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Verbraucherschützer: bAV funktioniert so nicht mehr

22. November 2021 - Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) schlägt Alarm. Bei der anstehenden Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge sollte keinesfalls auf die betriebliche Altersvorsorge in der aktuellen Form gesetzt werden. Die vzbv legt dazu ein Positionspapier vor. Ohne Reform drohen Verbraucher*innen schwerwiegende Nachteile.

Noch bevor sich die neue Regierungskoalition in Berlin richtig formiert hat, warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband (www.vzbv.de) in einem Positionspapier davor, bei der anstehende Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge auf die betriebliche Altersvorsorge (bAV) in der aktuellen Form zu setzen. Ohne umfassende Reform drohten Verbraucher*innen schwerwiegende Nachteile.

Aus Verbrauchersicht müsse die betriebliche Altersvorsorge zunächst in mindestens drei Bereichen reformiert werden:

  • bei der Sozialabgabenfreiheit der Entgeltumwandlung,
  • bei der eingeschränkten Portabilität,
  • beim Versicherungsmantel.

Die Probleme in der betrieblichen Entgeltumwandlung müssten dringend behoben werden. Die Einführung eines öffentlich organisierten Vorsorgefonds, der auch für die betriebliche Altersversorgung geöffnet ist, könnte laut vzbv hierbei unterstützen.

Warum die betriebliche Altersversorgung in der Entgeltumwandlung für Verbraucher*innen ungeeignet ist, sehen die Verbraucherschützer so:

Verbraucher*innen, die ihren Lebensstandard im Alter halten wollen, sind spätestens seit den Rentenreformen der Jahre 2001 bis 2004 auf eine private oder betriebliche Zusatzvorsorge angewiesen. Um den Abschluss einer betrieblichen Versorgung zu erleichtern, hat der Gesetzgeber im Jahr 2002 für Arbeitnehmer*innen einen Rechtsanspruch auf eine bAV im Wege der arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandlung geschaffen.

Um die arbeitnehmerfinanzierte bAV zu einer tragenden Säule der Alterssicherung in Deutschland zu machen, sind aus Sicht des vzbv Reformen in (mindestens) den drei folgenden Bereichen notwendig:

  • bei der Sozialabgabenfreiheit der Entgeltumwandlung,
  • bei der eingeschränkten Portabilität und
  • beim Versicherungsmantel.

Der Rechtsanspruch auf eine bAV bezieht sich nur auf die Durchführung per betrieblicher Entgeltumwandlung, in der nur die Arbeitnehmer*innen einen Teil ihres Lohns für die bAV verwenden. Bei dieser Form der Vorsorge verzichten die Arbeitnehmer*innen auf einen Teil ihres Brutto-Lohnes, welcher in eine bAV fließt. Vom Finanzvertrieb wird die betriebliche Entgeltumwandlung häufig als lukrative Form der Altersvorsorge dargestellt, da auf Beitragszahlungen zunächst keine Sozialabgaben und auch keine Steuern anfallen. Für Verbraucher*innen hat diese allerdings laut des vzbv zwei zentrale Nachteile:

Der erste Nachteil ist, dass Auszahlungen aus der bAV, wie in Deutschland mittlerweile üblich, nachgelagert, also beim Rentenbezug zu versteuern sind. Es findet also lediglich eine Steuerstundung statt. Auch die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verschwindet nicht, sondern wird verlagert. Allerdings müssen Verbraucher*innen im Rentenalter die vollständigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung allein aufbringen und nicht nur zur Hälfte.

Schwerwiegende Nachteile
Schwerer wiegt demnach noch der zweite Nachteil, dass mit der zunächst sozialabgabenfreien Entgeltumwandlung weniger Geld in die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung fließt. Aus Sicht des vzbv wird gesamtgesellschaftlich das Sozialversicherungs-System durch die Sozialabgabenfreiheit unnötig geschwächt. Eine ergänzende betriebliche Altersversorgung, die dazu führt, die gesetzliche Rente zu schwächen, ist laut vzbv nicht sinnvoll.

