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AfW-Verband siegt gegen gesetzliche Krankenkasse

23. September 2013 - Dürfen gesetzliche Krankenkassen private Krankenzusatzversicherungen vermittelten? Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dürfen sie nicht. Der AfW hatte durch alle Instanzen hindurch geklagt und nun vor dem höchsten Richtergremium hierzulande gesiegt.

PARAGRAPHVielen privaten Krankenversicherern stieß es unangenehm auf, dass gesetzliche Krankenkassen private Krankenzusatzversicherungen vermittelten. Jetzt sollte sich das ändern. Denn laut jüngstem Urteilsspruch des BGH Bundesgerichtshof (www.bundesgerichtshof.de) mit Urteil (Az. 1 ZR 183/12) vom 18. September 2013 hat es die gesetzliche Krankenkasse AOK Nordost (www.aok.de/nordost/) zukünftig zu unterlassen, ohne die notwendige Erlaubnis nach Paragraph (§) 34 d Gewerbeordnung private Krankenzusatzversicherungen anzubieten, zu ermöglichen und/oder mit einem derartigen Angebot zu werben. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden mit bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft an den Vorständen der AOK Nordost geahndet. Geklagt hatte die Rechtsanwaltskanzlei "Wirth-Rechtsanwälte" (www.wirth-rae.com) für den AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. (www.afw-verband.de).

Damit endet für den AfW ein Wettbewerbsprozess gegen eine Krankenkasse, der sich länger hinzog. Zunächst sah es so aus, als wenn der AfW nicht obsiegen könnte. Noch vor dem letztinstanzlichen BGH-Urteil war der Verband nämlich dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (www.olg.brandenburg.de) mit dem Urteil Az. 6 U 20/11 unterlegen.

Der Rechtsstreit erfolgte den Angaben zufolge vor folgendem Hintergrund: Der AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. als Berufsverband unabhängiger Finanzdienstleister mit seinen Mitgliedern, qualifizierte und registrierte Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler, sah in der Vermittlung von privaten Versicherungen durch Mitarbeiter der gesetzlichen Krankenkasse AOK Nordost einen Verstoß gegen Paragraf 34 d Gewerbeordnung (GewO). Man bezog sich darauf, dass der § 34 d GewO 2007 insbesondere deshalb eingeführt wurde, damit Verbrauchern nur noch qualifizierte, registrierte und mit einer Berufshaftpflicht-Versicherung ausgestattete Versicherungsvermittler gegenüber treten. Nach dieser Vorschrift muss zur Vermittlung von privaten Versicherungs-Verträgen eine gewerberechtliche Erlaubnis und einer Registrierung bei der örtlich zuständigen IHK vorgelegt werden. Weder die AOK Nordost noch die einzelnen Mitarbeiter hätten eine solche Erlaubnis und Registrierung.

Norman Wirth Vermittlung privater Zusatzversicherungen - spezialgesetzliche Regelung?
Das Brandenburgische Oberlandesgericht als Vorinstanz war noch der Auffassung, dass die AOK Nordost nicht der Erlaubnispflicht des 34 d GewO unterliege. Dort hieß es, dass der AOK die Vermittlung privater Zusatzversicherungen mit dem bereits seit 2003 existierenden § 194 Abs. 1a SGB V als spezialgesetzliche Regelung gestattet sei, welche den erst 2007 eingeführten § 34 d GewO verdrängt. Diese Vorschrift aus dem Sozialgesetzbuch erlaube den gesetzlichen Krankenkassen die Vermittlung privater Zusatzversicherungen, wenn die Satzung dies - wie bei der AOK Nordost - vorsieht.

„Der BGH würdigte nun - im Gegensatz zu den Vorinstanzen - den Umstand, dass die gewerberechtliche Regulierung der Versicherungsvermittlung erst später erfolgte. Er schloss sich damit unserer Meinung an, dass die 2007 eingeführte, verbraucherschützende Regulierung selbstverständlich auch schon bestehende Regelungen für die gesetzliche Krankenversicherungen mit einbezog", sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Norman Wirth (Foto: Wirth - Rechtsanwälte) von der prozessführenden Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. „Da die für alle Versicherungsvermittler notwendige Erlaubnis nicht vorlag, verschaffte sich die AOK Nordost einen unlauteren Wettbewerbsvorteil."

Aufsichtsbehörden müssen sich Untätigkeit vorwerfen lassen
Kritisch zu hinterfragen sei nunmehr sicherlich die Rolle der für die AOK Nordost zuständigen Aufsichtsbehörde BVA Bundesversicherungsamt (www.bundesversicherungsamt.de). Aber auch die BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de), welche als Aufsichtsbehörde für das private Versicherungsunternehmen zuständig ist, deren Versicherungen durch die AOK Nordost vermittelt wurden, muss sich Untätigkeit vorwerfen lassen.

„Auf den BGH ist Verlass"
„Wie schon früher, bei der letztlich unzulässigen Versicherungsvermittlung in Supermärkten (Penny, unser Urteil des LG Wiesbaden, Az.: 11 O 8/08) und von Tchibo im Internet (Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 12.12.2012, Az. 5 U 79/10, noch nicht rechtskräftig), schritt die BaFin auch hier nicht ein, obwohl dies angezeigt war", kritisiert Norman Wirth. „Dass damit der mit Einführung des Paragraf 34 d Gewerbeordnung beabsichtigte Verbraucherschutz - im Sinne einer Beratung durch qualifizierte Versicherungsvermittler - völlig auf der Strecke blieb, war scheinbar für die beteiligte private Versicherungsgesellschaft, die AOK Nordost aber wohl auch für die untätige BaFin nicht relevant. Zumindest auf den BGH ist Verlass." (eb / www.bocquel-news.de)

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