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Solvency II wird in 300 Tagen scharfgeschaltet

9. März 2015 - Der Bundesrat gab am Freitag grünes Licht für Solvency II. Den Versicherern bleiben noch 300 Tage, das komplexe Genehmigungsverfahren und Tests zu durchlaufen und eine Flut weiterer Leitlinien und Standards umzusetzen – auch bei der „Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB)“.

Eine scheinbar never-ending-story wird mit dem Beschluss des deutschen Bundesrates (www.bundesrat.de) am vergangenen Freitag wird nun doch noch in absehbarer Zeit zu Ende gebracht werden. Die oberste Kammer der 16 deutschen Bundesländer, der Bundesrat (Foto: © Bundesrat / Frank Bräuer), hat das Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen (VAG-Novelle) verabschiedet, das die EU-Richtlinie Solvency II in deutsches Recht umsetzt. Für die Versicherungsunternehmen gilt damit ab 1. Januar 2016 ein neues Regelwerk. Solvency II beinhaltet die grundlegende Reform des Versicherungsaufsichtsrechts in Europa, vor allem der Solvabilitäts-Vorschriften für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen, die in den nächsten 300 Tagen Realität werden sollen.

Markt- und risikoorientierten Bewertung der Kapitalanlagen
Die VAG-Novelle überführt die europäische Solvency-II-Richtlinie rund 14 Jahre nach Beginn des Regulierungsprojektes in deutsches Recht und bringt damit einen Paradigmenwechsel von einer bilanziellen hin zu einer markt- und risikoorientierten Bewertung der Kapitalanlagen und Verpflichtungen, verdeutlicht man beim GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) die neue Regelung, die am 10. Juli 2007 offiziell begann. Damals hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Solvency-II-Rahmenrichtlinie dem Europäischen Parlament und Rat vorgelegt.

Bis zum Inkrafttreten von Solvency II wird die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA gemeinsam mit den nationalen Aufsichtsbehörden noch zahlreiche Details zur Umsetzung festlegen. „Um eine Überforderung insbesondere kleinerer Unternehmen zu vermeiden, müssen die Aufsichtsbehörden mit Augenmaß agieren und das in der Solvency-II-Richtlinie verankerte Proportionalitäts-Prinzip ernst nehmen“, sagt Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung.

Jörg von Fürstenwerth weist darauf hin, dass die neuen Regeln signifikante Änderungen nicht nur für Unternehmen und Aufsichtsbehörden bringen, sondern auch Auswirkungen auf die Versicherten haben. Das neue Aufsichtsrecht steht dabei auf drei Säulen. GDV-Angaben zufolge verlangt die erste Säule von SOLVENCY II im Kern von den Versicherungsunternehmen eine risiko- beziehungsweise marktwertorientierte Bewertung ihrer Kapitalanlagen und Leistungsverpflichtungen. Die Kapitalanforderungen orientieren sich künftig an den eingegangen Risiken. Damit sind beispielsweise Lebensversicherer bei der Kapitalanlage am Aktienmarkt nicht mehr wie im heutigen System an starre Obergrenzen gebunden.

Die zweite Säule von SOLVENCY II stellt weitgehende Anforderungen an die Geschäftsorganisation der Versicherungsunternehmen. Diese reichen von der Einrichtung sogenannter Schlüsselfunktionen über die Anforderungen an die Qualifikation bestimmter Personengruppen bis hin zu speziellen Vorschriften für Ausgliederungen von Funktionen und Tätigkeiten. Alle diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Unternehmen über wirksame Prozesse und Strukturen verfügen, um ein solides und vorausschauendes Management zu gewährleisten.

Die dritte Säule von SOLVENCY II beinhaltet, dass die Berichtspflichten der Unternehmen erheblich erweitert werden: Die Unternehmen haben nicht nur zahlreiche quantitative Kennzahlen an die Aufsicht zu übermitteln. Sie müssen zudem in regelmäßigen Abständen über ihre Geschäftsorganisation und viele weitere Aspekte berichten. Neu sind auch die Berichtspflichten gegenüber der Öffentlichkeit.

Wenn Bundepräsident Joachim Gauck das Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen unterzeichnet hat, wird es am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Gesetz verpflichtet Versicherungskonzerne - nach einer Übergangsfrist von bis zu 16 Jahren - zum Aufbau von mehr Eigenkapital als Vorsorge für Krisenzeiten. Zudem verpflichtet es zu einem verbesserten Risikomanagement. Im Gegenzug erhalten die Versicherer mehr Flexibilität bei der Anlage von Kundengeldern. Bisher galten hier starre Vorgaben. Mit einem Klick auf http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2015/0001-0100/46-15(B).pdf;jsessionid=68C990F871873428A9ADC8BB4D366F9C.2_cid374?__blob=publicationFile&v=1 kann der Beschluss des Bundesrates gelesen werden.

Was die Behandlung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung oder RfB in der Lebensversicherung betrifft, hat der Bundesrat in seiner Sitzung am Freitag der Verordnung nur mit Auflagen zugestimmt. Dadurch solle der Spielraum für Versicherer erweitert werden, höhere Ausschüttungen an die Versicherten vornehmen zu können. Zudem wollen die Bundesländer nach eigenen Angaben eine „effektive Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer“ sicherstellen. Nun ist die Bundesregierung an der Reihe zu entscheiden, ob sie die Vorlage in der gewünschten Form verkündet.

BaFin-Präsident Hufeld will kleinen Versicherern entgegenkommen
Inzwischen meldeten sich bereits Persönlichkeiten der Branche zu Wort. So will der neue BaFin-Präsident Felix Hufeld kleinen und mittelgroßen Versicherern bei der Einführung von Solvency II entgegenkommen. Die BaFin werde eine Vielzahl von Erleichterungen und Befreiungen im Sinne der Proportionalität anwenden, sagte er gegenüber der Börsen-Zeitung (www.boersen-zeitung.de). Unter Umständen werde auch im laufenden Betrieb noch nachgebessert. Regulierung sei ein Balanceakt: Sie müsse umfassend sein, dürfe aber nicht erdrücken, so Hufeld.

Auf jeden Fall gilt für die Versicherungsunternehmen ab 1. Januar 2016 ein neues Regelwerk, das weltweit Maßstäbe für Stabilität setzen wird. (-el / www.bocquel-news.de)

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