Gleichzeitig fallen die Leistungen für Verbraucher:*innen, insbesondere in der gesetzlichen Rente geringer aus. Auch wenn ab dem Jahr 2022 immer ein Zuschuss in Höhe von 15 Prozent des Umwandlungsbetrages durch Arbeitgeber vorgeschrieben ist: Durch die geringeren Sozialabgaben werden künftige Auszahlungen aus der gesetzlichen Rente für Verbraucher*innen reduziert. Der vzbv: „Eine ergänzende betriebliche Altersversorgung, die dazu führt, die gesetzliche Rente zu schwächen, ist nicht sinnvoll.“

Aus die eingeschränkte Portabilität ist nach Ansicht der Verbraucherschützer nicht hinzunehmen. Grundlage jeder bAV ist eine arbeitsrechtliche Vereinbarung. Arbeitergeber*innen sind die Vertragsnehmer*innen der bAV. Der bAV-Vertrag wirkt nur zugunsten ihrer Mitarbeiter*innen. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, endet auch die Vereinbarung zur Entgeltumwandlung. Wird ein neues Arbeitsverhältnis begründet, besteht zwar wieder ein Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung, doch die Arbeitgeber*innen sind Vertragspartner des Anbieters der bAV. Die Arbeitnehmer*innen können den Vertrag nicht einfach zu neuen Arbeitgeber mitnehmen.

Unter anderem geht der vzbv auch auf die betriebliche Entgeltumwandlung ein, die meist in Form einer Lebensversicherung angeboten und durchgeführt wird. Die Verbraucherschützer sehen in den kapitalbildenden Versicherungen eine Reihe von Schwächen, die sie für die private wie betriebliche Zusatzvorsorge ungeeignet machen.

Vorsorge im Versicherungsmantel ist unflexibel
Auch in der bAV gibt es demnach Angebote, bei denen bereits zu Beginn erhebliche Abschlusskosten anfallen, die zum großen Teil als Provision an den Vertrieb fließen. Diese Kostenvorauszahlung führt dazu, dass zu Beginn der Vertragslaufzeit große Teile des eingezahlten Kapitals gar nicht als Kapital im Vertrag landen. Wer seinen Vertrag in einem frühen Stadium wegen eines Arbeitsplatzwechsels stornieren muss, kann so erhebliche Teile des eingezahlten Kapitals verlieren.

Vorsorge im Versicherungsmantel bietet keine Sicherheit
Beim vzbv-Bundesverband ist man der Ansicht, dass Arbeitnehmer*innen hier kein Vermögen ansparen, wie bei einem Bank- oder Fondssparplan, sondern lediglich Anspruch auf die spätere Leistung des Versicherers erhalten. Versicherer versprechen dabei zum einen eine garantierte Verzinsung, zum anderen häufig garantierte Umrechnungsfaktoren für lebenslange Rentenzahlungen (sogenannte Rentenfaktoren).

Das Problem bei der Verzinsung ist laut vzbv, dass dieses Garantieversprechen nicht sicher ist. Besteht beispielsweise die Gefahr, dass ein Versicherer dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, kann die Garantie herabgesetzt werden. Auch bei den Rentenfaktoren können Versicherer einen garantierten Rentenfaktor ändern, wenn dies notwendig ist. Zusätzlich kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Ausnahmefällen auch „hart“ garantierte Leistungen senken oder die Auszahlung ganz stoppen.  

Vorsorge im Versicherungsmantel ist renditeschwach
Die Ursachen für schlechte Renditen liegen laut vzbv im System der Versicherung selbst. Zur Absicherung insbesondere der garantierten Leistungen müssen Rückstellungen in den Bilanzen der Versicherer gebildet werden. Diesen Verpflichtungen steht die Kapitalanlage der Versicherer gegenüber. Die Vermeidung von Volatilität aus bilanziellen Gründen führt dazu, dass überwiegend in festverzinsliche Rentenpapiere investiert wird. Die Anlage in Anleihen ist bei langfristigen Anlagen zu wenig rentierlich und zusätzlich gegenüber Aktien mit höheren Risiken belastet. Der Effekt werde zusätzlich dadurch verstärkt, dass zur Sicherstellung der Garantieversprechen aktuell weitere Kapitalpolster (die so genannte Zinszusatzreserve) gebildet werden müssen. Dafür wurden und werden hochverzinste Alt-Papiere verkauft. Anschließend werden die freiwerdenden Mittel zu deutlich schlechteren Konditionen reinvestiert. Damit sinken die bereits schwachen Kapitalerträge zusätzlich.

Die hier beschriebenen Probleme der bAV sind laut vzbv bekannt und müssen dringend korrigiert werden. Eine Stärkung der bAV ist nach Ansicht der Verbraucherschützer nur im Rahmen der Reform der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge mit der Einführung eines öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgefonds analog oder in Kombination mit 3. Säule der privaten Altersvorsorge möglich. (-el / www.bocquel-news.de)

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