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Namen und Nachrichten

Vom Gewinneinbruch zum Milliarden-Euro-Gewinn

19. März 2018 - Der neue Chef der Munich Re geht sehr ambitioniert ans Werk. Nachdem die Hurrikans-Saison im Herbst vergangenen Jahres für einen empfindlichen Gewinneinbruch des größten Rückversicherers der Welt sorgte, hat Joachim Wenning 2018 Ergebnisstabilisierung und die Steigerung der Ertragskraft im Visier.

Die drei Hurrikane „Harvey”, „Irma” und „Maria” im Herbst 2017 haben der Munich Re (www.munichre.com) die Bilanz deutlich durcheinander gewirbelt und mit 2,7 Milliarden Euro Schäden belastet (siehe bocquel-news vom 8. Februar 2018 Konzernergebnisse 2017 mit etlichen Höhen und Tiefen). Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Vorstand nun wieder mit einem Gewinn von 2,1 bis 2,5 Milliarden Euro, sagte Joachim Wenning, seit Ende April 2017 Vorstandsvorsitzender der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft in München ist.

Unter dem Motto „Geschäfts-Chancen realisieren” benannten die Munich-Re-Vorstände während der Jahresbilanz-Pressekonferenz am Donnerstag drei strategische Prioritäten, die umgesetzt werden sollen: Als erstes nannte Joachim Wenning hier die Ergebnisstabilisierung und Steigerung der Ertragskraft. Als zweites nannte er die digitale Transformation, die letztlich als wichtigste Maßnahme alle Bereiche tangiere. Als drittes Projekt sprach der Munich-Re-Chef die Komplexitätsreduktion an, mit der er die Vereinfachung in Sachen Produktgestaltung und Bearbeitung meinte.

Streichung von 900 Stellen in München und in den USA
Zum ersten Mal seit Jahren ist in dem 138 Jahre alten Unternehmen von Stellenstreichungen die Rede. Joachim Wenning bestätigte, dass am Standort München sowie in den USA insgesamt 900 Arbeitsplätze wegfallen, davon circa 450 in der Konzernzentrale München. Wennings Kommentar: „Wir wollen mehr Geschäft mit weniger Aufwand”. Dazu gehöre auch die Stellenreduzierung, die sich angesichts der Gesamtmitarbeiterzahl weltweit relativiere. Schließlich die die Munich Re, der weltweit größte Rückversicherer, ist in allen Versicherungssparten aktiv und mit über 42.000 Mitarbeiter*innen auf allen Kontinenten vertreten.

Es wird davon ausgegangen, so betonte Joachim Wenning dass der Großteil der zu streichenden Stellen durch natürliche Fluktuation und Vorruhestandsregelungen sowie freiwilliges Ausscheiden mit Abfindungszahlungen über die Bühne gehen. Das sogenannte Freiwilligenprogramm für ausscheidungswillige Mitarbeiter*innen dauert noch bis August 2018. Die so eingesparten 200 Millionen Euro sollen vornehmlich in Digitalisierungsmaßnahmen fließen. Nicht betroffen ist der zur Munich Re Gruppe gehörende Erstversicherer Ergo (www.Ergo.de), der ohnehin sein eigenes Umstrukturierungsprogramm fährt.

Joachim Wenning betonte in diesem Zusammenhang, dass man an dem Ziel festhalte, den seit Jahren rückläufigen Gewinn wieder zu steigern sowie die „Schüttungsfähigkeit“ des Konzerns zu erhalten. Damit setze der Konzern seine aktionärsfreundliche Politik fort. Trotz einer außergewöhnlichen Belastung durch Naturkatastrophen in 2017 schlägt der Vorstand von Munich Re der Hauptversammlung vor, eine unveränderte Dividende von 8,60 Euro je Aktie zu beschließen. 

Mit steigenden Gewinnen liege auch der Gedanke an Expansion nahe. Doch hier äußerte sich Wenning zurückhaltend, was eventuelle Übernahmen angehe. Man habe durchaus „strategischen Appetit zu anorganischem Wachstum”, aber in der Königinstraße in München sei man deshalb nicht auf der Suche „nach einem billigen Jakob”. Vor Journalisten werde er jetzt nichts voreilig verkünden.

Die Preise bleiben „weich“
Torsten Jeworrek, Chairman of the Reinsurance Committee, erklärte, dass die schweren Hurricanes des Jahres 2017, die bei der Munich Re mit 2,7 Milliarden Euro zu Buche schlugen, eigentlich zu deutlichen Preiserhöhungen hätten führen müssen.

Derzeit sei allerdings weltweit zu viel Kapital vorhanden, so dass der erwartete Preisanstieg nicht stattgefunden habe. Lediglich um magere 0,8 Prozent konnten demnach die Preise bei den Erneuerungsgesprächen mit den Erstversicherern zum 1. Januar 2018 angehoben werden. 

Die Munich Re macht sich laut Torsten Jeworrek bei digitalen Initiativen stark. So unterstütze man beispielsweise die Entwicklung von Sensoren, die in Windturbinen eingebaut werden, um frühzeitig Defekte zu erkennen oder eine vorzeitige Wartung der Turbinen zu veranlassen. Was die Digitalisierung betrifft, seien Zukäufe nicht unbedingt nötig, sagte Jeworrek. „Mit den richtigen Partnerschaften funktioniert das auch“, sagte er und verwies auf die Zusammenarbeit mit einigen InsurTechs.

