dass das neue Regelwerk den Unternehmen einerseits mehr Freiheiten gewähre, etwa bei ihrer Kapitalanlagepolitik, andererseits aber mit zunehmenden Risiken höhere Eigenkapitalanforderungen verlange. Nachdem sich die EU-Parteien Ende 2013 auf das Grundgerüst von Solvency II geeinigt hatten, läuft derzeit die nationale Umsetzung, die im März 2015 abgeschlossen sein sollte.

Solvency II Zeitplan

Hochkarätige Redner und anspruchsvolle Themen täuschten jedoch nicht über das Dilemma hinweg, dass man auf nationaler und EU-Ebene bereit ist, den Zeitplan (Foto) auf dem Weg zum endgültigen Inkraftreten der künftigen Eigenkapitalregeln einzuhalten, dass dazu allerdings längst noch nicht alle Vorschriften, Beschlüsse und Anwendungsvorgaben gefällt und bekannt seien. An sicheren Strukturen führe aber kein Weg vorbei, auch wenn klar sei, dass die Erfüllung der Kapitalanforderungen und der Berichtspflichten für die Unternehmen nicht einfach sein werde, sagte beispielsweise Anja Karliczek (CDU), Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags. Grundlage des Wirtschaftens sei Vertrauen, das gelte für die Versicherungsbranche ganz besonders. Die Kunden müssten sich darauf verlassen können, dass die Unternehmen ihre Zusagen einhalten.

Michael Meister Dr MdBMichael Meister (Foto), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (www.bundesfinanzministerium.de), brachte es auf den Punkt. „Wir müssen darauf achten, dass die neuen Anforderungen kleine Unternehmen nicht überlasten." Insbesondere bei den Berichtspflichten müsse das Proportionalitätsprinzip beachtet werden. Meister sprach sich für unterschiedliche Auflagen aus, abhängig von den Risiken und der Größe der Versicherer.

Meister sieht sich überzeugt, dass Die Überzeugung, dass Solvency II nicht Probleme verursache, sondern vielmehr vorhandene Probleme in den Assekuranz-Bilanzen sichtbar mache. An die Adresse der BaFin ging seine Aufforderung, den Dialog mit den Versicherern in Sachen Solvency II konsequent fortzusetzen. Es bleibe zwar auch nach dem 1. Januar 2016 noch für weitere 16 Jahre eine Art Übergangsfrist zur Realisierung aller Anforderungen, doch diese Zeit müsse unmittelbar und intensiv genutzt und nicht abwartend vonstatten gehen.

Jörg SchneiderDies unterstrich Jörg Schneider (Foto rechts), Finanzvorstand des Rückversicherers Munich Re (www.munichre.com), ebenfalls. Mit Blick auf die nationale Umsetzung hob Schneider hervor, dass trotz „Quantensprung in der Regulierung" weder die kleineren Unternehmen in den immensen bürokratischen Anforderungen untergehen dürften, noch die Global Player überfrachtet werden sollten. Mit dem neuen Versicherungs-Aufsichts-Gesetz (VAG) würden viele verstreute Regeln zusammengeführt und im europäischen Sinne harmonisiert.

Positiv sei, dass alle EU-Vorgaben zur Abbildung langfristiger Garantien im VAG enthalten seien, ihre Wirkung werde jedoch durch die technische Umsetzung eingeschränkt. Die nationale Umsetzung von Solvency II dürfe nicht zu Wettbewerbsnachteilen für hiesige Unternehmen führen. „Es muss alles getan werden, damit deutsche Unternehmen durch die Regulierung nicht in Hochzinsanleihen getrieben werden", so Schneider.

Eine ruhige Hand und Umsicht seien das Gebot der Stunde. Es gelte die langfristigen Garantien der deutschen Lebensversicherer zu sichern. Der Munich-Re-Vorstand forderte Politiker und Aufsichtsbehörden auf, den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen zu begrenzen. „Alle ringen mit der Flut an neuen Anforderungen." Dort, wo noch Vereinfachungen möglich seien, sollten die Spielräume genutzt werden, sagte Schneider. „Solvency II darf nicht schon vor seiner Einführung zum Auslaufmodell werden."

Felix Hufeld Bafin

Investitionsschutz bewahren
Schneider verwies auf die geplante Regulierung international tätiger Versicherungsgruppen, für die global einheitliche Regeln geschaffen werden sollen. Dazu zählen nach dem Willen der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) auch einheitliche Kapitalanforderungen. Schneider erinnerte an den Aufwand der Unternehmen zur Vorbereitung und Umsetzung von Solvency II. Der Investitionsschutz müsse gewahrt bleiben.

Felix Hufeld (Foto), Exekutivdirektor der Finanzaufsicht BaFin (www.bafin.de), sprach sich für eine Lösung im Einklang mit den europäischen Vorgaben aus. Das Modell Solvency II sei nicht exporttauglich, könnte aber wichtige Anregungen für internationale Diskussionen geben. „Neben Solvency II ein zweites Regelwerk zu etablieren, das darf nicht sein." Die internationalen Kapitalanforderungen sollten den Charakter von Mindestanforderungen bekommen, die in Europa durch Solvency II kompatibel umgesetzt werden können. Das bedeute jedoch nicht, dass Solvency II in keinem Punkt oder Komma geändert werde, so Hufeld. Es müsse nicht jede Leitlinie blind übernommen werden müsse; sie seien nicht in jedem Fall bindend, sondern würden nur Hinweise geben.

Carlos Rebuelta Eiopa

Inzwischen dauern die Vorbereitungen und Arbeiten an den europäischen Regeln für das Eigenkapital- und Risikomanagement von Versicherungsunternehmen bereits fünfzehn Jahre an. Jetzt biege man in die Zielgerade ein. Ab 2016 werde Europa über das modernste Aufsichtssystem der Welt verfügen, doch die zeitgleich laufenden Planungen der International Association of Insurance Supervisors (IAIS), die ab 2018 neue Regelungen für die Aufsicht international tätiger Versicherungsgruppen verabschieden will, gäben den Eindruck, dass Solvency II nur eine Zwischenlösung sein könnte.

Am Nachmittag trat Carlos Montalvo Rebuelta (Foto rechts) ans Rednerpult. Als Exekutivdirektor der EIOPA European Insurance and Occupational Pensions Authority (https://eiopa.europa.eu), hatte er sich die Ausführungen, Kritiken und Wünsche angehört. Was die EIOPA betreffe, so sei man ebenfalls daran interessiert, die Leitlinien-Flut einzudämmen. Das höre er nicht nur von deutscher Seite, sondern auch von den anderen 27 Partnern und EU-Ländern. Deutschland mit seinen 337 Versicherern und 57 Gruppen, die von Solvency II betroffen sind, würden intensiver als andere Nationen die Arbeiten für Solvency II vorantreiben.

In zwei Podiumsdiskussionen würde die allgemeine Problematik der künftigen Bürokratie-Monsters Solvency II zusätzlich aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert. Neues würde dabei nicht verkündet. (-el / Fotos E. Bocquel / www.bocquel-news.de

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