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Rekordbeitragszuwachs in der PKV: 2 Milliarden Euro

15. Juni 2021 - Der Assekurata-Marktausblick zur privaten Krankenversicherung 2021 zeigt deutlich die Höhen und Tiefen dieser Sparte auf. Die Leistungsausgaben sind 2020 deutlich moderater angestiegen; insbesondere die Beitrags-Anpassungen sorgten für den Anstieg des versicherungs-geschäftlichen Ergebnisses auf rund 5,7 Milliarden Euro.

Der Niedrigzins hat die private Krankenversicherung (PKV) auch 2021 fest im Griff und schlägt mit hohen Beitragsanpassungen in der Voll- und Pflegeversicherung durch. Der Wachstumsmotor Pflege-Zusatzversicherung scheint dadurch ins Stottern zu geraten – trotz oder gerade wegen der Diskussion um stark steigende Pflegekosten und der inzwischen beschlossenen Pflegereform. Als Lichtblick erweist sich wachstumsseitig weiterhin die Zahnzusatz- sowie die betriebliche Krankenversicherung (bKV), die immer mehr an Fahrt gewinnt. Dies teilte die Rating-Agentur Assekurata (www.assekurata.de) auf ihrer Audio-Web-Pressekonferenz „Marktausblick zur privaten Krankenversicherung“ am Dienstag mit.

Demnach hat die Branche die Corona-Pandemie 2020 wirtschaftlich gut überstanden. Hierzu trug auch ein pandemiebedingt vergleichsweise moderater Leistungsausgaben-Anstieg in der Vollversicherung bei.

„Durch die pandemiebedingt geringere Zahl an Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten sind die Leistungsausgaben in der Vollversicherung 2020 mit voraussichtlich 2,9 Prozent deutlich moderater angestiegen als in den beiden Vorjahren, in denen die Kostensteigerungen über 4 Prozent lagen. Zusätzlich haben insbesondere die Beitragsanpassungen in der Pflegepflichtversicherung dazu beigetragen, dass die PKV im Geschäftsjahr 2020 ihr versicherungsgeschäftliches Ergebnis deutlich von 4,9 Milliarden Euro auf rund 5,7 Milliarden Euro steigern konnte“, fasst Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung der Assekurata und Autor der Untersuchung, die Ergebnisse zusammen.

Laut Reichl hat die Corona-Pandemie dagegen am Kapitalmarkt deutliche Spuren hinterlassen. So ging das Kapitalanlage-Ergebnis von 9,5 Milliarden auf circa 8,7 Milliarden Euro zurück, was einer Nettoverzinsung von knapp 2,9 Prozent entspricht. Reichl: „Dieser Rückgang ließ sich auch nicht durch den Gewinnanstieg im Versicherungsgeschäft kompensieren, wodurch insgesamt auch das Rohergebnis nach Steuern marktweit um 0,3 Milliarden Euro auf rund 5,7 Milliarden Euro sank.“

Wie es auf der Audio-Web-Pressekonferenz hieß, hat sich beim Personenwachstum in der Vollversicherung der Trend leichter Bestandsverluste fortgesetzt (2020:  minus 0,1 Prozent). Im Vergleich zu 2011 wechseln mittlerweile deutlich weniger gutverdienende Angestellte und auch Selbständige von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die PKV (www.pkv.de). Im Gegensatz dazu erhöhte sich jedoch zuletzt die Zahl der Neuzugänge im Beihilfesegment.

„Hier macht sich die steigende Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst positiv bemerkbar“, erläutert Gerhard Reichl. Die Ausweitung des Hamburger Modells (Beihilfeempfänger) sowie das Versichertenentlastungsgesetz (Selbständige) hatten somit bislang bei beiden Kundengruppen bislang keine spürbaren Auswirkungen auf das Neugeschäft der PKV.

Rekordzuwachs bei den Beiträgen
Beitragsseitig verzeichnete die Branche ähnlich wie 2010 und 2017 zwar einen Rekordzuwachs von rund 1,8 Milliarden Euro, jedoch beruht dieser Anstieg wiederum zu einem Großteil auf Beitragsanpassungen – diesmal vor allem in der besonders zinssensitiven Pflegeversicherung.

Deutliche Entlastung der Zinsanforderung
Da der Rechnungszins im Zuge der durchgeführten Beitragsanpassungen im Branchenschnitt mittlerweile nur noch bei 2,66 Prozent liegt, betrug die Zinsanforderung 2020 lediglich 7,5 Milliarden Euro. Ohne Absenkung, also bei einem Rechnungszins von 3,50 Prozent, hätte sie bei 9,8 Milliarden Euro gelegen.

„Dies verdeutlicht die entlastende Wirkung des aktuariellen Unternehmenszinses auf die Unternehmen, für die dadurch eine Fortsetzung der Niedrigzinsphase zumindest ökonomisch kein Problem darstellen dürfte“, erläutert Reichl. Ein Indiz hierfür sind demnach auch die Solvenz-Quoten, die in der PKV ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung mit durchschnittlich 397 Prozent deutlich höher ausfallen als in der Lebensversicherungssparte mit durchschnittlich gut 200 Prozent. Die Kehrseite der Medaille zeigt jedoch die damit einhergehenden Beitragssteigerungen in der Voll- und Pflegeversicherung, die bei Kunden und Vermittlern für Verunsicherung sorgen und unternehmensseitig das Neugeschäft beziehungsweise das Bestandswachstum negativ tangieren.

