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Stabiles Geschäft und niedrigste Storno-Quote

25. April 2013 - Der deutschen Versicherungswirtschaft geht es gut; es gelte aber weitreichende Problemstellungen der Branche - zum Teil auf politischer Ebene - zu lösen, um für die Zukunft Stabilität in allen Sparten gewähren zu können, hieß es beim GDV-Pressekolloquium.

Alexander Erdland Der deutschen Versicherungswirtschaft brennen gleich mehrere Problemfelder auf den Nägeln, die aber nur unter der Mitwirkung politischer Kreise gelöst werden können, hieß es gestern beim Pressekolloquium des GDV Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) in Berlin. Insgesamt jedoch gehe es den deutschen Versicherern gut. Das zeigten auch erste Gesamtzahlen der rund 600 Assekuranz-Unternehmen hierzulande. In Berlin legten GDV-Spitzenmanager die Ergebnisse 2012 der Presse vor. „Die Versicherer behaupten sich mit einer stabilen Geschäftsentwicklung", sagte GDV-Präsident Alexander Erdland (Foto). Demnach verzeichnete die Branche im vergangenen Geschäftsjahr ein Beitragsvolumen von 181,7 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg von 2 Prozent.

„Mit der Beitragsentwicklung sind wir nicht zuletzt vor dem Hintergrund der andauernden Euroschuldenkrise zufrieden", sagte Erdland. Im Vergleich zu anderen wichtigen europäischen Versicherungsmärkten, in denen die Beitragsentwicklungen der Assekuranzen teilweise deutlich rückläufig waren, zeige sich der deutsche Markt insgesamt robust.

Neuregelung der Bewertungsreservenbeteiligung zwingend
„Für uns bleibt die Notwendigkeit für eine Neuregelung der Bewertungsreservenbeteiligung zwingend bestehen", machte Erdland anschließend deutlich. Die Positionen und Argumente seien in den vergangenen Monaten intensiv ausgetauscht worden und allseits bekannt. „Es bleibt dabei: Die bestehende Regelung ist eine Schön-Wetter-Regelung. Im heutigen Umfeld wirkt sie wie ein Katalysator: Sie beschleunigt unnötig den durch die Niedrigzinsen bedingten Rückgang der Überschüsse für die große Mehrheit der Kunden." Die bestehende Regelung treibt nach Aussagen des GDV-Präsidenten einen Keil zwischen die Kunden, deren Lebensversicherungs-Verträge gerade fällig werden, zulasten derjenigen, deren Verträge weiterlaufen. Mit einer gerechteren Regelung könnten sie nämlich mehr Geld aus ihrer Lebensversicherung bekommen.

Endlos-Story „Solvency II"
Die Endlos-Story „Solvency II" gehört ebenso zu den Problemfeldern der Versicherungswirtschaft. „Unser künftiges Aufsichtsregime ist auf dauerhaft künstliche Niedrigzinsen und ausgehebelte Märkte nicht eingestellt - obwohl genau dieses Kapitalmarktumfeld heute Realität für die Versicherer ist", sagte Erdland. Die letzten Testläufe für die BaFin (www.bafin.de) hätten gezeigt, dass die Versicherer langfristige Garantien im aktuellen Marktumfeld kaum noch anbieten könnten.

Die Versicherer würden aber ein Aufsichtsmodell benötigen, das es ihnen - bildlich gesprochen - bei jedem Wetter ermöglicht, langfristige Garantien anzubieten. "Wir brauchen eine Regulierung, die den stark veränderten Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Das ist sonst so, als wenn das Verdeck eines Cabrios immer noch offen ist, während das dauerhaft schlechte Wetter schon da ist." Und das sei keineswegs nur eine Frage des deutschen Marktes. Deshalb sei es richtig, dass sich der europäische Gesetzgeber entschieden hat, einen weiteren Test EU-weit durchzuführen. Ausgewertete Ergebnisse liegen noch nicht vor. „Wir gehen davon aus, dass die getesteten Vorschläge eine gute Basis für Lösungen liefern und - wenn man an diesen konsequent weiterarbeitet - Solvency II tatsächlich bald auf die Zielgerade bringen könnten." Laut Erdland  Es wäre es der falsche Weg, wenn sich EIOPA mit den im März veröffentlichten Vorschlägen zu einem teilweisen „Vorziehen" von Solvency II in diesen zentralen politischen Fragen zum Ersatzgesetzgeber aufschwingen und vorzeitig Fakten schaffen würde.

