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Konzepte und Kriterien

Berufsbild Honorarberater - was nutzt dem Kunden?

24. Februar 2011 - Um die verbaucherpolitische Diskussion im Rahmen der Qualitäts-Offensive Verbraucherfinanzen zu vertiefen, trifft sich heute, Donnerstag, die Verbraucherministerin Ilse Aigner in Berlin zum dritten Mal mit einem Fachkreis. Dabei kommt auch die Honorarberatung zur Sprache.

Michael Mesebius Ein heißes Eisen wollen Experten heute in Berlin beim dritten Fachgespräch mit Verbraucherministerin Aigner anfassen, wenn der Diskussionsentwurf zur Finanzberatung und -vermittlung zur Sprache kommt. In der Praxis wird häufig kontrovers über die Beratung auf Honorarbasis und Nettotarife diskutiert. Die Redaktion der bocquel-news sprach mit Michael Mebesius (Foto), der Vertriebsvorstand der Fortis Deutschland Lebensversicherung AG (www.fortis-leben.de) ist. Der Versicherer bietet alle seine Produkte sowohl im Brutto- als auch im Netto-Bereich an. Hier arbeiten viele Vertriebspartner als Honorarberater.

E. Bocquel: Der Gesetzgeber plant die Honorarberatung in einem eigenen Gesetz zu regeln. Herr Mebesius, als Vertriebsvorstand der Fortis Deutschland Lebensversicherung, die im Schwerpunkt Nettotarife für Honorarberater anbietet, wie sehen Sie den Handlungsbedarf, das Berufsbild des Honorarberaters zu definieren?

M. Mebesius: Honorarberatung muss transparent und frei von Interessenkonflikten sein. Nur dies nützt dem Verbraucher. Es zwar am Markt Vermittlungs-Modelle geben, bei denen Provisionen, Kickbacks und ähnliches mit einem Honorar verrechnet werden; in der Praxis kann dies aber kaum im Sinne des Kunden sein. Darum unterstützen wir die Überlegungen, bei ein und demselben Versicherungsgeschäft klar getrennt entweder gegen Honorar oder gegen eine Provision zu beraten.

E. Bocquel: Was halten Sie von dem Vorschlag, dass ein Vermittler grundsätzlich nur gegen Honorar oder gegen Provision vermitteln darf?

Mebesius: Wir müssen sorgfältig zwischen Geldanlage- und Versicherungsberatung unterscheiden, da wir hier unterschiedliche Märkte vorfinden. Im Bankenmarkt gibt es offensichtlich ausreichend Produkte, die „nettoisiert" (Finanzprodukte, die ohne Vermittlervergütung kalkuliert werden) zur Verfügung stehen. Im Versicherungsmarkt ist dies noch nicht so. Es gibt zum einen für spezielle Risiken überhaupt keine Nettoprodukte und zum anderen ist nicht für alle gängigen Risiken eine ausreichende Auswahl an Nettoanbietern am Markt vorhanden.

E. Bocquel: Können Sie Beispiele nennen?

M. Mebesius: In den gängigen Sachsparten und der Altersvorsorge gibt es bereits einige Produkte am Markt. Aber nehmen wir beispielsweise die Berufsunfähigkeitsabsicherung für einen Kunden mit Vorerkrankung. So kann es sein, dass dieser aufgrund der Risikoprüfung unter den wenigen, wenn auch guten Nettoanbietern nicht optimal untergebracht werden kann. Der Makler ist aber gesetzlich verpflichtet, den Kunden Versicherungsschutz zu beschaffen - unter dem Gesichtspunkt von „best advice". Er hat dabei den gesamten Markt zu berücksichtigen. Es wäre in dieses Fall unzulässig und unsinnig, nur auf den Nettomarkt zu reflektieren. Wir glauben auch nicht, dass das Verbraucherministerium Ilse Aigner dieses mit ihrer Diskussionsgrundlage meint, da es nicht im Sinne der Verbraucher wäre.

