13. Juli 2009 - Das „Projekt Desertec" nimmt Formen an: Eine Gruppe von Konzernen gründet heute unter der Federführung der Münchener Rück die Desertec-Foundation. Ziel ist es, in der Wüste Afrikas Solarkraftwerke zu bauen, die Strom nach Europa liefern.
Hinter dem Desertec-Projekt steht die Desertec-Foundation; eine Stiftung, die den gemeinsamen Umbau der Energieversorgung im Norden Afrikas und Arabiens, aber auch in Europa hin zu regenerativen Energieträgern wie Sonne, Wind, Geothermie und Biomasse anregt und unterstützen will. Die Münchener Rück (www.munichre.com) ist dabei.
Im Jahr 2050 sollen etwa 15 Prozent des europäischen Strombedarfs durch Solarkraftwerke gedeckt werden, die auf Initiative und durch die Investition der Desertec-Foundation in Afrika entstehen werden. Eine Gruppe von Konzernen folgte dem Engagement der Münchener Rück, aus der langjährigen Vision die größte private Öko-Strom-Initiative aller Zeiten Realität werden zu lassen.

Solarthermische Kraftwerke auf der mit roten Quadraten markierten
Fläche könnten den Energiebedarf der gesamten Welt, der EU (EU-25)
oder der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) decken.
Mit dem „Projekt Desertec" sollen auf der Grundlage bereits existierender Technologien mitten in der Wüste Afrikas riesige Solarkraftwerke entstehen. Bei der Gründungsveranstaltung am Montag wurde darauf hingewiesen, dass „Desertec" mit seinem CO2-freien Energiegewinnungs-Konzept schon jetzt ein wegweisender Schritt im Kampf gegen den Klimawandel sein könnte.
Das Engagement der Münchener Rück wird spätestens durch das Stichwort „Klimawandel" plausibel. Der weltweit zu den größten Rückversicherern gehörende Konzern in München hat sich seit Jahren die Klimaforschung auf die Fahnen geschrieben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Naturkatastrophen zu den teuersten Schäden zählen, die auf den Bilanzen von Erst- und Rückversicherern lasten. „Wenn wir es also nicht schaffen, den Klimawandel zu begrenzen, dann trifft es uns als Unternehmen genauso, wie es die Gesellschaft trifft", sagt Dr. Torsten Jeworrek (Foto), Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Rückversicherungsausschusses der Münchener Rück.
Vor diesem Hintergrund wurde in den letzten Jahren, basierend auf einer Initiative des Club of Rome Deutschland (www.clubofrome.de) und Studien des DLR Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (www.dlr.de), das Konzept Desertec („Desert + Technology") entwickelt, mit der Vision einer CO2-freien Energieversorgung. Die Grundidee: In der Sahara sollen solarthermische Kraftwerke und Windparks errichtet werden, um zunächst den wachsenden Strombedarf in der MENA-Region (Nordafrika und Naher Osten) zu decken. Hochrechnungen zufolge bedarf es „nur" einer Fläche von 130 m 130 kilometer, um mit Desertec den gesamten Energiebedarf Europas zu decken.
Erstes Nahziel: Strom aus der Wüste
Wie die Desertec-Experten berichten soll als erstes Nahziel der Strom aus der Wüste zu einem erweiterten Energiemix beitragen. Im Club of Rome hält man nicht nur einen Mix aus verschiedenen Trägern erneuerbarer Energien für sinnvoll, sondern auch eine geografische Diversifizierung für wünschenswert. Mit Desertec könnte Europa im Jahr 2050 etwa 15 Prozent seines Stroms aus Nordafrika beziehen. Für die Realisierung dieses wegweisenden Projekts sind den Angaben zufolge bereits alle Technologien vorhanden. Geschätztes Investitionsvolumen: circa 400 Milliarden Euro. Der darüber hinausgehende Bedarf könnte zunehmend aus heimischer Produktion gedeckt werden, mit erneuerbaren Technologien wie Photovoltaik, Wind und Geothermie, heißt es. Ein solcher Mix würde nach Schätzungen des DLR die Importabhängigkeit Europas von derzeit 70 Prozent auf 45 bis 50 Prozent reduzieren. Und den Anteil der fossilen Energien auf 50 Prozent verringern.
Für Max Schön (Foto), Präsident des Club of Rome Deutschland, liegen die Vorteile des Projekts auf der Hand: „Das Attraktive an Desertec ist, dass damit ein maßgeblicher Beitrag erstens zum Klimaschutz und zweitens zur Energie- und Wassersicherheit für Europa, Nordafrika und Nahost geleistet werden kann." In diesem Zusammenhang öffne sich ein weiteres Themenfeld, über das bislang wenig diskutiert und geforscht wurde: Die Migration. „Wir glauben, dass Desertec auch eine friedensstiftende Funktion haben wird. Wenn es eine gemeinsame Aufgabe im Mittelmeerraum gibt, dann ist es für alle Beteiligten sinnlos, Kriege zu führen. Und wenn es in Nordafrika möglich wird, in gewissem Wohlstand zu leben, muss man nicht auswandern, um zu überleben."
Das Besondere an der Vision sei, dass die Technologie für Desertec im Prinzip bereits vorhanden ist. Demnach sind Solarthermische Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 500 Megawatt bereits in Betrieb, weitere Kraftwerke mit einer Kapazität von 1 Gigawatt sind im Bau, über 10 Gigawatt-Kraftwerke sind in fortgeschrittener Planung.
Bleibt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, doch auch für die Stromgestehungskosten haben die Experten eine Antwort. So sieht Prof. Hans Müller-Steinhagen (Foto) vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Chancen, die Stromgestehungskosten über Ansätze zu reduzieren, die in der EcoStar-Studie (http://www.dlr.de/pdf) bereits bis ins Detail erarbeitet wurden. „Bisher ist jedes Kraftwerk ein Unikat. Massenproduktion und Erfahrung werden die Kosten aber substanziell reduzieren. Im nächsten Schritt wollen wir solare Gasturbinenkraftwerke entwickeln, die ohne Kühlwasser auskommen."
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Prof. Hans Müller-Steinhagen: „Vor etwa 30 Jahren hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt bereits vorgeschlagen, wie Strom von Nordafrika nach Europa transportiert werden könnte. Das war damals aber noch mit Wasserstoff als Energieträger, und dieses Konzept ist in den letzten Jahrzehnten weiter entwickelt, verfeinert worden, und dann von Wasserstoff als Energieträger zu Hochspannung-Gleichstromleitungen mutiert, und ist dann in den letzten Jahren vom 'Club of Rome' aufgegriffen worden und auch weiter politisch und industriell verbreitet worden und ist jetzt so zum Desertec-Projekt geworden." |
Trotz bekannter Technologien braucht die Umsetzung eines derart visionären Konzepts eine enorme Anschubfinanzierung. Daher könne Desertec wohl nur realisiert werden, wenn sich diese Investitionen über geeignete Marktanreizmechanismen für die Investoren lohnen, heißt es.
Bis zur Realisierung noch viele Hürden
Auch wenn bis zur Realisierung dieser faszinierende Vision noch viele Hürden zu nehmen seien, ist Münchener-Rück-Vorstand Jeworrek überzeugt: „Desertec setzt langfristig eindeutig die richtigen Anreize, nämlich für Klimaschutz und eine CO2-arme Energiewirtschaft. Deshalb starten wir mit unserer Initiative einen Dialog mit visionären Denkern und Unternehmen, die wie wir von den enormen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Potenzialen von Desertec überzeugt sind." (eb-db / www.bocquel-news.de)
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