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Konzepte und Kriterien

Widersprüchlicher Rat zur Zukunft der bAV

21. April 2016 - Die lange angekündigten Gutachten der Bundesministerien für Finanzen sowie Arbeit und Soziales zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind endlich veröffentlicht worden. Das Gerangel um eine Reform der bAV dürfte damit weitergehen, denn die Ratschläge sind kaum vereinbar.

Geht es nach der Koalitionsvereinbarung, muss die Regierung noch in dieser Legislaturperiode eine Reform der betrieblichen Altersversorgung (bAV) auf den Weg bringen, die insbesondere die Durchdringung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) deutlich voranbringen soll. Dazu liegt bisher der Vorschlag aus dem Hause des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS – www.bmas.de) zum „Sozialpartnermodell Betriebsrente vor“, nach der zuständigen Ministerin auch „Nahles-Rente“ genannt.

BMF-Gutachten: An der Arbeitgeberhaftung liegt es nicht
Diesen Vorschlag hatte das BMAS pikanterweise bereits lanciert, bevor der vom Bundesfinanzministerium (BMF – www.bundesfinanzministerium.de) beauftragte Gutachter Professor Dr. Dirk Kiesewetter mit seinem Team von der Universität Würzburg seine Expertise erstellt hatte. Deren Aufgabe war es, herauszufinden, was die bAV in KMU behindert. Das BMAS hatte die Ursachenforschung aber gar nicht abgewartet, sondern postuliert, eine Reform der bAV müsse die Arbeitgeberhaftung beseitigen, dies sei die wichtigste Hürde für die KMU. In diesem Punkt irrt das BMAS jedoch grundsätzlich, denn das Gutachten von Prof. Kiesewetter besagt etwas anderes: An der Arbeitgeberhaftung liegt es nicht, dass die bAV in KMU nicht vorankommt. Vielmehr verhindern Informationsdefizite auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, dass in KMU mehr Betriebsrentenvereinbarungen zustande kommen.

Das Kiesewetter-Gutachten im Auftrag des BMF, das „Optimierungsmöglichkeiten bei den Förderrregelungen der betrieblichen Alterversorgung“ zum Gegenstand hat, schlägt im Rahmen des vorhandenen Systems die Förderung von Geringverdienern mittels eines „bAV-Förderbetrags“ vor und rät zur Vereinfachung und Flexibilisierung der bAV. Zudem empfiehlt Kiesewetter bei Neuzusagen eine gesetzliche Zuschusspflicht des Arbeitgebers bei Entgeltumwandlung sowie einen „bAV-Abzugsbetrag für kleine Unternehmen“ mit weniger als 20 Beschäftigten im Stile eines Investitionsabzugs (nach Paragraf 7g Einkommensteuergesetz).

BMAS-Gutachten: Die Tarifparteien sollen es richten – um jeden Preis
Weil ein Gutachten nicht genug ist, hatte das BMAS mit dem Rechtswissenschaftler Professor Dr. Peter Hanau und Rechtsanwalt Dr. Marco Arteaga eigene Gutachter bestellt. Sie sollten sich jedoch ausdrücklich nur mit dem Sozialpartnermodell beschäftigen. Die Ergebnisse der Expertise liegen naturgemäß ganz auf der Linie von Ministerin Andrea Nahles, die die bAV den Tarifparteien überantworten möchte. Von den Tarifparteien vereinbarte Versorgungslösungen sollen die Komplexität in der bAV beenden und den betroffenen Unternehmen einfache und risikofreie Lösungen verschaffen. Dies sei für die Stärkung der bAV laut Gutachten „überragend wichtig". Daraus leitete Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ab, „den Tarifvertragsparteien mehr Handlungsfreiheit, aber auch Verantwortung zu geben“. Dazu soll die Konvertierung der bestehenden bAV auf das Sozialpartnermodell ermöglicht werden. Es geht vorwiegend um „Konvertierung von Leistungszusagen aller Art zu reinen Beitragszusagen“. Dazu nennt das Gutachten Details, wie die bisherigen Direktzusagen, U-Kassen-Versorgungen sowie die drei versicherungsförmigen Zusagen abgelöst werden können. Das BMAS-Gutachten schlägt vor, den versicherungsförmig aufgebauten bAV-Anspruch „durch eine Beitragszusage des Arbeitgebers und eine davon getrennte Versorgungszusage des Trägers abzulösen“.

Kaum Klarheit für den bAV-Vertrieb
Beide Gutachten lassen sich kaum unter einen Hut bringen. Das CDU-geführte BMF lehnt das Sozialpartnermodell aus dem SPD-geführten BMAS im Wesentlichen ab. Allerdings gibt es seitens des BMAS bisher kauch keinen Referentenentwurf für eine Änderung des Betriebsrentengesetzes. Ob die bAV-Reform noch in dieser Legislaturperiode angeschoben wird, steht nach Veröffentlichung der beiden Gutachten mehr denn je in den Sternen. Vermittler sind gut beraten, nicht auf eine Regelung zu warten, sondern im Sinne ihrer mittelständischen Kunden und deren Belegschaften das bAV-Geschäft unbeirrt weiterzubetreiben.

Mit einem Klick auf http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Pressemitteilungen/2016/rechtsgutachten-sozialpartnermodell-betriebsrente.pdf;jsessionid=CA0279C988ED619126EC19CB2D45D10A?__blob=publicationFile&v=1 kann das Rechtsgutachten des BMAS zum „Sozialpartnermodell Betriebsrente“eingesehen werden; unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Weitere_Steuerthemen/Altersvorsorge/2016-04-15-Optimierungsmoeglichkeiten-Foerderregelungen-betriebliche-Altersversorgung-Gutachten.pdf?__blob=publicationFile&v=2 ist auch das Rechtsgutachten des BMF zu Optimierungsmöglichkeiten bei den Förderregelungen der betrieblichen Alterversorgung veröffentlicht worden. (hp / www.bocquel-news.de)

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