E. Bocquel: Gibt es denn tatsächlich eine Unterversorgung mit Nettotarifen?

M. Mebesius: Das Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln (www.ivk.uni-koeln.de/12192.html) erst in diesen Tagen in einer Untersuchung das Nettotarif-Angebot deutscher Versicherungsunternehmen detailliert veröffentlicht. Es wird dabei festgestellt, dass es zurzeit nur ein eingeschränktes Angebot an Nettotarifen gibt. Hier zitiere ich den Versicherungsjournalisten Prof. Dr. Mathias Beenken, der an der Studie mitgearbeitet hat. Er zieht das Fazit, dass es kein hinreichendes Angefbot an Nettotarifen gibt. Dadurch werde der Versicherungsmakler daran gehindert, frei mit seinem Auftraggeber  - dem Kunden - über die Vergütung zu verhandeln.

Die Studie macht klar, dass Versicherungsmakler in einem Konflikt mit der gesetzlichen Anforderung einer umfassenden Marktuntersuchung und entsprechenden Beratungsgrundlage stehen, sofern sie nicht auch auf Bruttotarife (Courtagetarife) zurückgreifen. Bei Krankenversicherern konnte die Studie um Übrigen keinen einzigen Nettoanbieter ausfindig machen.

E. Bocquel: Es gibt aber doch Marktteilnehmer, die ein ausschließliches Honorarmodell propagieren.

M. Mebesius: Das stimmt. Und für den Bankensektor mag dieses auch zutreffen. Für den Versicherungsbereich ist dieser Absolutismus aber nicht umsetzbar, wie die Studie der Uni Köln belegt. Auch Honorar-Makler vermitteln bei Bedarf Provisionsprodukte. Dies steht für uns auch in keinem Widerspruch, wenn der Makler das seinem Kunden transparent darstellen kann und dabei nicht doppelt kassiert.

E. Bocquel: Es gibt aber bereits Meldungen, die das „Aus" für die Mischmodelle herbeireden, bei denen der Berater sowohl Makler als auch Honorarberater wäre.

M. Mebesius: Wenn Frau Aigner davon spricht, ein Berufsbild des Honorarberaters zu verankern, bei dem sichergestellt wird, das ein Berater seinen Kunden berät, ohne von einem von einem Produktgeber eine Provision zu erhalten, so scheint es mir doch völlig überzogen, hieraus zu folgern, dass das Mischmodell verboten wird. Es kommt darauf an, dass der Kunde erkennt, dass „sein" Makler ihn gegen Honorar oder auf Courtagebasis berat. Das heute praktizierte Mischmodell ist heute zulässig, sollte aber auch unserer Meinung nach viel transparenter geregelt werden.

E. Bocquel: Herr Mebesius, wenn Sie sich etwas wünschen dürften, wie würde für Sie das Berufsbild des Honorarberaters aussehen?

M. Mebesius: Ein Interessenskonflikt bei der Beratungs-, Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit muss ausgeschlossen sein. Zudem sollte neben einer bestmöglichen Transparenz auch zunehmend mehr Nettoprodukte angeboten werden.

Konkret sollte der Fokus stärker auf die Beratungs- und Betreuungstätigkeit gelegt werden kann. , zum Beispiel in dem der Makler auch für die reine Beratung beziehungsweise Betreuung ein Entgelt vom Kunden erheben kann. Dies setzt nicht nur die vollständige Transparenz hinsichtlich seines Tätigkeitsumfanges und seiner Vergütung voraus, sondern muss dann auch die notwendige Qualifikation des Beraters beispielsweise durch Nachweis einer entsprechenden Zusatzqualifikation verbindlich festlegen. Nur so kann die gestartete Qualitätsoffensive tatsächlich im Sinne der Verbraucher sein und schafft keine Regelungen, zu der in der Praxis das notwendige Werkzeug fehlt.

E. Bocquel: Wir bedanken uns für das Gespräch. (eb / www.bocquel-news.de)

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