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Konzepte und Kriterien

Wird Solvency II teilweise das Fundament entzogen?

17. November 2020 - Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) appelliert an die Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) und die EU-Kommission, die Auswir-kungen der EZB-Anleihenankauf-Programme auf die Funktionsweise des Kapitalmarktes eingehend zu untersuchen. Der Review des europäischen Aufsichtsregimes Solvency II gebe Anlass dafür.

„Bislang hat die EIOPA die seit geraumer Zeit zu beobachtenden Kapitalmarktverwerfungen in ihrem Konsultationspapier komplett außer Acht gelassen und geht weiterhin von einem freien, funktionierenden Markt aus“, kritisiert der stellvertretende DAV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Herbert Schneidemann. Nach dem öffentlichen ersten Tag der e-Herbsttagung 2020 der DAV Deutschen Aktuarvereinigung (www.aktuar.de) widmet man sich am zweiten Tag, Dienstag, ganz den Fachthemen – so auch dem Review von Solvency II.

Beim Review des europäischen Aufsichtsregimes Solvency II sollte die EIOPA (www.eiopa.eu) intensiver nachfassen. Das fordert die DAV, da die Europäische Zentralbank als übermächtiger Käufer am Markt agiere und dadurch die anerkannten Kapitalmarkttheorien außer Kraft setze. „Damit wird Solvency II teilweise das Fundament entzogen und künftige Prognoserechnungen beruhen auf grundlegend falschen Annahmen“, erläutert Dr. Schneidemann.

So würde durch die billionenschweren EZB-Ankaufprogramme die wichtige Zinsstrukturkurve auf Dauer künstlich nach unten gezogen, obwohl die Programme bereits in einigen Jahren auslaufen sollen. Solvency II gehe aber davon aus, dass die EZB in den kommenden 50 Jahren diese Politik aufrechterhalte. Entsprechend müssten die Versicherer deutlich höhere Rückstellungen als nötig bilden – mit negativen Auswirkungen auf die Solvenz-Quoten. „Diese systemwidrige Verzerrung der Marktlage kann weder im Interesse der Politik noch der Kund*innen sein, für die die Solvenz-Quoten wichtige Indikatoren sind“, beschreibt Dr. Schneidemann das Problem.

Vor diesem Hintergrund sprechen sich die deutschen Aktuar*innen dafür aus, die Auswirkungen der EZB-Politik im Review von Solvency II genau zu untersuchen und Sondereffekte auch gesondert zu bewerten. „Ansonsten droht das Vertrauen in das seit 2016 sehr gut funktionierende Aufsichtsregime verloren zu gehen“, prognostiziert Dr. Schneidemann. (-el / www.bocquel-news.de)

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