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Konzepte und Kriterien

LV-Zweitmarkt: Plattform mit zusätzlichem Mehrwert

2. Oktober 2014 - Hochkarätig besetzt war die „Life Settlement Conference“, die der BVZL Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen e. V. in München veranstaltete. Gäste waren auch Experten vom Schwesterverband ELSA aus Großbritannien und aus den USA.

Die Bedeutung der Assetklasse Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen ist heutzutage - nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise - weiterhin ein wichtiger Bestandteil für rentable Investitionsmöglichkeiten. Dies wurde auf der „Life Settlement Conference" deutlich, zu der der BVZL Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen e. V. (www.bvzl.de) in München geladen hatte. Im Jahr seines 10-jährige Bestehen zogen der BVZL, sein Schwesterverband ELSA (Europäische Life Settlement Association) sowie Experten der internationalen Lebensversicherungs-Zweitmärkte aus den USA gemeinsam Bilanz. Ihr Stellenwert nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise mit vielen Höhen und Tiefen sei unerschütterlich. Selbst der Lebensversicherungs-Zweit- und -Drittmarkt in den USA habe sich rascher erholt und erlebe aktuell wieder einen Aufschwung. Das sei mit Zahlen zu belegen, wie BVZL-Vorstand Christian Seidl und ELSA-Präsident Simon Erritt (Foto v.l.n.r.) zum Auftakt der Life Settlement Conference bekräftigten.

Das Prinzip des Verkaufs von Lebensversicherungen auf dem sogenannten „Zweitmarkt" ist international bereits seit vielen Jahren bekannt - seit dem Jahr 1844 in Großbritannien, seit 1911 in den USA. Im Vergleich dazu ist der deutsche Lebensversicherungs-Zweitmarkt noch relativ jung. Erst seit dem Jahr 1999 haben Verbraucher hierzulande die Möglichkeit, ihre Kapitallebens- oder Renten-Versicherungen an professionelle Aufkäufer zu verkaufen.

Waren in den Jahren 2003 bs 2007 vor allem geschlossene Fonds der Hauptabsatzkanal für die von den Aufkäufern erworbenen LV-Zweitmarkt-Policen, wurden sie inzwischen von institutionellen und Privat.Investoren abgelöst, die inzwischen auch über elektronische Handelsblattformen oder Webshops „gebrauchte" deutsche Kapitallebensversicherungen als Kapitalanlage erwerben können.

„Ich möchte das Anliegen des BVZL auf politischer Ebene weiter verbreiten", sagte Dr. Rainer Stinner (Foto), ehemals Mitglied des Bundestages und Obmann des Auswärtigen Ausschusses der FDP. Er werde sich für die nötige Transparenz einsetzen, die auch der BVZL fordere. Stinner zeigte sich in seiner Begrüßungsansprache erstaunt, dass die Parlamentarier bisher zu wenig für die Branchenstandards im Hinblick auf Transparenz und Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anlagesegmente (britische, deutsche und US-amerikanische Lebensversicherungen) getan hätten. Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Investment in diese sehr differenziert zu betrachtenden Assetklassen sei zwar stetig verbessert worden, werde aber seiner Meinung nach in seiner Bedeutung hierzulande noch längst nicht gerecht.

Wichelhausen„Trotz negativer Markteinflüsse, der oftmals unsachlich geführte Diskussionen über die weitere Zukunft und eigentliche Werthaltigkeit des Assets ‚Lebensversicherung' an sich, haben die auf dem deutschen LV-Zweitmarkt tätigen Mitgliedsunternehmen den Verbrauchern mit dem Ankauf ihrer Policen dennoch wieder einen echten Mehrwert bieten können", sagte BVZL-Vorstand Ingo Wichelhaus (Foto). Das Volumen der aktuellen Beitragszahlungen der BVZL-Mitglieder an die Erstversicherer bezifferte Wichelhaus mit circa 250 Millionen Euro (entspricht circa 5 Prozent Prämie p. a.).