Die geplante Finanztransaktionssteuer nicht überstürzen
Auch die geplante Finanztransaktionssteuer, die bereits Anfang 2014 in mindestens elf EU-Ländern eingeführt werden soll, bereite den Versicherern Sorge. Ursprünglich gedacht, um die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten zu beteiligen, sollen jetzt auch Kapitalanlagen besteuert werden, die der Altersvorsorge dienen. „Künftig wird der Staat die Eigenvorsorge also mit der einen Hand fördern und den Menschen das Geld mit der anderen Hand über die Steuer wieder wegnehmen", sagte Erdland. Das führe die Altersvorsorgeförderung ad absurdum.

GDV Sparteneinteilung Das guten Ergebnisse dürften nicht darüber hinweg täuschen, dass die Regeln zu neuen Rahmenbedingungen passen müssen. Private und betriebliche Altersvorsorge dürfe von der geplanten Finanztransaktionssteuer nicht betroffen sein.

Zur Entwicklung der Beitragseinnahmen auf zuletzt 181,7 Milliarden Euro nannte der GDV-Präsident die Anteile der einzelnen Segmente und Sparten, wie sie auf dem deutschen Markt deutschen Markt 2012 verzeichnet wurden. In den einzelnen Sparten ergibt sich ein differenzierteres Bild (Abbildung): In der Schaden- und Unfallversicherung sei mit einem Beitragswachstum von 3,7 Prozent die höchste Wachstumsrate seit 1994 erzielt worden. Erfreulich sei, dass alle Sparten der Schaden- und Unfallversicherer wachsen, und das fast ausnahmslos stärker als 2011. Die Beiträge seien zwar gestiegen, aber zugleich waren den Angaben zufolge die Schadenleistungen so hoch wie noch nie.

Norbert Rollinger Die Beitragseinnahmen der Schaden- und Unfallversicherer hierzulande sind laut vorläufigem Ergebnis 2012 um 3,7 Prozent auf 58,7 Milliarden Euro gestiegen, verkündete Norbert Rollinger (Foto) als Vorsitzender des GDV-Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung. Es handele sich hier um den stärksten Umsatzanstieg seit 17 Jahren. Die Schaden- und Unfallversicherer haben laut Rollinger 2 Millionen Verträge mehr abschließen können (+0,7 Prozent), so dass sie nunmehr rund 298 Millionen Verträge im Bestand führen.

Die Combined ratio (Schaden-Kosten-Quote) der Komposit-Sparten lag im Branchendurchschnitt bei 97 Prozent, knapp 1 Prozentpunkt besser als im Jahr zuvor. Wie Norbert Rollinger weiter mitteilte, stieg der versicherungstechnische Gewinn um rund 800 Millionen Euro auf etwa 1,9 (Vorjahr: 1,1) Milliarden Euro.

Deutliches Plus vor allem durch Beitragsanhebungen
„In der größten Sparte, der Kraftfahrtversicherung, stiegen die Beitragseinnahmen 2012 um 5,4 Prozent auf 22 Milliarden Euro. Ursächlich für das deutliche Plus sind vor allem Beitragsanhebungen im Bestand sowie im Neugeschäft, aber auch ein leichtes Bestandswachstum", machte Rollinger deutlich. Die Durchschnittsprämie habe sich 2012 erhöht. „In der Kfz-Haftpflichtversicherung beobachten wir im letzten Jahr einen Anstieg von rund 4,0 Prozent, in der Vollkaskoversicherung von etwa 4,5 Prozent. Besonders im Flottengeschäft haben wir infolge der guten Konjunktur der deutschen Wirtschaft neues Geschäft hinzugewonnen."

Das Schadengeschehen in Teilbereichen der Schaden- und Unfallversicherer bezeichnete Norbert Rollinger, im Geschäftalltag Vorstandsvorsitzeder der R+V Allgemeine Versicherung AG (www.ruv.de), als „unterdurchschnittlich". Die Ausgaben seien daher weniger stark gestiegen. „Wir gingen im letzten Jahr noch von einem Anstieg um 3,9 Prozent aus." Inzwischen zeichne sich aber ein Plus von nur 1,4 Prozent auf 44,4 Milliarden Euro ab.

