5. Mai 2014 - Aktuare und Versicherungsmathematiker fordern den Ausbau der Kapitaldeckung über die betriebliche Altersversorgung. Andernfalls würde das gegenwärtig finanzierbare Rentenniveau weiter geschwächt, so ein Fazit während der Jahresversammlung der DAV in Bonn.
Ohne mehr Kapitaldeckung würde das gegenwärtig finanzierbare Rentenniveau von etwa 47 Prozent bald deutlich abnehmen, rechneten Versicherungsmathematiker während der Jahrestagung der DAV Deutschen Aktuarvereinigung 2014 (www.aktuar.de) kürzlich in Bonn vor. Mehr als 1.400 Versicherungs- und Finanzmathematiker besuchten die Tagung des Berufsverbandes. Unter anderen wurde über die Position der DAV zur Neuregelung der Bewertungsreserven und den Entwurf der Pensionsfonds-Richtlinie IORP II gesprochen. Wie die Zukunft der deutschen Altersvorsorge angesichts von Niedrigzinsphase, Kapitalmarktkrisen und demografischem Wandel aussehen könnte, wurde zudem in einer Expertenrunde diskutiert.
Die kapitalgedeckten kollektiven Systeme müssten dringend dafür Sorge tragen, dass „eine nachhaltige, das heißt effiziente und sichere Ergänzung der gesetzlichen Renten" möglich werde, teilten die Aktuare mit. Wegen der wenig positiven Perspektiven für die gesetzliche Rentenversicherung sollte es zu einem stärkeren Ausbau der Kapitaldeckung über die betriebliche Altersversorgung (bAV) und über kollektive Versicherungslösungen kommen, so die Forderung der DAV.
Riester-Reform gab „gewissen Auftrieb"
Kritisch werteten die Teilnehmer bei der DAV-Jahrestagung die Entwicklung und Ergebnisse der Riester-Rente. Zur Jahrtausendwende habe die Riester-Reform den mit Kapitaldeckung finanzierenden Versorgungssystemen zwar einen gewissen Auftrieb gegeben; doch das angestrebte Ziel einer breiteren und ausreichenden Gesamtversorgung habe man "bei weitem nicht erreicht".
Ziel zur höheren Kapitalansammlung verfehlt
Es sei mit den kapitalgedeckten Systemen weitgehend gelungen, den mit der höheren Lebenserwartung verbundenen künftigen Mehraufwand vorzufinanzieren. Dennoch hätten "steuerlich begrenzte Zuführungsmöglichkeiten" und die anhaltende Finanzmarktkrise sowie die sich anschließende Niedrigzinsphase die Leistungskraft der kapitalgedeckten Systeme zusätzlich geschwächt. Ursprünglich hatte man vorgehabt, den Anteil der Kapitalansammlung an der allgemeinen Gesamtversorgung zu erhöhen. Dieses Ziel sei verfehlt worden.
Entwurf mit Licht und Schatten Die Europäische Kommission hat sowohl den lang erwarteten Entwurf einer zweiten Richtlinie (IORP II) für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) vorgelegt als auch einen Fahrplan für die Deckung des langfristigen Finanzierungsbedarfs der europäischen Wirtschaft angekündigt. Damit soll die wichtige Rolle von langfristig agierenden Investoren, wie beispielsweise auch europäische EbAV, für die Finanzierung der Wirtschaft unterstrichen werden. Die Richtlinie betrifft im Kern die Themenbereiche Governance, Transparenz und grenzüberschreitende Betätigung. Aus Sicht der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. muss der Entwurf noch wichtige Korrekturen erfahren.
Die DAV begrüßt, dass durch die Richtlinie Hürden beseitigt werden, die bisher die Konsolidierung von EbAV in mehreren Ländern behindern. Allerdings dürfte auch die im neuen Richtlinienentwurf enthaltene unveränderte Forderung zur jederzeitigen vollständigen Bedeckung ein wesentliches Hindernis für eine schnelle Verbreitung grenzüberschreitender Tätigkeit darstellen.
Die Einstufung der betrieblichen Altersversorgung als „private Altersvorsorgesysteme" und speziell EbAV als „Finanzdienstleister" gehe zudem am Grundverständnis der betrieblichen Altersversorgung insbesondere in den Mitgliedsstaaten mit den größten EbAV-Vermögenswerten vorbei. Nach Ansicht der DAV sollten die Vorgaben für die jährlichen Mitteilungen an alle Begünstigten einer EbAV sorgfältig überarbeitet und weniger detailliert formuliert werden. Andernfalls könnten sie für die EbAV einen erheblichen Mehraufwand hervorrufen. |
Die Aktuare befürworteten während ihrer Tagung in Bonn ausdrücklich die Entwicklung der berufsständischen Versorgung. Sie habe sich als sehr anpassungsfähig und besonders leistungsstark erwiesen, heißt es. Das müsse auch für die Zukunft sichergestellt werden. Deshalb dürften Eigenständigkeit und Funktionsstärke der berufsständischen Versorgung von niemandem und vor allem nicht von externen Kreisen beeinträchtigt werden, hieß es auf der DAV-Jahrestagung.
Auch die von der großen Koalition für die Rentenpolitik zugesagten „Wohltaten" - wie etwa die Rente mit 63 - sahen die Aktuare nicht ohne Sorge. Die vorgesehenen Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der steigende Finanzbedarf bei den Beamtenpensionen dürften nicht dazu führen, so die DAV-Versammlung, dass der Staat deswegen die Finanzierungsmöglichkeiten der kapitalgedeckten Altersvorsorge einschränken müsse.
Angesichts der kürzer gewordenen Ansparzeiten sollte der Gesetzgeber vielmehr die Kapitaldeckung weiter ausbauen und seine Förderung auf "echte Altersvorsorgemaßnahmen" konzentrieren. Die vielfältigen Formen der bAV sowie kollektive Versicherungslösungen würden hierzu geeignete Durchführungswege bieten.
Wie die Aktuarsvereinigung weiter mitteilt, begrüßt man bei der DAV das Vorhaben der Bundesregierung, die Beteiligung an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere neu zu regeln. Hierdurch werde eine wesentliche Gerechtigkeitslücke zwischen Kunden beziehungsweise Kundengenerationen geschlossen sowie die Risikotragfähigkeit der Unternehmen gestärkt.
Finanzausstattung der Unternehmen würde geschwächt
Dem gegenüber würden die von der Bundesregierung ebenfalls erwogenen Neuregelungen bei der Gewinnbeteiligung (bei Lebensversicherungen) dazu führen, dass die Finanzausstattung der Unternehmen erheblich geschwächt werden könnten. Dieses gelte ebenso für eine Beteiligung der Kunden an den Risiko- und Kostengewinnen: In der Vergangenheit hat DAB-Angaben zufolge der funktionierende Wettbewerb unter den Unternehmen bewirkt, dass die Kunden regelmäßig stärker an den Überschüssen beteiligt wurden, als es die Mindestzuführungsverordnung vorsieht.
Neuregelung der Gewinnbeteiligung kontraproduktiv
Wenn nunmehr per Gesetz der Spielraum geringer werden sollte, diese Mittel im Notfall zur Stärkung der Risikotragfähigkeit der Unternehmen einzusetzen, würde das System des Ausgleichs im Kollektiv beschädigt und damit kontraproduktiv sein. „Nur eine ausreichende Risikotragfähigkeit der Unternehmen stellt die jahrzehntelange Erfüllbarkeit der Lebens- und Rentenversicherungsverträge sicher", heißt es in einer DAV-Mitteilung. (-el / www.bocquel-news.de)
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