5. Juli 2012 - Der von der Europäischen Kommission offiziell vorgelegte Richtlinien-Vorschlag („IMD2") wird den Vertrieb aller Versicherungsprodukte in der gesamten EU verändern und den Versicherungsmarkt revolutionieren, teilt das europäische „Think Tanks MEDI" mit.
Die Europäische Kommission (www.ec.europa.eu) hat am Dienstag offiziell ihren Richtlinien-Vorschlag („IMD2") vorgelegt, der nach Experten-Meinung den gesamten Versicherungsmarkt revolutioniere. Eine wesentliche Änderung im Vergleich zur bisherigen Regelung stellt der Anwendungsbereich der Neuregelung dar. In einer Presseerklärung der MEDI - Monitoring European Distribution of Insurance (www.medi-site.eu). Regelte die 1. Vermittler-Richtlinie von 2002 nur den Vertrieb durch einen der etwa 1 Million Versicherungsvermittler, die in einem der 27 EU-Mitgliedsstaaten registriert sind, werden von der Neuregelung alle Formen des Versicherungsverkaufs umfasst, das heißt auch der Banken- und der Direktvertrieb, aber auch der Verkauf über das Internet. Dies entspreche der generellen politischen Zielsetzung der europäischen Behörden, zukünftig unabhängig vom gewählten Vertriebsweg ein gleiches Maß an Verbraucherschutz zu gewährleisten, heißt es in der MEDI-Erklärung.
In Versicherungskreisen wird der Vorschlag äußerst kritisch gesehen. Politisch begründet wird die Notwendigkeit dieser Neuregelung generell mit den in der aktuellen Finanzkrise offenkundig gewordenen Problemen für den „kleinen Sparer und Versicherungsnehmer" und entsprechenden Handlungsaufträgen der G20-Staaten. Als konkretes Indiz für die Notwendigkeit einer Neuregelung bezieht sich die Europäische Kommission den Angaben zufolge auf eine europaweite Untersuchung, die gezeigt habe, dass 70 Prozent der Kunden ihre Versicherungsverträge ohne angemessene Beratung abschließen.
Henri Debruyne (Foto), der Vorsitzende des europäischen Think Tanks MEDI ("Monitoring European Distribution of Insurance") bewertet die vorgesehenen Neuregelungen wie folgt: „Diese Richtlinie stellt erstmals den Kunden in den Mittelpunkt der europäischen Regulierung. Indem sie die Bedeutung einer professionellen und interessenneutralen Beratung herausstellt, strebt sie eine entscheidende Verbesserung der Rechtstellung des Verbrauchers in diesem Bereich an.
Dadurch wird eine grundlegende Überprüfung der Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten sowohl der Versicherungsunternehmen als auch der Vermittler erforderlich. Im Rahmen der definitiven Ausgestaltung der Neuregelung wird entscheidend darauf zu achten sein, dass sie nicht zu erheblichen Verwerfungen und einer hohen Kostenbelastung für einen Wirtschaftssektor führt, der in Bezug auf Gefährdungen der Verbraucher relativ harmlos ist, andererseits aber bereits jetzt mit häufig wechselnden und entsprechend teuren gesetzlichen Anforderungen zu kämpfen hat."
PRIPS-Richtlinie |
Diese nunmehr offiziell vorgestellten Vorschläge entsprechen damit sehr weitgehend dem von MEDI bereits im Dezember 2011 angekündigten Ansatz (MEDI-Studie „IMD2: Mehr Transparenz!"). Dort findet sich auch der rechtspolitische Hintergrund für diesen grundlegenden europäischen Neuansatz sowie MEDI´s Vorschläge, wie sich sowohl Versicherer als auch Vermittler rechtzeitig auf das geänderte Umfeld einstellen können.
„Eine genauere Prüfung dieses neuen EU-Textes werde zeigen, dass er eine ganze Anzahl komplexer Herausforderungen für die gesamte Versicherungswirtschaft enthält und die Bedeutung dieser neuen Regulierungsvorschläge kaum überschätzt werden kann", sagt Harald Krauss (Foto rechts), bei MEDI Vizepräsident für Deutschland. Seinen Angaben zufolge empfiehlt MEDI dringend, die Vorbereitung auf diese grundlegenden Veränderungen nicht den Vertriebsspezialisten zu überlassen; vielmehr sollte angesichts der großen wirtschaftlichen und strategischen Bedeutung die Vorbereitung auf dieses neue Umfeld bereits jetzt zur Chefsache bei allen Versicherern und Vermittlern, aber auch bei den Kunden erklärt werden.
Die fünf Gründungs-Partner Angelo Scarionni (Vizepräsident für Italien), Nick Davenport (Vizepräsident für Großbritannien), Henri Debruyne (Präsident und Vizepräsident für Frankreich), Harald Krauss (Vizepräsident für Deutschland) und Carlos Biurrun (Vizepräsident für Spanien und Portugal) mit dem in Paris ansässigen Büro, dem europäischen „Think Tanks MEDI", verfügen aufgrund langjähriger Erfahrungen über detaillierte Kenntnisse der mit der europäischen Vermittlerregelung verbundenen Problematik.
MEDIs vollkommen unabhängige Rolle als internationale Berater auf dem Gebiet der europäischen Versicherungsvermittlung erlaube es, auch kritische Hintergrundinformationen einzubringen und sich auf dieser Basis objektiv mit den für die geplanten Neuregelungen verbundenen politischen und wirtschaftlichen Grundentscheidungen auseinanderzusetzen. Die MEDI-Experten betonen, dass MEDI keine interessengebundene Lobbyvereinigung sei. Grundlegende Vergleiche zu dieser Problematik seien in der MEDI-Studie vom Mai 2011 ("Überarbeitete Richtlinie wird für Vermittler teuer") deutlich gemacht worden.
BVK begrüßt EU-Zustimmung zum bewährten Provisions-System
Inzwischen hat auch der BVK Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (www.bvk.de) als größter Versicherungsvermittlerverband Deutschlands mitgeteilt, dass es zu begrüßen sei, dass im überarbeiteten Entwurf (IMD II) ein Verbot der Annahme von Provisionen für Versicherungsvermittler nicht vorgesehen ist. Der BVK hat in der Vergangenheit immer wieder gefordert, das bestehende und bewährte Provisions-System der Versicherungsvermittlung in Deutschland beizubehalten und befürwortet, dass die Kommission seinen Empfehlungen gefolgt ist.
Entschieden gegen Zwang Provisionen offenzulegen
Entschieden lehnt jedoch der BVK ab, dass der Entwurf der IMD II die Versicherungsvermittler künftig zwingen soll, ihre Provisionen offenzulegen und damit die Kunden eher verwirrt als informiert werden. Der BVK ist der Ansicht, dass mit der Informationspflichtenverordnung zum Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vom 18. Dezember 2007 die Versicherer in Deutschland bereits im ausreichenden Umfang verpflichtet wurden, bei Lebensversicherungen, der Berufsunfähigkeitsversicherung und der Unfallversicherung die in der Prämie einkalkulierten Abschlusskosten in einer Summe und in Euro und Cent auszuweisen.
Der BVK teilt mit, dass angesichts der formulierten Kritikpunkte noch Bedarf zur Nachjustierung bestehe: „Wie werden uns daher mit aller Kraft dafür einsetzen, die EU-Kommission bei der Novellierung der EU-Versicherungs-Vermittlerrichtlinie von unseren Vorstellungen zu überzeugen", sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. (eb / www.bocquel-news.de)
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