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Konzepte und Kriterien

Provisionsdeckel: Schießt Planung übers Ziel hinaus?

28. März 2019 - Am Mittwoch hat das Finanzministerium den ersten Referentenentwurf für ein neues "Gesetz zur Deckelung der Abschlussprovisionen in der Lebensversicherung und Restschuldversicherung" erstellt. Der Entwurf befinde sich noch in der Ressortabstimmung und sei nicht öffentlich, heißt es. Doch schon überschlagen sich die Kritiken.

Seit Herbst des vorigen Jahres erhitzt ein gesetzlicher Povisionsdeckel die Gemüter. Und gestern Mittag war es dann soweit. Quasi in letzter Minute lieferte das BMF Bundesministeriums der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) den lange angekündigten Referentenentwurf, in dem Genaueres über eine mögliche Deckelung der Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungen und Restschuldversicherung steht. Allerdings, so heißt es bei mehreren Vermittlerverbänden, sei der Demnach befinde sich der Entwurf noch in der Ressortabstimmung und daher noch nicht öffentlich.

Dennoch ist durchgerungen, dass laut Entwurf die Vermittler künftig beim Abschluss eines Lebensversicherungs-Vertrags maximal 2,5 Prozent des Bruttobeitragsvolumens als Provision oder Courtage bekommen sollen. Und: Wenn bestimmte Qualitätskriterien beim Abschluss des LV-Vertrages erfüllt werden, könnten dem Vermittler noch bis zu 4 Prozent vergütet werden.

Wörtlich soll es laut Branchenberichten im Referentenentwurf zur Definition der Provision und/oder Courtage heißen: „Sämtliche Vertriebsvergütung (...), die an den Abschluss oder den Fortbestand eines Vertrages oder mehrerer Verträge oder einen sonstigen Erfolg zur Förderung des Abschlusses oder Fortbestands oder der Änderung eines oder mehrerer Verträge anknüpft." Im Übrigen soll es künftig zwar auch abschlussbezogene Boni wie beispielsweise Incentive-Reisen geben, doch werde hier der Provisionsdeckel angesetzt.

Wie es in dem Gesetzentwurf außerdem heißen soll, betreffe der Provisionsdeckel alle Verträge über Lebensversicherungen, die einen „Fälligkeitswert oder einen Rückkaufswert bieten, der vollständig oder teilweise direkt oder indirekt Marktschwankungen ausgesetzt ist". Und die Abschlussprovision hierbei dürfte 2,5 Prozent der Bruttobeitragssumme nur dann übersteigen, wenn „angemessene Qualitätskriterien" erfüllt werden.

Im Entwurf wird die „Bruttobeitragssumme“ so definiert: hier handele es sich um die Summe der zu zahlenden Prämien für eine Vertragslaufzeit von maximal 35 Jahre.

Schließlich dürfe auch die „Vereinbarung einer Dynamik im Lebensversicherungs-Vertrag“ kein höherer Prozentsatz vereinbart werden. Für den Deckel sei der „zugrundeliegende Vertrag" ausschlaggebend.

Höhere Vergütung bei bestimmten Qualitätskriterien?
Wenn aber nachweisbar bestimmte Qualitätskriterien vorliegen würden, dann dürften dem Vermittler auch bis maximal 4 Prozent der Bruttobeitragssumme als Provision vergütet werden. Laut Referentenentwurf sieht der Gesetzgeber hier die Versicherungsunternehmen in der Pflicht. Dafür sollten sie ein Konzept erstellen, wonach „die Beurteilung der Vermittlung nach qualitativen Kriterien“ beurteilt werden kann.

Gemeint sind hier unter anderem der Vergleich zwischen einzelnen Vermittlern und der Anzahl der Beschwerden eines jeden Einzelnen. Auch die Storno-Quote der einzelnen Versicherer und der Vermittler, deren Kunden häufiger einen Lebensversicherungs-Vertrag kündigen, sollte für eine bessere Verprovisionierung ins Kalkül gezogen werden.

Insider sehen hier ein Problem, denn die Versicherer müssten dann auch unabhängige Versicherungsmakler kontrollieren, weil auch die Beschwerden von Maklerkunden über ihren Vermittler ins Gewicht fallen müssten. Da aber der Makler stets als Sachverwalter des Kunden auftritt, würde es hier zu einem Paradoxum kommen.

