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Konzepte und Kriterien

Telematik wächst langsam aber sicher aus der Nische

5. März 2018 - Die Telematik in der Kraftfahrtversicherung sowie Entwicklungsperspektiven und Umsetzungsprojekte wurden bei der 8. Fachkonferenz der Versicherungsforen Leipzig thematisiert. Fünfzehn Versicherer haben hierzulande mittlerweile auf telematischen Diensten beruhende Produkte beziehungsweise Services im Angebot.

Die Telematik wächst in Deutschland langsam aber sicher aus der Nische. Ob automatischer Notruf im Schadenfall oder Prämienreduktion durch gute Fahrweise – Telematiktarife in der Kraftfahrtversicherung können den Kunden viele Vorteile bieten. Vor allem Leistungen und Services, die Versicherer den Kunden zusätzlich anbieten, machen die Produkte attraktiv.

Wie diese den Kunden vermittelt werden können und welche aktuellen Entwicklungen es im Bereich der Kfz-Telematik gibt, diskutierten über 80 Teilnehmer auf der 8. Fachkonferenz „Telematik in der Kraftfahrtversicherung“ der Versicherungsforen Leipzig (www.versicherungsforen.net).

Seit Jahren wird über die Potenziale von Telematik sowie über das autonome Fahren und die Folgen für die Versicherungsbranche diskutiert und spekuliert. Fakt ist, die Entwicklungen im Telekommunikations- und Automobilbereich schreiten unaufhaltsam voran. Und die Kfz-Versicherungsbranche muss schritthalten, um nicht von anderen Marktteilnehmern überholt zu werden.

Immerhin haben der Kfz-Versichruns-Marktführer Huk-Coburg (www.huk.de) und der Brancheriese Allianz (www.allianz.de) eine große Zahl an Telematikkunden, die mittlerweile im mittleren fünfstelligen Bereich liegen. Dass das Thema zwar im Markt angekommen ist, jedoch noch großer Diskussionsbedarf besteht, zeigte einmal mehr die Fachkonferenz „Telematik in der Kraftfahrtversicherung“.

Konkrete Einblicke in produktive Tarife gaben Stefan Duscha von der Allianz sowie Axel Bischof und Thomas Folwarczny - beide von der Württembergische Versicherung (www.wuerttembergische.de). Im Tarif BonusDrive der Allianz können Kunden laut Duscha mittels eines Gamification-Ansatzes Medaillen und Punkte für gutes Fahren erreichen und so ihre Prämien reduzieren. In den ersten Monaten wurde laut Allianz bei den Fahrern bereits eine deutliche Verbesserung des Fahrverhaltens beobachtet. Die Allianz sieht BonusDrive zudem als Mittel, die Interaktionsraten mit ihren Kunden zu steigern. Stefan Duscha betonte jedoch, dass das Kundeninteresse nur gehalten werden kann, wenn Telematikangebote immer wieder mit neuen Services angereichert werden, die für die Kunden Mehrwerte bieten.

Bei der Württembergischen Versicherung setzt man hingegen auf eine App-only-Lösung, bei der vor allem die Nicht-Nutzung des Smartphones während der Fahrt belohnt wird. Anders als bei vielen anderen Tarifen können die Nutzer der App-basierten Telematik-Lösung für Versicherungsnehmer unter 30 Jahren bei der Württembergischen keine Prämienrückzahlungen erreichen, sondern ihre Schadenfreiheitsklasse senken. Telematik sieht man insgesamt als strategisches Thema, das den Know-how-Aufbau und das Austesten neuer Geschäftsmodelle ermöglicht. Langfristig will man aus den Daten lernen, um noch attraktivere Produkte und Services anbieten zu können.

Ein Blick über den deutschen Tellerrand
Einen Blick über den deutschen Tellerrand bot der Vortrag von Volker Hoja von VAB NV, dem belgischen Automobilclub. Aufgrund der zentralen Lage zwischen Deutschland, Frankreich und den Niederlanden gibt es in Belgien ein hohes Verkehrsaufkommen. Zudem hat Belgien einen großen Flottenmarkt, da Firmenwagen ein beliebtes Incentive sind. Zudem sind die Kfz-Versicherungsprämien insgesamt recht niedrig. Um Telematik für die Kunden attraktiv zu machen, setzt man auch hier als Anreiz auf zusätzliche Services. Die Fahrdaten werden so beispielsweise genutzt, um Trainingsprogramme für sicheres Fahren anzubieten. Vor allem im Flottengeschäft bei Risikogruppen wie Taxi- und Kurierbetrieben oder dem Außendienst sei dies sinnvoll.

Die aktuellen Entwicklungen rund um den eCall stellte Steve Schneider von der ITS mobility GmbH (www.its-mobility.de) vor. Nach all dem Hin und Her rund um die europaweite Einführung habe man die ursprüngliche Motivation für den eCall, die Verringerung von Rettungszeiten, Verkehrstoten und schweren Schäden, ein bisschen aus den Augen verloren, so Schneider. Mit der EU-Vorgabe für Rettungsleitstellen und Kfz-Hersteller bis zum Oktober 2017 beziehungsweise April 2018 eCall-fähig zu sein, hat das Thema nun wieder Aktualität gewonnen.

Offene Fragen, die sich als nächstes stellen, sind eCall für Lkw, Fernbusse und Motorräder. Hier gibt es noch keine europäischen Vorgaben und die Übertragung des eCalls für Autos auf andere Verkehrsmittel gestaltet sich laut Schneider schwierig. Zudem gelte es, den eCall demnächst auf eine „neue Generation“ zu heben. Die Überführung von ISDN- auf IP-Netzwerke stellt dabei eine große Herausforderung dar.

Für Versicherer interessant sind nach Meinung der Experten TPS (Third Party Services)-eCalls, bei denen beispielsweise der Rufknopf im Fahrzeug nicht an Rettungsleitstellen, sondern Call-Center von Kfz-Herstellern oder Versicherungen geleitet wird. Hier sei noch zu klären, wie „echte“ Notfälle von dort an die Notrufnummern weitergeleitet werden. Es gelte daher, zeitnah Standards zu schaffen und zu implementieren.

Versicherungsnehmer fehlen ausreichende Informationen
Auch der wissenschaftliche Blick kam bei der Konferenz nicht zu kurz. Susanne Adler und Ellen Borrmann von der Hochschule Harz – Hochschule für angewandte Wissenschaften - präsentierten Auszüge einer Studie zu Wahrnehmung und Attraktivität von Telematik aus Sicht des Versicherungsnehmers. Im Ergebnis wurde herausgefunden, dass generelle Ablehner des Konzepts sich auch nicht von den Vorteilen der Telematik überzeugen lassen können. Zu groß sind Vorbehalte bezüglich Datenmissbrauch und potenzieller „Überwachung“. Wer Telematik jedoch generell offen gegenüber steht, dem fehlen meist Informationen. Für Versicherer gilt es also, in Vertrieb und Marketing weiter Aufklärungsarbeit zu leisten.

Auch bei weiteren Vorträge auf der zweitägigen Konferenz hatten die Teilnehmer zudem die Möglichkeit, noch einmal zu selbstgewählten Themen in den Diskurs zu treten und sich mit den Kollegen aus den anderen Häusern über die aktuellen Fragestellungen auszutauschen. (-el / www.bocquel-news.de)

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