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Vorsorgekapital für Infrastrukturprojekte?

20. April 2015 - Versicherer und Pensionsfonds suchen nach rentierlichen Anlagemöglichkeiten, Bund, Länder und Kommunen brauchen dringend Kapital für Investitionen in die marode Infrastruktur. Dagegen, dass beide Seiten zusammenkommen, regt sich jedoch Widerstand.

Eine 21-köpfige Expertenkommission beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (www.bmwi.de), angeführt von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (www.diw.de), hat kürzlich empfohlen, zur Ankurbelung von Infrastrukturinvestitionen in Deutschland einen öffentlichen Fonds einzurichten, in den Versicherungen und Pensionsfonds Geld einbringen sollten. Zudem könnten mit Bürgerfonds Sparergelder angelockt werden, so die Empfehlung.

Das hat beim Bund der Versicherten e.V. (www.bundderversicherten.de) harsche Reaktionen provoziert. „Die Regierung bläst zum Angriff auf die Spargroschen der Versicherten“, erklärt Axel Kleinlein (Foto: BdV), Vorstandssprecher des Bund der Versicherten (BdV). Zum einen kritisiert Kleinlein, dass die Bürger nach diesen Plänen dreimal zur Kasse gebeten werden. Als Beispiel führt Kleinlein die Sanierung einer Autobahn an: „Als erstes zahlt der Bürger die Renovierung der Straße, dann zahlt er die Maut und schließlich übernimmt er auch das Risiko, dass das Projekt in die Hose gehen kann, auch das kostet Geld.“ Zum anderen sieht Kleinlein die Sicherheit der Altersvorsorge in Gefahr: „Die Versicherungsunternehmen fordern schon jetzt die Politik auf, speziell für Infrastrukturprojekte laxere Sicherheitsbestimmungen einzuführen“, erklärt Kleinlein. „Leidtragend sind dann die Sparer, deren Gelder vom Versicherer in Fehlinvestitionen geleitet werden.“

Spargeld für Investruinen?
Die Liste möglicher Fehlinvestitionen ist lang, befürchtet der BdV. Hätte es einen aus Versichertengeldern gespeisten „Bürgerfonds“ schon früher gegeben, so wäre die Altersvorsorge vieler Bürger  im Flughafen Berlin-Brandenburg, der Elbphilharmonie Hamburg oder in unbedeutenden Dorfumgehungen versandet. „Wir brauchen keine Altersvorsorge, die sich die Bürger später durch Autobahnmaut oder Flughafengebühren selbst zahlen“, so Kleinlein.

Lebens- und Rentenversicherungskunden müssen schon seit geraumer Zeit sehr schlechte Verzinsungen ihrer Verträge hinnehmen, kritisiert der BdV. Die Unternehmen verweisen als Begründung oft auf die schwierige Kapitalmarktlage. Dabei würden sie verschweigen, dass sie die positive Entwicklung der Aktienmärkte verschlafen haben. „Die Versicherer hätten erheblich stärker für ihre Kunden in Aktien investieren und von den historischen Höchstständen profitieren können“, erklärt Kleinlein. Stattdessen hätten sie aber stark in niedrig rentierende festverzinsliche Wertpapiere investiert. Damit hätten sie selbst zu der Niedrigzinsphase beigetragen. Auf der Suche nach besseren Renditechancen solle nun der Bürgerfonds helfen.

Werden Risiken kleingerechnet?
Die hohen Risiken von Infrastrukturinvestitionen wolle sich die Versicherungswirtschaft künftig klein rechnen.  Auch mit dem Verweis auf das „politische Ziel einer weiteren Nutzung privaten Kapitals“ habe jüngst Axel Wehling, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de), auf eine deutliche Reduzierung der Eigenmittelunterlegung gedrängt. Aus Sicht der Verbraucherschützer sei das eine dreiste Umkehr von der noch vor einem Jahr von den Lobbyisten eingeforderten Sicherheitspolitik. „Die gleichen, die noch vor einem Jahr zu Lasten der Kunden höher Sicherheitsauflagen wünschten, wollen heute die Sicherheit der Kapitalanlagen aufweichen“, beklagt Kleinlein.

Versicherungswirtschaft braucht Sicherheit
Die deutsche Versicherungswirtschaft steht der Beteiligung an Infrastrukturinvestitionen aufgeschlossen gegenüber, macht diese jedoch von Bedingungen abhängig, unter anderem von Änderungen in der Anlageverordnung.  Dies ist inzwischen erfolgt. Im Februar hatte das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zur Änderung der Anlageverordnung für Versicherungsunternehmen und die Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung verabschiedet. Die Änderungen erweitern für Versicherungsunternehmen die Möglichkeiten, sich mehr als bisher im Bereich Infrastruktur und erneuerbare Energien engagieren zu können. Damit steht eine breitere Palette an Fremd- und Eigenkapitalinstrumenten für Investitionen zur Verfügung. Beispielsweise sind nun Anlagen in Infrastrukturdarlehen und hochverzinsliche Unternehmensdarlehen möglich. Mit der Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Auflage von infrastrukturspezifischen Fonds werden insbesondere kleineren und mittelständischen Versicherungsunternehmen Investitionen im Bereich Infrastruktur effektiv ermöglicht, so der GDV. Mit der Einschränkung des Konzernverbots würden die Anlagemöglichkeiten in Infrastrukturbeteiligungen verbessert, so wie dies bisher schon für Anlagen in erneuerbare Energien zulässig war. Dr. Axel Wehling (Foto: GDV), Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung „Der GDV begrüßt die neue Anlageverordnung. Sie erleichtert es den Versicherern, in potentiell ertragreichere Anlagen als bislang zu investieren. Insbesondere die Möglichkeiten, das Vermögen der Altersvorsorgesparer in Infrastruktur zu investieren, wurden erweitert.“ (hp / www.bocquel-news.de)

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