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Konzepte und Kriterien

Rentenversicherung will Flexi-Rente stufenweise

10. Dezember 2015 - Die Pläne der Bundesregierung für einen flexiblen Übergang zur Altersrente, Flexi-Rente genannt, werden von der Deutschen Rentenversicherung zwar begrüßt, die Einführung soll jedoch stufenweise geschehen. Allerdings ist noch völlig unklar, ob und wann die Flexi-Rente kommt.

„Die Schaffung möglichst praktikabler flexibler Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente liegt auch im Interesse der Rentenversicherung und ihrer Rentner und Beitragszahler“, erklärte  Dr. Axel Reimann (Foto: DRV Bund), Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund (www.deutsche-rentenversicherung-bund.de), auf der jüngsten Bundesvertreterversammlung. Es sei positiv zu bewerten, „dass nun ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der die Möglichkeiten des flexiblen Übergangs vom Erwerbsleben in die Rente erweitert und Versicherten und Arbeitgebern insofern größere Handlungsspielräume gibt", so Reimann.

Reimann plädierte in diesem Zusammenhang dafür, die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene gleitende Anrechnung von Hinzuverdiensten neben dem Bezug einer vorgezogenen Altersrente so umzusetzen, dass nachträgliche Änderungen der Rentenhöhe vermieden werden. Rückwirkende Neuberechnungen der Rente hätten Nachzahlungen oder Rückforderungen zur Folge, die nicht nur sehr verwaltungsaufwändig seien, sondern erfahrungsgemäß auch zu erheblichen Irritationen bei den Betroffenen führten. Im Hinblick auf das Inkrafttreten des geplanten Gesetzes zur Umsetzung der Vorschläge empfahl Reimann ein zeitlich gestaffeltes Vorgehen. Insbesondere die Neuregelungen des Hinzuverdienstrechts, die sehr weitreichende Änderungen der EDV-Programme und -Verfahren der Rentenversicherung notwendig machten, benötigten unbedingt einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf, so Reimann. Sie sollten von daher nicht vor dem 1. Juli 2017 in Kraft treten.

Vorzeitige Rente ist bisher unattraktiv
Bisher gilt: Wer ab 63 Jahren in die vorzeitige Rente geht, muss nicht nur Rentenabschläge von 0,3 Prozent je Monat akzeptieren, sondern darf auch höchstens 450 Euro pro Monat in einem Job hinzuverdienen. Bei Mehrverdienst wird die Rente gekürzt. Es sei denn, man akzeptiert eine Drittel- Halb- oder Zweidrittel-Rente gegen entsprechende Hinzuverdienstgrenzen. Wegen dieser starren Grenzen und der damit verbunden überproportionalen Minderung der Rente nimmt die Teilrente kaum jemand in Anspruch.

Regelaltersgrenzen und Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug
Lesebeispiel: Wer im Februar 1956 geboren wurde, erreicht mit 65 Jahren und zehn Monaten die Regelaltersgrenze für den Rentenbezug. Das ist im Dezember 2021. Die Rentenzahlung – ohne Abzüge –  beginnt dann ab Januar 2022. Im Februar 1956 Geborene können aber auch schon früher in Rente gehen: Ohne Abschläge nach 45 Beitragsjahren im Alter von 63 Jahren und acht Monaten, sofern sie auf 35 Beitragsjahre kommen mit 63 Jahren und gegen 10,2 Prozent Rentenkürzung.

Geburts-jahrgang

Regelaltersrente

Altersrente für besonders langjährig Versicherte1

Altersrente für langjährig Versicherte2

abschlagsfrei ab Jahre/Monate

abschlagsfrei ab

 Jahre/Monate

abschlagsfrei ab Jahre/Monate

vorzeitiger Bezug ab

Alter

Abschlag in %

 1950

65/4

63

65/4

63

8,4

 1951

65/5

63

65/5

63

8,7

 1952

65/6

63

65/6

63

9,0

 1953

65/7

63/2

65/7

63

9,3

 1954

65/8

63/4

65/8

63

9,6

 1955

65/9

63/6

65/9

63

9,9

 1956

65/10

63/8

65/10

63

10,2

 1957

65/11

63/10

65/11

63

10,5

 1958

66

64

66

63

10,8

 1959

66/2

64/2

66/2

63

11,4

 1960

66/4

64/4

66/4

63

12,0

 1961

66/6

64/6

66/6

63

12,6

 1962

66/8

64/8

66/8

63

13,2

 1963

66/10

64/10

66/10

63

13,8

 1964

67

65

67

63

14,4

Quelle: Deutsche Rentenversicherung: 1) Bei Vollendung des 65. Lebensjahres und nach 45 Pflichtbeitragsjahren; 2) Bei Vollendung des 63. Lebensjahre und mindestens 35 Beitragsjahren.