Inzwischen sei vielen Investoren klar geworden, wie einzigartig und gut eine Investition in eine deutsche LV-Police doch sei - bei Marktrenditen von rund um die 1 Prozent für vergleichbar sichere Anlagen und bei einer Gesamtverzinsung von immer noch über 4 Prozent für deutsche LV-Policen sei nicht viel Überzeugungsarbeit notwendig.

Darüber hinaus sind laut Wichelhaus auch die Aufkäufer wieder sehr gut kapitalisiert. Schließlich sei nun kürzlich auch mit dem Lebensversicherungsreform-Gesetz (LVRG) das Thema „Bewertungsreserven" als letztes Hindernis aus dem Weg geräumt worden. Aus Sicht des BVZL erwarte der deutsche Zweitmarkt „eine sehr gute Zukunft" mit Anspruch auf Nachhaltigkeit. So ist sich Wichelhaus auch sicher, dass die Bedeutung des Zweitmarktes weiter zunehmen werde.

Jeanne CalmentDas lange Leben Französin Jeanne Louise Calment (Foto beim 121. Geburtstag) nahm anschließend Prof. Dr. Jochen Ruß zum Anlass, über "Mortality Trends, Longevity and Demographic Changes" zu sprechen. Madame Calment hält den Rekord des höchsten erreichten Lebensalters eines Menschen. Am 21. Februar 1875 wurde sie in Arles, Frankreich, geboren. Als sie am 4. August 1997 starb, hatte sie es mit 122 Jahren und 164 Tagen auf das höchste bis dato erreichte Lebensalter eines Menschen gebracht. Ihren Fall unter allen Supercentenarians war für Jochen Ruß Grund genug, in launigen Worten darzustellen, wie sich Sterblichkeitsrate, Langlebigkeit und der demografische Wandel auf das umlagefinanzierte Renten-System (PAYG-Pension-Entwürfe), die Versicherungswirtschaft und den Kapitalmarkt auswirken.

Eine Untersuchung von Sterbewahrscheinlichkeits-Verbesserung und Langlebigkeit, die der in Rostock lehrende amerikanische Wissenschaftler James Vaupel im Jahr 2002 erarbeitet hatte, erklärte Ruß, dass ein Anstieg der Lebenserwartung kein temporärer Trend, sondern viel mehr eine stetige Entwicklung sei. Als Grund nannte er den medizinischen Fortschritt. Die Untersuchungen Vaupels hatten zudem ergaben, dass sich die Lebenserwartung innerhalb von 10 Jahren um 2,4 Jahre erhöht. Das bedeutet, dass ein Neugeborener im Jahr 2014 eine um 2,4 Jahre höhere Lebenserwartung als ein Neugeborener des Jahres 2004 hat. Ebenso machte Ruß deutlich, dass ein 70 Jahre alter Mensch heutzutage dieselbe Sterbewahrscheinlichkeit habe, wie ein 60 Jähriger noch vor 50 Jahren. "70 ist die neue 60", umschrieb er den Trend.

Lebenserwartung

Im zweiten Teil seines Vortrags machte Ruß deutlich, dass das deutsche umlagefinanzierte Renten-System nur funktionieren könne, wenn die deutschen Frauen durchschnittlich 2,1 Kinder gebären würden. Momentan liegt der Durchschnitt bei 1,4 Geburten pro deutscher Frau. In anderen fortschrittlichen Ländern der westlichen Hemisphäre sei die Statistik ähnlich. Daraus schlussfolgerte er, dass dort, wo Alterseinkommen zum großen Teil auf umlagefinanzierten Systemen basieren, ein Wechsel unausweichlich vollzogen werden müsse:

  • Kürzung der umlagefinanzierten (staatlichen) Renten;
  • Fokus auf kapitalgedeckte Systeme;
  • die Regierungen müssen Anreize für die kapitalgedeckte private Altersvorsorge setzen, um zu retten, was finanziell noch gerettet ist.

