18. März 2013 - Spätestens wenn die geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1970 aus dem Berufsleben ausscheiden, steigt der Druck auf das Rentensystem. Das Rentenniveau wird weiter sinken und der Betragssatz muss steigen. Einzelne Korrekturmaßnahmen reichen nicht aus.
Dies hat eine Simulationsrechnung der Bertelsmann Stiftung (www.bertelsmann-stiftung.de) zur langfristigen Tragfähigkeit des deutschen Rentensystems ergeben. Danach werden die bereits vorgenommenen Rentenreformen, aber auch eine weiter steigende Arbeitsproduktivität durch technischen Fortschritt nicht ausreichen, um das Rentensystem langfristig stabil zu finanzieren. Wirklich entlastende Effekte würde dagegen die Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung bewirken. Darüber hinaus auch eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen, eine tiefgreifende Verbesserung der Bildungsstruktur oder eine nochmalige Verlängerung der Lebensarbeitszeit.
Der zusätzliche Druck auf das Rentensystems ergibt sich nach den Berechnungen aus dem anhaltenden demographischen Wandel in der deutschen Bevölkerung. Während heute der Anteil der über 65-Jährigen bei 30 Prozent liegt, sieht die Prognose für 2030 einen Anteil von 49 Prozent und für 2060 von 63 Prozent. Damit entstehe spätestens ab 2030 ein neuer Anpassungsbedarf in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Rentenbeitrag könnte auf 27 Prozent steigen
Zwar werden sich bis 2030 die Veränderungen von Beitragssatz und Rentenniveau in Grenzen halten. So wird der Beitragssatz auf 21,3 Prozent ansteigen, während das Rentenniveau auf 45,2 Prozent absinkt (siehe Grafik). Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Geburtenrate gleichbleibt, die Lebenserwartung nur zwei Jahre pro Dekade steigt und die Nettozuwanderung bei durchschnittlich 150.000 pro Jahr liegt. Die weitere Fortschreibung dieser Größen bis zum Jahr 2060 würde allerdings dazu führen, dass der Beitragssatz auf 27,2 Prozent ansteigen muss, wenn wenigstens noch ein Rentenniveau von 41,2 Prozent erreicht werden soll. Auch ein beschleunigtes Wachstum von Arbeitsproduktivität und Löhnen könnte dabei nicht für nennenswerte Entlastungen sorgen. Selbst bei einem jährlichen Produktivitätsfortschritt von einem Prozent ließe sich der Anstieg des Beitragssatzes nur um 0,7 Prozentpunkte auf 26,5 Prozent begrenzen.
Rentenversicherung für alle
Den schnellsten und größten Erfolg verspräche allerdings die direkte Ausweitung des Versichertenkreises durch die Einführung der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für Selbstständige und Beamte. Durch ihre Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung könnte die Senkung des Rentenniveaus und der gleichzeitig steigende Beitragssatz gestoppt werden. Unter diesen Bedingungen wäre schon 2020 ein Rentenniveau von 48,5 Prozent bei einem Beitragssatz von 18,9 Prozent möglich. Und auch in der Langfristperspektive würde der Effekt erheblich sein. Das heißt, 2060 würde ein Beitragssatz von 24,7 Prozent für ein 50,8-prozentiges Rentenniveau ausreichen.
Berechenbare aber deutlich geringere Erfolge versprechen eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und eine verbesserte berufliche Qualifikationsstruktur der Beschäftigten sowie längere Lebensarbeitszeiten. Den vergleichsweise schwächsten Effekt auf die Rentenfinanzen würde die Verbesserung der Qualifikationen in Deutschland liefern. Größere Effekte als einzelne Maßnahmen würden von einem Maßnahmenbündel ausgehen. Gelänge es, gleichzeitig Renteneintrittsalter und Frauenerwerbsbeteiligung zu erhöhen sowie die Bildungsstruktur zu verbessern, wäre im Jahr 2060 immerhin ein Rentenniveau von 42,5 Prozent bei einem Beitragssatz von 25,5 Prozent zu erwarten. (hp / www.bocquel-news.de)
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