Im Übrigen werden auch Regeln für eine mögliche Ausgliederung von Aufgaben mit Blick auf die Verträge im Referentenentwurf beschrieben. In diesem Fall müsste „das Entgelt oder ein sonstiger geldwerter Vorteil auf den Betrag“ begrenzt werden, den auch „ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der Belange der Versicherten mit einem nicht verbundenen Unternehmen vereinbaren würde“.

BaFin hatte bereits vor drei Jahren „Ausgliederung“ empfohlen
Die BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) hatte bereits vor mehr als drei Jahren Wohlverhaltensregeln für solch eine „Ausgliederung“ empfohlen. Demnach ginge es hier um das Delegieren wichtiger Funktionen oder Versicherungstätigkeiten an Dienstleister. In diesem Zusammenhang nennt die BaFin etwa den Vertrieb, die Bestandsverwaltung, die Leistungsbearbeitung, das Rechnungswesen sowie die Vermögensanlage und -verwaltung.

Für Restschuldversicherungen will das Finanzministerium eine Provisionsobergrenze von 2,5 Prozent der Darlehenssumme einziehen.

Es steht noch nicht fest, ob der Entwurf so Gesetz wird
Mit dem Entwurf setzt die Bundesregierung ihre Ankündigung aus der Überprüfung des LVRG Lebensversicherungsreformgesetzes vom vergangenen Jahr um. Bisher steht jedoch noch nicht fest, ob der jetzige Entwurf genau in der vorliegenden Form Gesetz wird. Die Politiker scheinen sich hier nicht ganz einig zu sein, wie aus der Fraktion von CDU und CSU zu hören ist. Demnach soll es erhebliche Widerstände gegen die Begrenzung geben. Genauso die Vermittlerverbände, die der Meinung sind, dass die Obergrenze verfassungswidrig sei.

Auch beim Koalitionspartner SPD ist Kritik zu hören, denn die Spanne von 2,5 Prozent bis 4 Prozent sei indiskutabel, zumal Verbraucherschützer bereits mehrmals vehement eine niedrige Obergrenze gefordert haben. Der Bund der Versicherten verlangt eine Obergrenze von 1,5 Prozent, wie ihr Vorstandssprecher Axel Kleinlein immer wieder öffentlich fordert (siehe bocquel-news 6. September 2018 Abschlusskosten weiter auf „grotesk hohem Niveau“).

Ordnungspolitischer Eingriff Deckelung von Abschlussprovisionen
Auch der BVK (www.bvk.de) kritisiert den Referentenentwurf des BMF zur Deckelung von Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungen. BVK-Präsident Michael H. Heinz sagte gestern in einer ersten Stellungnahme: „Offensichtlich rückt der Referentenentwurf von einem starren Provisionsdeckel bei Lebensversicherungen ab und verfolgt stattdessen den Korridor-Vorschlag der BaFin mit der Berücksichtigung von qualitativen Vergütungselementen. Ob diese Lösung verfassungsrechtlich so umsetzbar ist, werden wir prüfen.“

Der BVK kritisiert laut Michael Heinz, dass im Referentenentwurf immer noch eine Verbindung zwischen Vergütung und Fehlanreizen gesehen wird, die seit der Umsetzung der IDD bereits ausgeschlossen wurde. „Insofern ist auch der Provisionsdeckel zur Verhinderung von Fehlanreizen überflüssig“, sagte der BVK-Präsident. Im Übrigen sei zuletzt die Beschwerde-Quote über Versicherungsvermittler beim Versicherungsombudsmann so niedrig wie noch nie gewesen.

Auf jeden Fall aber werde der BVK das weitere Gesetzgebungsverfahren eng begleiten und sich weiterhin für die Interessen der Vermittler und ihrer Kunden einsetzen. „Es darf nicht zu einem ordnungspolitischen Eingriff kommen, der letztlich zulasten der Qualität der Beratung und der wichtigen sozialpolitischen Verantwortung aller Versicherungsvermittler geht“, so Heinz.

Provisionsdeckel immer wieder Stein des Anstoßes
Der Entwurf erinnert an die Argumentation von Frank Grund vom April 2018 (bocquel-news 12. April 2018 Konzepte Der „Provisionsdeckel“ bleibt Stein des Anstoßes). Der BaFin-Exekutivdirektor für Versicherungen meinte im vergangenen April, dass sich die Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie IDD im deutschen Versicherungsaufsichtsgesetz nicht auf die angebotenen Provisionen negativ auswirken dürfe – und schon gar nicht auf die Beratung.

Fazit: Zurzeit ist noch nichts Endgültiges entschieden. Doch Abwarten und Tee trinken scheint hier kein guter Rat zu sein. (-el / www.bocquel-news.de)

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