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Namen und Nachrichten

Wie Neonazis Versicherer mit Gräueltaten betrügen

20. Juli 2015 - Kaum vorstellbar ist die Art des Versicherungsbetrugs in 210 Fällen, mit dem sich die Staatsanwaltschaft im thüringischen Gera befassen muss. Demnach haben ein Neonazi und seine Komplizen sich selbst verstümmelt und so Krankenkassen, Berufsgenossenschaften sowie private Versicherer um Millionen betrogen.

Für Manchen ist Versicherungsbetrug ein Kavaliersdelikt. Man sollte hiermit aber nicht nur sehr vorsichtig sein, sondern komplett umschalten. Versicherungsbetrug ist ein Verbrechen. Wie skandalös und gar nicht Kavaliersmäßig die Machenschaften auf Kosten der Versicherer und damit der Gemeinschaft aller Versicherten sein kann, zeigt eine Kette von schweren Betrugsfällen, die der Neonazi Tino Brandt organisiert haben soll. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Focus (www.focus.de) in seinem Heft 30/2015. Danach habe sich im Fall eines mutmaßlichen Versicherungsbetrugs in Millionenhöhe sich der Verdacht gegen den Rechtsextremisten und früheren V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Tino Brandt erhärtet. In einer Veröffentlichung des Focus bezieht man sich auf den Abschlussbericht der Saalfelder Polizei, die seit 2011 gegen Tino Brandt und 25 weitere Beschuldigte ermittelt hatte, darunter einen Zahnarzt.

Die Saalfelder Polizei hatte die Fahnder ihrer Arbeitsgruppe „Trugbild“ auf Tino Brandt & Co. angesetzt. Im Ergebnis legen sie der Bande mehr als 210 Fälle von Betrug und versuchtem Betrug zur Last. Der Gesamtschaden, der Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und private Versicherungsunternehmen im Zeitraum von 2008 bis 2012 durch fingierte Unfälle entstanden ist, beziffern die Fahnder auf rund 1,86 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft Gera (www.sa-ru.de) ist demnach nun für die weiteren Ermittlungen zuständig.

Mehrere Beschuldigte legten Geständnisse ab
Wie dem Focus-Bericht heißt es weiter, dass mehrere Beschuldigte aus dem Kreis um Tino Brandt Geständnisse abgelegt haben sollen. Brandt, der derzeit wegen Kindesmissbrauchs in der Justizvollzugsanstalt Tonna einsitzt, werde schwer belastet. Er soll nicht nur Drahtzieher und Organisator der Tat gewesen sein, sondern auch große Teile des erschwindelten Geldes einkassiert haben.

Mit betrügerischen Schein-Arbeitsverträgen Versicherungsbetrug eingeleitet
Laut Polizeiangaben geht es hier in vielen Fällen um betrügerische Schein-Arbeitsverträge, die unter den Beschuldigten abgeschlossen worden sein sollen. Sie sollen ungewöhnlich hohe Löhne vereinbart haben. Als Beispiel aus den besagten Betrugsfällen zeigt, dass ein Hausmeister 2.950 Euro im Monat, ein Hilfsarbeiter 3.280 Euro verdient haben soll. Zur Auszahlung der Gehälter sei es jedoch nie gekommen. Kurz nach dem angeblichen Beginn der Tätigkeit „erkrankten“ die Mitarbeiter oder erlitten „Unfälle“, die zur Arbeitsunfähigkeit und schließlich zu ihrer Entlassung führten.

Weil der Arbeitgeber in diesen Fällen nicht zahlen muss, sprangen Krankenkassen und Berufsgenossenschaften ein. Laut Focus überwies die AOK fast 25.000 Euro an einen Mann, der ab März 2009 durchgehend 547 Tage krankgeschrieben war. Ein anderer erhielt 11.400 Euro für 221 Fehltage. Wenn die Krankengeld-Zahlungen ausliefen, bekamen die mutmaßlichen Betrüger Arbeitslosengeld. Berechnungsgrundlage war der zuvor angeblich bezogene Spitzenlohn.

Auch bei Unternehmen der privaten Versicherungswirtschaft Geld ergaunert
Weitere Einnahmen sollen sich die Bandenmitglieder durch zum Teil hohe fünfstellige Zahlungen von den Versicherern WWK (www.wwk.de), Generali (www.generali.de), Arag (www.arag.de), Central Krankenversicherung (www.central.de), Allianz (www.allianz.de), Axa (www.axa.de) und Barmenia (www.barmenia.de) geholt haben.

Wie im Focus zu lesen war, sollen sich die Beschuldigten ihre zum Teil schweren Verletzungen als versicherungspflichtige „Unfälle“ in den Schadensmeldungen getarnt haben. Gegenüber der Polizei räumten mehrere Verdächtige laut Focus inzwischen ein, dass sie sich selbst auf brutalste Weise verstümmelt hatten. Sie sollen sich mit Knüppeln und Hämmern auf ihre Hände eingeschlagen oder die Finger beim absichtlichen Zuschlagen einer Autotür zertrümmert haben.

Zahnarzt aus Rudolstadt soll Beschuldigte bei Gräueltaten unterstützt haben
Vor den jeweiligen Gräueltaten sollen die Beschuldigten sich von einem Zahnarzt aus Rudolstadt rezeptpflichtige Schmerz- und Betäubungsmittel besorgt haben. Laut Focus soll der heute 48-jährige Mediziner den „Patienten“ in seiner Praxis die Finger taubgespritzt oder ihnen die Ampullen zur Selbstversorgung mit nach Hause gegeben haben. Der Zahnarzt soll dann später Röntgenbilder von den malträtierten Körperteilen angefertigt haben, um zu kontrollieren, ob die Knochen auch wirklich gebrochen waren. Wie Focus berichtet, hat der Zahnarzt ein Geständnis abgelegt. (-el / www.bocquel-news.de)

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