Wie Joachim Wenning und Torsten Jeworrek uni sono berichteten, sollen außerdem Sondergeschäfte zur Gewinnsteigerung beitragen; darunter seine größere Finanzdeals mit einzelnen Erstversicherern zu verstehen, die deutlich andere Konditionen hätten als das Massengeschäft in der Rückversicherung. Besonders vorteilhaft sei hier die bedeutende Kapitalstärke der Munich Re und das technische Know-how, das umfassender als bei anderen sei.

Große Bedeutung bemessen die Munich-Re-Vorstände auch der Cyberversicherung bei. Hiermit erwarte der Konzern erhebliche Wachstums-Chancen. Im Geschäftsjahr 2017 waren die Prämieneinnahmen in diesem Bereich auf 350 (2016: 250) Millionen US-Dollar (entspricht 284,6 Millionen Euro beziehungsweise 203,3 Millionen Euro) gestiegen. Somit hält die Munich Re in diesem Bereich einen Weltmarktanteil von 10 Prozent. Jeworrek: „Das ist viel für einen Rückversicherer.“

Ergo: Gewinnziel übertroffen
Für das Geschäftsfeld Ergo erwartet Munich Re ein Konzernergebnis von 250 bis 300 Millionen Euro. Die Schaden-Kosten-Quote im Segment Ergo Schaden/Unfall Deutschland sollte 2018 bei einer normalen Großschadenlast rund 96 Prozent betragen; im Segment Ergo International wird eine Schaden-Kosten-Quote von rund 97 Prozent angestrebt. „Ergo ist auf einem guten Weg, fit, digital und erfolgreich zu werden. Richtung und Geschwindigkeit des Strategieprogramms stimmen. Dies macht mich zuversichtlich für die noch vor uns liegenden Aufgaben“, sagte Markus Rieß, Vorsitzender des Vorstands der Ergo Versicherungsgruppe unter dem Munich-Re-Dach.

Nach schweren Jahren hat das Geschäftsfeld Ergo laut Markus Rieß 2017 einen Gewinn von 273 Millionen Euro verzeichnet. Damit hat die in Düsseldorf ansässige Versicherungsgruppe das zum Halbjahr ohnehin schon angehobene Gewinnziel von 200 bis 250 Millionen Euro übertroffen. Das operative Ergebnis lag bei 1,168 (Vorjahr: 1,106) Milliarden Euro. „Ursächlich für das gute Jahresergebnis war ein deutlich verbessertes versicherungstechnisches Ergebnis im In- und Ausland“, sagte Rieß-

Weiter berichtete der Ergo-Chef, dass die gebuchten Bruttobeiträge 2017 auf 17,546 (Vj: 17,388) Milliarden Euro stiegen. Die gesamten Beitragseinnahmen über alle Sparten hinweg betrugen demnach 18,548 (2016: 18,589) Milliarden Euro. Im Segment Leben/Gesundheit Deutschland stiegen die Bruttoprämien leicht auf 9,210 (2016: 9,177) Milliarden Euro. Im Segment Schaden/Unfall Deutschland stiegen sie um 3,1 Prozent auf 3,293 (Vj: 3,194) Milliarden Euro. Im Segment International sei ein leichter Anstieg auf 5,043 (5,018) Milliarden Euro zu verzeichnen gewesen, heißt es.

Die Schaden-Kosten-Quote in der Schaden- und Unfall-Erstversicherung Deutschland lag im Gesamtjahr bei 97,5 (97,0) Prozent. Die Schaden-Kosten-Quote im Segment International verbesserte sich im Gesamtjahr deutlich auf 95,3 (98,0) Prozent, maßgeblich getragen von guten Entwicklungen in Polen.

London soll auch nach dem Brexit im Fokus bleiben
In der anschließenden Diskussion mit den Journalisten wurde Wenning auf mögliche Auswirkungen des Brexit auf den größten Rückversicherer angesprochen. Bisher sehe er hier keine Auswirkungen auf das Geschäft. Es würde beim Ausstieg von Großbritannien aus der europäischen Gemeinschaft lediglich die Neu-Lizensierung wird mit einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag anfallen. Und trotz allem bleibe Großbritannien im Fokus der Munich Re. Da man in London an mehreren Standorten tätig sei, suche man jetzt ein geeignetes Grundstück für einen Neubau, in dem dann alle Mitarbeiter*innen der Munich Re unter einem Dach arbeiten könnten.

Was bringt die US-Steuerreform
Ob und welche Auswirkung die von US-Präsident Donald Trump angeschobene Steuerreform für die Munich Re haben wird, sei bisher völlig unklar. Man habe jetzt zunächst einmal Kapital auf die Bermudas transferiert. Im Übrigen rechnet man mit einem Benefit von 60 bis 70 Millionen US-Dollar (entspricht etwa 55 bis 65 Millionen Euro), also mehr Gewinn in den Vereinigten Staaten. (-el / Fotos E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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