Das teilt Europa in zwei Teile, meinte Professor Ruß. Es gäbe hier Länder, in denen der Wechsel bereits vollzogen wurde oder bald wird, - aber auch solche Länder, wo das erst in Zukunft stattfinden wird.

Veränderungen für die künftigen Rentner
Deutschland gehört laut Ruß zu den Ländern, in dem bereits einige Renten-Reformen stattfanden. Und damit auch Veränderungen für die künftigen Rentner. Der demografischen Wandel und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Renten-Systeme sei unaufhaltbar. Natürliche könne man nicht davon ausgehen, dass alle Länder dem deutschen Beispiel folgen, sagte Ruß, aber „wir gehen davon aus, dass sich die typischen Lebensversicherungs-Produkte in vielen Ländern ändern werden.

Bisher gab es Policen mit kurzen Vertragslaufzeiten, meist mit pauschalen Vorteilsvereinbarungen. Oft mit geringer oder gar keiner Rentenbasis.

Künftig müsste es vor allem langfristig laufende LV-Policen geben; mit signifikanter Rentenbasis-Zusage. Garantien werden für die Versicherer immer risikoreicher - sowohl auf dem Kapitalmarkt, als auch bei der Langlebigkeit. „Wir erwarten neue Produkte mit veränderter Risikoeinstufung und anderem Riskmanagement", fasste Ruß zusammen.

Jochen RussProf. Dr. Jochen Ruß (Foto), der Geschäftsführer des ifa Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (www.ifa-ulm.de) in Ulm ist, arbeitet an der Entwicklung innovativer Lebensversicherungs-Produkte, insbesondere Garantieprodukte. Finanzmathematische Themen im Bereich der Lebensversicherung und des Zweitmarktes für Lebensversicherungs-Policen. Während der „Life Settlement Conference" in München stellt er Überlegungen zur „Life Insurance Industry" an - auch in Bezug auf die künftig durch Solvency II veränderten Eigenkapital-Vorschriften der Versicherer, sprach über „natural hedging" (Einsatz verschiedener Methoden zur Risikobeschränkung - natürliche Absicherung) - und wie das Langlebigkeitsrisiko von den Rückversicherern übernommen werden sollte. Auch sogenannte Longevity Bonds fanden in seinen Ausführungen Beachtung.

Schließlich kam Professor Ruß auch auf sogenannte Longevity Swaps zu sprechen. Solche relevanten Investmentrisiken werden bei der Rückversicherung der UK-Pensionsfonds über Langlebigkeits-Swaps zunächst nicht übernommen. Individuelle Longevity Swaps bestanden erstmals 2007 zwischen dem britischen Versicherer Friends‘ Provident und dem Rückversicherer Swiss Re. Was bisher nur in Großbritannien mit individuellen Portfolios an der Tagesordnung war, wird sich weiter entwickeln. In Sachen „Real Swap" werden Investoren am Kapitalmarkt Risiken übernehmen und sie standardisieren - auch außerhalb von Großbritannien.

Die Märkte sind noch nicht bereit
Die Lebenserwartung steigt. Für den Einzelnen wird die private Vorsorge immer wichtiger. Das individuelle Langlebigkeitsrisiko steigt. Der Staat mehr Anreize für längerfristige Geldanlagen schaffen. In der Konsequenz wird sich das Langlebigkeitsrisiko in den Büchern der Versicherer vergrößern. Es gebe bereits Modelle, Langlebigkeitsrisiken anzufertigen und zu quantifizieren. Allein die Märkte sind laut Prof. Ruß noch weit entfernt, diesbezüglich liquide zu sein, oder sich in dieser Hinsicht zu standardisieren. (Fotos E. Bocquel / Text eb-ver / www.bocquel-news.de)

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