Die Regierungspläne zur Flexi-Rente
Eine Expertenkommission der Regierungskoalition hatte sich Anfang November mit mehr als einjähriger Verzögerung auf den Entwurf einer Flexi-Rente geeinigt, die für Arbeitnehmer einen gleitenden Übergang ins gesetzliche Rentenalter lukrativer macht. Dabei sollen sowohl Anreize für eine Frühverrentung vermieden und zugleich Boni für eine Tätigkeit über das gesetzliche Rentenalter hinaus gesetzt werden. Künftig sollen Einkünfte bis zu 6.300 Euro pro Jahr die Rente nicht mehr schmälern. Was darüber hinaus dazuverdient wird, soll nur zu 40 Prozent von der Rente abgezogen werden. Der Hinzuverdienst darf außerdem das höchste Jahresgehalt der vorangegangenen 15 Jahre nicht übersteigen.

Längeres Arbeit wird belohnt
Auch das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus soll attraktiver werden. Zwar bleibt es dabei, dass es für jeden Monat Beschäftigung über den Rentenbeginn hinaus einen Zuschlag von 0,5 Prozent pro Monat gibt. Doch die Rentenbeiträge des Arbeitgebers, die auch jetzt schon gezahlt werden müssen, werden künftig für das Rentenkonto wirksam, sofern der Arbeitnehmer ebenfalls seine Beiträge zahlt. Dadurch entstehen zusätzliche Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bisher wurden diese allein aus den Beiträgen des Arbeitnehmers gespeist. Aber auch das hatte sich schon gelohnt. Wer seine Regelaltersrente nicht in Anspruch nimmt, kann seine Rente binnen zwei Jahren um insgesamt 17 Prozent steigern, rechnet die Deutsche Rentenversicherung vor. Bei drei Jahren steigt die Rente sogar um ein Viertel. Mit der Flexi-Rente und dank der rentenwirksamen Arbeitgeberbeiträge wird es künftig noch mehr sein.

Abschaffung der „Strafzahlungen“
Zudem werden die Arbeitgeber entlastet. Gegenwärtig müssen sie 1,5 Prozent des Lohns des arbeitenden Rentners in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, ohne dass die Beschäftigten davon etwas haben. Es handelt sich um eine reine „Strafzahlung“, die einst ersonnen wurde, um Arbeitgebern keine Anreize für die Einstellung von Rentnern zulasten jüngerer Arbeitnehmer zu geben. Diese wirkungslosen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sollen künftig entfallen.

Nichts ändern wird sich an den Rentenabschlägen für eine Frührente ab 63, auch nicht für Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen oder in körperlich anspruchsvollen Berufen.

Arbeiten im Rentenalter ist zwar noch die Ausnahme, liegt aber im Trend, so eine Untersuchung im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (www.dia-vorsorge.de). Im Jahr 2012 waren rund 670.000 Rentner berufstätig. Finanzielle Not ist bisher allerdings nicht der hauptsächliche Beweggrund, lautet die überraschende Erkenntnis. Personen mit kleinen Renten sind im Alter in nahezu gleichem Maße berufstätig wie Bezieher höherer Renten. Mit zunehmend sinkenden Renten und steigender Armutsbedrohung der Rentner wird sich dies voraussichtlich aber ändern und der Hinzuverdienst zur Rente aus finanziellen Gründen wichtiger werden.

Zeitplan ist noch unklar
Erwartungsgemäß haben die Vorschläge zur Flexi-Rente bei Arbeitgebern, Gewerkschaften und bei der Deutschen Rentenversicherung kontroverse Reaktionen ausgelöst. Denn es handelt sich um einen Kompromiss, der weder den ursprünglichen Wünschen des Arbeitnehmerlagers (flexibler Rentenbeginn ab 60) noch des Arbeitgeberlagers (Arbeit über das Rentenalter hinaus) entspricht. Außerdem soll die Flexi-Rente wenig kosten, denn die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren belastet die Rentenkassen mehr als erwartet. Weil die Flexi-Rente schon mehr als ein Jahr im Verzug ist und noch viele Detailfragen zu klären sind, ist es fraglich, ob sie noch in dieser Legislaturperiode Gesetz wird. Auch auf der jüngsten Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung ließ die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de), Gabriele Lösekrug-Möller, offen, ob und wann ihr Haus einen Referentenentwurf für die Flexi-Rente erarbeiten wird. (hp / www.bocquel-news.de)

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