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Wurden Bausparverträge rechtswidrig gekündigt?

16. Februar 2015 - Um die (rechtswidrige?) Kündigung von hochverzinsten Bausparguthaben durch die Bausparkassen geht es im Bundestag in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Juristen von Witt Rechtsanwälte vertreten bereits Betroffene gegenüber den Bausparkassen.

Es geht darum ob Bausparverträge rechtswidrig gekündigt wurden, und welche Haltung die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin (www.bafin.de) dazu hat. Mit der kleinen Anfrage (18/3944) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (www.gruene-bundestag.de) im Bundestag könnte eine Lawine losgetreten werden, die nicht nur in Bausparkassenkreisen für Aufsehen sorgt. Es heißt, dass immer öfter Bausparkassen ihren Kunden selbst dann hochverzinsliche Verträge kündigen, wenn die vertraglich vereinbarte Bausparsumme noch nicht erreicht sei. Die Auffassung der Bausparkassen, dass ihnen ein Kündigungsrecht zustehe, wenn das angebotene Darlehen auch zehn Jahre nach Zuteilungsreife nicht in Anspruch genommen worden sei, sei umstritten, argumentiert die Fraktion. Das Bündnis 90/Grüne will nun von der Bundesregierung wissen, ob sich die BaFin mit den Kündigungsfällen befasst habe.

Vertragskündigungen durch Bausparkassen zur Sicherung ihrer Insolvenz?
Die Bundesregierung solle auch mitteilen, ob die Vertragskündigungen durch die Bausparkassen zur Sicherung ihrer Solvenz erfolgten. Außerdem wird nach geplanten Änderungen des Bausparkassengesetzes gefragt.

Rechtsanwalt Tobias Pielsticker von der Kanzlei Witt Rechtsanwälte (www.witt-rechtsanwaelte.de) geht das Thema von der rechtlichen Seite an. Er vertritt Betroffene gegenüber Bausparkassen. Seinem Bericht zufolge haben Bausparkassen seit 2013 in zehntausenden Fällen Bausparverträge einseitig gekündigt. Die Bausparkassen berufen sich dabei auf ein vermeintlich gesetzlich geregeltes Kündigungsrecht, um die Guthaben der Bausparer nicht weiter verzinsen zu müssen.

Ist eine Kündigung der Bausparkasse ausgeschlossen?
„In den allermeisten Fällen besteht ein solches Kündigungsrecht jedoch nicht“, sagt Pielsticker. Mehrere Oberlandesgerichte hätten vielmehr festgestellt, dass nach dem Bausparvertrag eine Kündigung der Bausparkasse ausgeschlossen ist, so lange die Bausparsumme noch nicht vollständig einbezahlt wurde.

Wer von einer solchen Kündigung betroffen ist, sollte sich daher wehren, lautet der Rat des Juristen. Das würden auch die Verbraucherzentralen den Bausparern empfehlen. Witt Rechtsanwälte vertreten bereits mehrere Betroffene gegen verschiedene Bausparkassen. Die Chancen auf eine Korrektur der Kündigung werden von ihnen als sehr gut  eingeschätzt.

Das gilt laut Tobis Pielsticker (Foto: Witt Rechtsanwälte) für die Fälle, in denen die Bausparsumme noch nicht vollständig angespart wurde. Denn dann stelle die Kündigung durch die Bausparkasse den widerrechtlichen Versuch dar, sich einseitig der vertraglichen Verpflichtungen zu entledigen, nachdem der Bausparer seinerseits seine Verpflichtungen schon vollständig erfüllt hat.

Den Angaben zufolge ist es der zentrale Zweck des Bausparvertrages, dem Bausparer einen Anspruch auf ein Bauspardarlehen zu eröffnen, dessen Konditionen bereits fest vereinbart sind. Nach allen einschlägigen Bausparbedingungen steht es dem Bausparer weitgehend frei, wann er dieses Darlehen in Anspruch nimmt. Er muss lediglich die Voraussetzungen der sogenannten Zuteilung erfüllen. Dafür müssen regelmäßig 40 bis 50 Prozent der Bausparsumme eingezahlt sein. Ab diesem Zeitpunkt gibt es demnach keine zeitlichen Grenzen beziehungsweise Fristen für die Anforderung des Bauspardarlehens.

Der Bausparer müsse Einiges aufwenden, um diese Option auf das Darlehen zu erwerben, heißt es. Das beginne mit einer sogenannten Abschlussgebühr von regelmäßig 1 Prozent der Bausparsumme. Vor allem müsse der Bausparer aber akzeptieren, dass sein angespartes Guthaben mit einem Zinssatz verzinst wird, der regelmäßig weit unter den Konditionen für Tagesgeld oder Festgeld liegt.

Eine einseitige Änderung der Leistungspflicht
Wie Rechtsanwalt Pielsticker sagt, stammen viele der nun gekündigten Bausparverträge aus den 80er und 90er-Jahren. Die Bausparkassen hätten also lange von der niedrigen Verzinsung der Guthaben profitiert. Angesichts dessen könnten sie dem Bausparer nicht heute einseitig seinen Anspruch auf das Bauspardarlehen nehmen, weil vorübergehend die Verzinsung des Guthabens über den marktüblichen Konditionen liegt. Eine solche einseitige Änderung der Leistungspflicht würden weder die Bausparbedingungen im Besonderen noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Allgemeinen vorsehen.

Wer die Kündigung der Bausparkasse trotzdem widerstandslos hinnehme, würde einen Anspruch verschenken, für den er lange und viel gezahlt hatte. Die Witt Rechtsanwälte empfehlen daher, der Kündigung unbedingt zu widersprechen und sich anwaltlich beraten zu lassen.

Wollen Bausparkassen die Masse der Kunden abschrecken?
Es sei damit zu rechnen, dass die Bausparkassen es teilweise auf Gerichtsverfahren mit den Bausparern ankommen lassen werden, um die Masse der Kunden abzuschrecken. Witt Rechtsanwälte bereiten daher eigenen Angaben zufolge bereits erste Klagen für ihre Mandanten vor. Die entsprechenden Kosten würden in der Regel von einer Rechtschutzversicherung übernommen. Die Witt Rechtsanwälte würden zunächst die Kostenübernahme durch eine vorhandene Rechtschutzversicherung prüfen, betonen die Juristen. (-el / www.bocquel-news.de)

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