Markus Faulhaber Markus Faulhaber (Foto), Vorsitzender des GDV-Hauptausschusses Lebensversicherung/Pensionsfonds, stellte die These auf, dass hierzulande das Vertrauen in die Lebensversicherung weiterhin stabil sei. Das würden auch die Kennzahlen vom Geschäftsjahr 2012 mit 6,3 Millionen neuen LV-Verträgen zeigen. Mit 3,48 Prozent habe man die niedrigste Storno-Quote seit 1993 verzeichnet. Einmalbeiträge seien mit 22,7 Milliarden Euro erneut hoch ausgefallen, und die laufenden Beiträge seien um 1,1 Prozent auf 64,6 Milliarden Euro gestiegen. Die Summe der gesamten Beitragseinnahmen bezifferte Faulhaber mit 87,3 Milliarden Euro, einem Plus von 0,6 Prozent.

Signifikant sei der leichte Rückgang im LV-Neugeschäft: Das sogenannte Annual Premium Equivalent (APE) sank demzufolge um 2,6 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro.

"Sorgenkind" bleibe die geförderte Altersvorsorge. Das Neugeschäft mit Riester-Renten ist den Angaben zufolge um rund 36 Prozent auf 610.000 Verträge und das mit der Rürup- oder Basis-Renten um circa 16 Prozent auf 178.000 Verträge zurückgegangen. „Die Bestände legen bei Riester zu auf 10,9 Millionen und bei der Basis-Rente auf 1,7 Millionen zu."

„Erfreulich" nannte Faulhaber, der im Geschäftsalltag seit Sommer 2012 Vorsitzender des Vorstands des Allianz Deutschland AG (www.allianzdeutschland.de) ist, die Entwicklung der Branche bei der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Hier sei das Neugeschäft mit 1,2 Millionen Verträgen um 9,3 Prozent gewachsen. Der Bestand habe um 4,8 Prozent auf 14,5 Millionen Verträge zugelegt. Die bAV habe damit einen Anteil von 19,6 Prozent des gesamten Neugeschäft erreicht. „15,5 Prozent aller bestehenden Verträge in der Lebensversicherung lassen sich der bAV zuordnen."

GDV Pressekolloquium 2013

Beim GDV-Pressekolloquium präsentierten gestern (v.l.n.r.) Norbert Rollinger. GDV-Präsident Alexander Erdland, GDV-Pressesprecherin Ulrike Pott sowie Markus Faulhaber und PKV-Vorstand Reinhold Schulte am Podium die Geschäftsergebnisse 2012.
GDV-Präsident Erdland kam im Gespräch mit Journalisten auch auf das Thema Schadenbearbeitung zu sprechen: „Hier scheint sich in den vergangenen Monaten zunehmend das Bild festgesetzt zu haben, Versicherer würden Leistungen nur widerstrebend und mit erheblicher Verzögerung an ihre Kunden zahlen." Jetzt führe das Bundesjustizministerium dazu aktuell eine Umfrage unter den Landesjustizverwaltungen durch, um zu klären, ob tatsächlich ein Missstand bestehe.

Schnellstmöglich für Aufklärung sorgen
Erdland: „Es ist unser Interesse hierzu schnellstmöglich für Aufklärung zu sorgen. Wir begrüßen deswegen jede Form von Transparenz zu dem Thema. Wir sehen auch die Umfrage des Justizministeriums vor allem als Chance, die Diskussion auf der Basis aussagekräftiger Daten zu versachlichen. Für unsere Stellungnahme an das Ministerium erheben wir derzeit selbst aktuelle Zahlen zur Regulierungspraxis bei unseren Mitgliedsunternehmen."

Erdland ist überzeugt, dass mit repräsentativen Zahlen aus der Branche belegt werden könne, dass die Schadenregulierung solide erfolgt und in aller Regel gut funktioniert. „Es kann nicht anhand einzelner Fälle ein Generalvorwurf an eine ganze Branche mit über 457 Millionen Versicherungs-Verträgen abgeleitet werden." Allein die Schaden- und Unfallversicherer regulieren pro Jahr rund 23 Millionen Schäden. (eb / www.bocquel-news.de)

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