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Konzepte und Kriterien

Wenn Big Brother demnächst mit im Auto sitzt

28. Januar 2013 - Chancen und Gefahren von eCall, Werkstattvernetzung und anderen Mehrwertdiensten rund ums Auto waren Gegenstand einer am Rande des diesjährigen Verkehrsgerichtstags in Goslar vorgestellten Studie, die die Akzeptanz der Verbraucher untersucht hat.

Voraussichtlich ab 2015 - so ein erneuter Wille der Europäischen Kommission - sollen alle Neufahrzeuge in Europa mit eCall ausgerüstet sein. Dabei handelt es sich im Prinzip um ein telematisches System, das im Falle eines schweren Unfalls automatisch einen Notruf an eine Notrufzentrale absetzt, die dann die Möglichkeit hat, das Fahrzeug zu orten, Kontakt zu den Insassen aufzunehmen und Rettungsmaßnahmen einzuleiten. So etwas gibt es heute schon; im Prinzip handelt es sich um ein eingebautes Mobilphone, das bei Unfall aktiviert wird. Bisher kennen nur zwei von fünf Deutschen dieses System. Zu ihrer Einstellung befragt, finden 97 Prozent ein solches System gut, sehr gut oder ausgezeichnet. Zu diesem Ergebnis kam das IVW Institut für Versicherungswesen (www.ivw-koeln.de) an der Fachhochschule Köln.

An die Daten wollen viele
So weit, so gut. Doch längst gilt als ausgemacht, dass Autohersteller, Versicherer, Werkstätten, Abschleppdienste, Nothelfer und andere Branchen mehr wollen. Denn ist das System erst einmal - mit gütiger Mithilfe des Gesetzgebers - installiert, könnte es doch eine Menge Daten liefern, die bares Geld wert sind. Hersteller und Werkstätten könnten beispielsweise Verschleißdaten ermitteln, auf deren Grundlage sie präventive Reparaturen verkaufen könnten - und darauf natürlich das Monopol hätten. Bei einem Unfall könnten die Versicherer die entscheidenden Sekunden vor dem Crash rekonstruieren - was ihre Position bei der Schadenregulierung deutlich verbessern würde. Die Polizei wüsste im Zweifelsfall lückenlos, wer wann wo gewesen ist.

Fahrzeugdaten Das finden die Verbraucher natürlich gar nicht gut. Weder automatisch, noch selektiv per Voreinstellung, noch manuell im Einzelfall möchte eine übergroße Mehrheit der Bundesbürger solche Daten nicht übertragen wissen, schon gar nicht an den Hersteller, den Versicherer oder die Werksatt. Am ehesten noch würde die Übermittlung an die Polizei, den Rettungsdienst oder den Pannendienst akzeptiert. Drei Viertel aller Befragten stehen auf dem Standpunkt „Die Fahrzeugdaten gehören mir" (siehe Grafik).

Horst Müller-PetersVerbraucher sind käuflich
Nach Erkenntnissen der IVW-Studie gibt es innerhalb verschiedener Bevölkerungsschichten kaum Unterschiede bei der (Nicht-)Akzeptanz von eCall und Mehrwertdiensten. Doch das müsse weder die Automobilindustrie noch die Versicherer verunsichern, heißt es. Denn den Angaben zufolge bestehen die Verbraucher zwar verbal auf ihr Recht auf informelle Selbstbestimmung, haben als Nutzer von Facebook, Payback-Karten und Smartphone-Ortungssystemen aber schon lange alle Vorsicht beim Umgang mit persönlichen Daten fahren lassen. Horst Müller-Peters (Foto), Professor am IVW und Autor der Studie, kommt deshalb zu einer interessanten Schlussfolgerung: „Der Verzicht auf Anonymität ist in einem gewissen Grad ‚käuflich'.

Wenn es um konkrete Vergünstigungen (beispielsweise in Form von Rabatten) geht, würden auch datenschutz-bewusste Menschen leicht schwach, sagt Müller-Peters. Das könne man auch auf die Fahrzeugvernetzung übertragen: „Bequemlichkeit, Gewohnheit und kleine Anreize können die Akzeptanz von Mehrwertdiensten verbessern. Oder aber negativ ausgedrückt, die Menschen ein Stück korrumpieren, trotz grundsätzlicher Bedenken ihre Privatsphäre noch ein Stück weiter zu öffnen."

Für die Versicherer könnte das heißen: Wer der Datenübertragung zustimmt, bekäme einen weiteren Rabatt bei der Kfz-Versicherungsprämie. Über Unfallhergang, eventuelles Mitverschulden des Versicherten und vor allem über die Quotierung der Entschädigung würde dann der Versicherer ohne Mittun des Versicherten ganz allein entscheiden.

Die komplette Studie ist unter www.ivw-koeln.de abrufbar. (hp / www.bocquel-news.de)

 

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