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Versicherungsbranche bleibt bei Brexit gelassen

30. Juni 2016 - Die deutsche Versicherungswirtschaft ist vom Brexit nur mittelbar betroffen und dies auch nur in geringem Ausmaß. Die Versicherten sollten sich keine Sorgen machen. Selbst die wenigen britischen Assekuranzen mit Geschäft auf dem deutschen Markt nutzen die Übergangsfrist, um ihre Geschäftsmodelle „Brexit-fest“ und EU-konform zu machen.

„Die deutsche Versicherungsbranche ist indirekt über die Turbulenzen auf den Finanzmärkten betroffen“, sagt Dr. Klaus Wiener (Foto: GDV) über die Auswirkungen des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. „Die Branche verfügt über Kapitalanlagen von insgesamt rund 1,5 Billionen Euro. Das britische Pfund verliert gerade massiv an Wert, genauso wie Aktien der Insel. Diese Effekte spüren wir auch hier.“ Die Flucht in „sichere Häfen“ habe die ohnehin schon niedrigen Renditen in Deutschland weiter unter Druck gesetzt. Auch hier würden derzeit die Aktienkurse sinken. „Ich hoffe allerdings, dass der Markt sich wieder stabilisieren wird. Börsennotierte Versicherungskonzerne spüren die Kursschwankungen natürlich auch direkt“, räumt Wiener ein.

Sorgen brauchten sich die Kunden von Versicherungsunternehmen allerdings nicht zu machen. Die Gelder der Versicherten würden von Profis verwaltet, die es gewohnt seien, mit politischen Börsen umzugehen. Für ihre Geschäfte, gerade mit Produkten für die Altersvorsorge, brauche die Versicherungsbranche eine gute Planbarkeit und vermeide daher risikoreiche und volatile Anlageformen. Der absolute Großteil der Kapitalanlagen der Versicherer liege daher in festverzinslichen Rentenpapieren. Auch der britische Versicherungsverband Association of British Insurers (ABI – www.abi.org.uk) habe seine Kunden, die sicherlich mehr Grund zur Unruhe haben als die deutschen Kunden, darauf hingewiesen, dass die Anlagestrategie der Versicherer defensiv sei, Änderungen würden nur nach sorgfältiger Abwägung aller Argumente vorgenommen, argumentiert Wiener.

Geringe Aktienquote dämpft Auswirkungen
Für die deutschen Versicherer dürfte in weiten Teilen gelten, was die Wüstenrot & Württembergische AG (www.ww-ag.de) zum Brexit äußerte: Es ließen sich „nach heutigem Stand keine nachhaltigen negativen Auswirkungen für das konzernweite Kapitalanlageergebnis durch den EU-Austritt Großbritanniens ausmachen.“ Hauptgrund dafür sei die untergeordnete Rolle, die die Aktien in der Kapitalanlagepolitik einnehmen. In der  W&W-Gruppe betrage die Aktienquote derzeit unter drei Prozent aller Kapitalanlagen, wobei kein wesentliches Engagement in Großbritannien bestehe. Schwerpunkte der Aktienportfolien seien vielmehr Kontinentaleuropa und USA. Auch bei festverzinslichen Wertpapieren würden britische Staats- und Unternehmensanleihen mit einer Quote von ebenfalls unter drei Prozent nur einen geringen Anteil am gesamten Exposure einnehmen. Zudem habe sich die W&W-Gruppe mit Durationsverlängerungen und Absicherung von Aktienportfolien und Devisen schon frühzeitig für einen eventuellen Brexit gewappnet.

Knackpunkt EU-Pass
Britische Versicherungsunternehmen, die in Deutschland britische Produkte anbieten, standen unter dem Schutz des EU-Passes. Das betraf vor allem Fondspolicen mit UCITS-Fonds (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities Directives – Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren). Nach einem Austritt Großbritanniens verlieren sie ihre automatische Vertriebserlaubnis.  Großbritannien erhält dann den Status eines Drittlandes. Dann müssten solche Fonds von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin – www.bafin.de) genehmigt werden. Britische Anbieter von Fondspolicen könnten jedoch über Tochtergesellschaften in Irland oder in Luxemburg die Voraussetzungen dafür schaffen, ihre Produkte in der EU ohne Zulassungsverfahren vertreiben zu können.

Standard Life hält am Geschäft fest
Wie der britische Versicherer Standard Life (www.standardlife.de) aus Edinburgh mit dem Brexit umgeht und welche Folgen das EU-Referendum für die Kunden in Deutschland und Österreich hat, erläutert Martin Clements (Foto: Standard Life), CEO von Standard Life Deutschland, in einem Statement. „Wir werden auch künftig an unserem Engagement im deutschen und österreichischen Markt für Spar- und Kapitalanlagen festhalten. Die Abstimmung hat keine Auswirkungen auf unsere Möglichkeiten, auch weiterhin Neugeschäft zu schreiben und den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht zu werden und unsere Vertriebspartner zu unterstützen. Die derzeitigen Bedingungen haben für unsere Kunden in Deutschland und Österreich unverändert Bestand. Die mit der deutschen Niederlassung von Standard Life geschlossenen Lebensversicherungs-verträge sind unter Geltung des deutschen Versicherungsvertragsrechts geschlossen. Die für sie wichtigen vertraglichen Rechte aus diesen Verträgen bleiben grundsätzlich vom ‚Brexit’ unverändert bestehen.“ Das Unternehmen verweist außerdem darauf, dass man zwei Jahre Zeit habe, um sich neu aufzustellen.

Festhalten am deutschen Markt
Der Sachversicherer Lloyd’s (www.lloyds.com/lloyds/offices/europe/deutschland) äußerte sich gegenüber Fonds professionell online (www.fondsprofessionell.de) deutlicher: „In Kürze werden wir mit unseren wesentlichen Stakeholdern in der Regierung in Großbritannien und den EU-Märkten Gespräche aufnehmen und sicherstellen, dass weiterhin uneingeschränkte Zugangsrechte zu den Märkten bestehen – insbesondere in Deutschland, einem für Lloyd’s besonders bedeutsamen Markt“, erklärte Jan Blumenthal (Foto: Lloyd’s), Hauptbevollmächtigter und Country Manager Germany and Austria von Lloyd´s Versicherer in London. Der Spezialversicherer Hiscox (www.hiscox.com) äußerte gleichfalls, dass das Votum keinerlei Auswirkungen auf bestehende Verträge habe und deutete an, dass die Gründung einer europäischen Tochter eine Option für die Zukunft sei.

Der Lebensversicherer Canada Life, Niederlassung Deutschland (www.canadalife.de), ist vom Brexit nicht betroffen. Dessen Fondsprodukte werden von der irischen Setanta Asset Management Ltd. (www.setanta-asset.com) und von Putnam Investments Ltd. (www.putnam.com) mit Sitz in Boston (USA), einer Tochter des kanadischen Mutterkonzerns Great West Life (www.greatwestlife.com) betreut. (hp / www.bocquel-news.de)

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