Offenbar Nullwachstum in der Pflegezusatzversicherung
Besonders deutlich wird dies aktuell in der Pflegezusatzversicherung, die im Geschäftsjahr 2020 netto nach Verträgen aller Voraussicht nach stagnierte. Ursächlich hierfür ist laut Assekurata ein Neugeschäftsrückgang von rund 30 Prozent und ein Stornoanstieg von 70 Prozent jeweils gemessen in Monatssollbeiträgen.

„Diese Entwicklung ist – neben der Absenkung des Rechnungszinses – ganz wesentlich auch auf die Verteuerung der Beiträge durch das zweite Pflegestärkungsstärkungsgesetz, PSG II, zurückzuführen“, erläutert Gerhard Reichl. So stieg die Zahl der Leistungsempfänger in der sozialen und privaten Pflegepflichtversicherung von 2016 bis 2019 um knapp 45 Prozent von 2,94 Millionen auf 4,25 Millionen Euro und die Leistungsausgaben nahmen um rund 41 Prozent von 29,95 Milliarden auf 42,27 Milliarden Euro zu. Aus diesem Grund werden die Unternehmen die Beiträge in der privaten Pflegepflichtversicherung für Beamte zum 1. Juli 2021 erneut anheben.

Höchste Beitragsanpassung seit 2010
„Bereits zu Beginn des Jahres hatten die Gesellschaften die Beträge in der Vollversicherung marktweit so stark angepasst wie seit 2010 nicht mehr“, erklärt Gerhard Reichl. „Im Durchschnitt der von uns gerateten Krankenversicherer erhöhten sich die Bestandsbeiträge im Beihilfesegment um 5,7 Prozent und im Nicht-Beihilfebereich um 7,7 Prozent.“

Anpassungsdruck in der Voll- und Pflegeversicherung bleibt bestehen
„Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist vorerst nicht in Sicht, schon allein aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, die auch in den kommenden Jahren durch weitere Rechnungszins-Absenkungen für Beitragsanpassungen sorgen dürfte“, mahnt Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will. Hinzu kommen demnach die steigenden Pflegekosten und die für die nächste Legislaturperiode zu erwartende Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). „Diese dürfte ähnlich wie die Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte im Jahr 2012 mehr oder weniger starke Beitragserhöhungen für die Vollversicherten nach sich ziehen“, ergänzt Reiner Will.

Aber auch auf Seiten der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zeichnen sich schon jetzt Beitragserhöhungen ab. Inwieweit und für wie lange diese durch entsprechende Erhöhungen des Steuerzuschusses aufgefangen werden können, bleibt vorerst abzuwarten.

Gleiches gilt laut Reiner Will für mögliche Reformen des Gesundheitssystems nach der Bundestagswahl. Die so genannte Systemfrage wird derzeit, wenn überhaupt, nur am Rande diskutiert. „Dies liegt wohl unter anderem auch daran, dass sich das deutsche Gesundheitssystem in Zeiten der Pandemie durchaus bewährt und der Versichertenstatus – egal ob gesetzlich oder privat – bei der ärztlichen Behandlung keine Rolle gespielt hat“, merkt der Assekurata Geschäftsführer an.

Erneutes Rekordbeitragswachstum für 2021 prognostiziert
Vor diesem Hintergrund erwartet Assekurata für 2021 in der Vollversicherung keine wesentlichen Veränderungen beim Personenwachstum. „Aufgrund der durchgeführten Beitragsanpassungen gehen wir jedoch von einem erneuten Rekordbeitragszuwachs von erstmals über 2 Milliarden Euro aus“, zeigt sich auch der Fachkoordinator Krankenversicherung Reichl überzeugt.

Auch ertragsseitig dürfte 2021 deshalb ein positives Jahr für die Branche werden. „Wir rechnen mit einem weiteren Anstieg des versicherungsgeschäftlichen Ergebnisses und damit auch des Rohüberschusses, sofern die Kapitalanlageseite nicht erneut einbricht wie im Vorjahr“, prognostiziert Reichl. Weiteres Wachstumspotenzial sieht der Krankenversicherungsexperte in den Budget-Tarifen der betrieblichen Krankenversicherung (bKV), die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. „Die Pflegezusatzversicherung dürfte sich dagegen angesichts der empfindlichen Beitragsanpassungen erneut schwer tun, einen nennenswerten Bestandszuwachs zu erzielen.“

40 Folien umfassender Bericht für die Krankenversicherung
Wie im vergangenen Jahr stellt die Kölner Rating-Agentur ihren Ausblick für die Versicherungswirtschaft im Zuge von einzelnen Presseveranstaltungen vor. Interessenten können den 40 Folien umfassenden Bericht für die Krankenversicherung nebst einer begleitenden Videopräsentation auf der Internetseite www.assekurata.de gegen eine Schutzgebühr von 750 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer erstehen. (-el / www.bocquel-news.de)

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