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Die letzten Zuckungen beim LV-Reformgesetz

3. Juli 2014 - Bis zum Schluss haben Versicherungswirtschaft, Gesetzgeber und Verbände um die Ausgestaltung des Lebensversicherungs-Reformgesetzes gerungen. Die Versicherer konnten die Dividendensperre nicht abwenden, dafür ist die Provisionsoffenlegung vom Tisch.

Bundestag Noch am Montag war das Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungs-Reformgesetz - LVRG) Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Deutschen Bundestag (Foto: Simone M. Neumann). Es sieht verschiedene Maßnahmen vor, um die Risikotragfähigkeit der deutschen Lebensversicherer in der anhaltenden Niedrigzinsphase zu stärken. Es war vom Bundeskabinett am 4. Juni beschlossen worden (LV-Reformgesetz steht – Höchstzillmersatz gesenkt). Am 2. Juli behandelte der Finanzausschuss des Bundestages abschließend, so dass es am 4. Juli im Bundestag in letzter Lesung debattiert werden kann.

Kernpunkt der Entwicklung Bisher: Die Versicherungsbranche konnte sich mit ihrer vehementen Kritik an einer Dividendenausschüttungssperre nicht durchsetzen. Im Vergleich zum Entwurf des LVRG wird es aber die geplante Offenlegung der Provisionen von Lebensversicherungen nicht geben. Statt dessen sollen die Kunden über die Effektivkosten informiert werden.

Das Lebensversicherungs-Reformgesetz in Kürze
  • Die Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren fließen nicht mehr in voller Höhe an ausscheidende Versicherungsnehmer. Zurückgehalten wird der Teil, der für die Finanzierung der an die verbleibenden Versicherten gegebenen Garantiezusagen notwendig ist. Übersteigt der Bedarf zur Erfüllung der gegebenen Garantien die vorhandenen Mittel, werden nicht nur die Ausschüttungen der Bewertungsreserven reduziert, sondern auch die Dividendenzahlungen an Aktionäre.
  • Der Garantiezins für neu abgeschlossene Lebensversicherungen wird von 1,75 auf 1,25 Prozent abgesenkt.
  • Versicherte müssen zu 90 Prozent statt bisher 75 Prozent an Risikoüberschüssen beteiligt werden.
  • Die Kunden von Lebensversicherungen sollen über die Effektivkosten des Vertrages informiert werden.
  • Die Höchstgrenze für den Zillmersatz wird von 40 auf 25 Promille gesenkt. Damit darf nur noch ein kleinerer Anteil der im Geschäftsjahr angefallenen Abschlusskosten des Neugeschäfts auf die Folgejahre übertragen werden.

Gegen die vorgesehen Provisionsoffenlegung hatten der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) und der Bundesverband Deutscher Vermögensberater (www.bdv.de) opponiert, der „Fehlinformationen" beim Kunden befürchtete, „weil er beispielweise nicht zwischen den höheren Provisionsansprüchen eine selbstständigen Vermittlers und den gegebenenfalls niedrigen Provisionsansprüchen eines unselbstständigen Vermittlers unterscheiden kann". Der AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung (www.afw-verband.de) warnte vor einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der freien Versicherungsvermittler. Der Bund der Versicherten (www.bundderversicherten.de) begrüßte die Provisionsoffenlegung. Sie müsse aber auf alle Provisionsbestandteile ausgeweitet werden. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (www.vzbv.de)  hatte durch eine Provisionsoffenlegung auf mehr Wettbewerbsgleichheit gehofft.

Es wird knapp
Das Lebensversicherungs-Reformgesetz soll noch vor der Sommerpause in Kraft treten und zwar am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Übergangsfristen sind nicht vorgesehen.  Nicht nur der Zeitplan ist ambitioniert, sondern auch der Druck auf die Versicherungswirtschaft, die bereits mehrfach für eine zeitliche Streckung der Neuregelungen, unter anderem bei der Umsetzung der Absenkung des Rechnungszinses bis zum Jahresbeginn 2016 plädiert hatte.

Stress für die IT-Abteilungen
Die knappe Frist zwischen Inkrafttreten des Gesetzes und Wirksamwerden seiner Bestimmungen (meist zum Jahresbeginn 2015) wird vor allem die IT-Abteilungen der Versicherer überfordern, befürchtet das Software- und Beratungshaus PPI AG aus Hamburg (www.ppi.de).

„Alle fünf Neuerungen müssen die Unternehmen in kurzer Zeit umsetzen. Teile sollen bereits mit in Kraft treten des Gesetzes im Juli 2014 verwirklicht werden", sagt Torsten Gillessen, Partner und Versicherungsexperte bei der PPI AG, „Damit sind Versicherer und besonders die Fachkräfte in den Bereichen IT und Aktuariat zeitlich überfordert." In diesen Abteilungen werde bereits unter Hochdruck an den zukünftigen Berichtspflichten für Solvency II gearbeitet, von denen Teile ebenfalls in den nächsten Monaten abgeliefert werden müssen. Für viele der geplanten Inhalte des Lebensversicherungsreformgesetzes seen größere Änderungen in den EDV-Systemen nötig. „Allein die IT-seitige Umsetzung der Garantiezinssenkung bis zum Januar 2015 dürfte schwierig werden", warnt Gillessen. Kurzfristig müssten Versicherer in den betroffenen Abteilungen deutlich mehr Mitarbeiter-Kapazitäten zur Verfügung stellen.

Auf Kollisionskurs mit Sovency II
Doch nicht nur IT-seitig kollidiere das LVRG mit der EU-Richtlinie zur Eigenmittelausstattung der Versicherer. „Teile des LVRG laufen den Zielsetzungen von Solvency II entgegen. Geld, das als Risikoüberschuss an Versicherungsnehmer ausgezahlt wird, steht nicht für die Eigenkapitalbildung unter Solvency II zur Verfügung", sagt Gillessen, „An dieser Stelle müssen einige Versicherer umdenken."

Keine Senkung der Vertriebskosten
Selbst im Sinne des Verbraucherschutzes sei das Gesetz in den Augen des Versicherungsexperten noch nicht ausreichend ausgearbeitet. „Die Senkung des Zillmersatzes wird den Kunden kaum zugute kommen. Die bestehenden Abschlusskosten gegenüber dem Vermittler muss der Lebensversicherer trotzdem abrechnen und wird sie daher vermutlich auf anderem Wege auf die Kunden abwälzen", so Gillessen. (hp / www.bocquel-news.de

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