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Prima Klima bei den Rückversicherern weltweit?

14. September 2015 - Die Risikoabsicherung von Schäden durch Katastrophen und Wetter-Extreme bestimmt das Geschäft der Rückversicherer; unverändert hoch die Wettbewerbs-Intensität unter den Schadenrückversicherern – weltweit. Das Angebot an Rückversicherungs-Kapazitäten liegt über der Nachfrage, hieß es jetzt beim 59. Rendez-vous de Septembre in Monte Carlo.

Nahezu alle sind gekommen: Für die weltweit am Markt tätigen Rückversicherer ist jedes Jahr wieder in den ersten Septemberwochen das Fürstentum Monaco an der französischen Côte d’Azur der Nabel der Welt – so auch jetzt zum 59. Mal beim „Rendez-vous de Septembre“ in Monte Carlo. Zunächst bei strahlend hellem Sonnenschein, doch auch der Starkregen, der gestern und heute Nacht über die Region von Monaco bis weit über Nizza und Cannes hinweg nieder prasselte, trübte die Stimmung der Fachwelt kaum. Doch zwischen den Zeilen spürte man auch, das die Zeiten für die Branche immer härter werden. Mit dem Klima in Bezug auf Naturkatastrophen kennt sich die Branche aus. Zuletzt verlief hier fast alles "unterdurchschnitlich" gut. Professor Stefan Materne, Leiter des Lehrstuhls für Rückversicherung am Institut für Versicherungswesen der Technischen Hochschule Köln, nennt das Jahrestreffen an der Côte d’Azur den Auftakt zum „jährlichen Dreisprung“, der nach einer Zwischenstation in Baden-Baden schließlich in der sogenannten Erneuerungsrunde künftiger Prämiengestaltung endet.

Und so wurde auch diesmal am Wochenende Bilanz gezogen, wie die Geschäfte der Rückversicherer mit und über die Erstversicherer im Jahr 2014 verlaufen waren. Obligatorisch scheint das Lamento über die Schadenhäufigkeit und das Ausmaß der Schäden, doch das blieb diesmal meist aus, weil das Jahr 2014 für die Rückversicherer insgesamt ein relativ schadenarmes Jahr war. Die weltweiten Schäden aus Naturkatastrophen lagen unterhalb des Vorjahres als auch unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Insbesondere war auch die Hurrikansaison „sehr glimpflich“ verlaufen. Beispielsweise hat den Angaben zufolge kein sehr schwerer Hurrikan mehr seit inzwischen neun Jahren das US­amerikanische Festland heimgesucht. Insgesamt war ein moderater Anstieg der Rückversicherungs-Prämien zu verzeichnen. In der Erstversicherung hingegen spricht man von einem stärkeren Wachstum im Jahr 2014. Der Marktführer, die Munich Re (www.munichre.com) veröffentlicht dazu entsprechende Zahlen (Grafik Munich Re).

Festzustellen war zuletzt, dass das Rückversicherungskapital steigt. „Aber nicht übermäßig“, wie Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek gestern in Monte Carlo sagte. Die Kapitalisierung der Unternehmen steige. So hätten die Rückversicherer 2014 rund 335 Milliarden US-Dollar (entspricht nahezu 296 Milliarden Euro) für ihre Geschäftstätigkeit verwendet. Schon 2013 war das alternative Kapital von 48 auf 60 Milliarden US-Dollar (von 42,3 auf rund 53 Milliarden Euro) gestiegen. Der Global Player unter den Rating-Agenturen A.M.Best (www.ambest.com) und der Rückversicherungs-Broker Guy Carpenter (www.guycarp.com), von denen die Zahlen zum Rückversicherungskapital stammen, erläuterten, dass die absolute Höhe des Rückversicherungskapitals wesentlichen Einfluss auf die Auswirkungen von Naturkatastrophen und letztlich auch auf Kapitalmarktkrisen habe - strengere Solvenzregelungen inbegiffen.

Fakt ist, dass die Fachwelt von weiterer Konsolidierung ausgeht. Ein verändertes Nachfrageverhalten nach Fusionen in der (Rück-)Versicherungsbranche sei zu beobachten.

Marktführer Munich Re treibt Innovationen voran
Auch aktives Zyklusmanagement steht weiter auf der Agenda
Die Munich Re (www.munichre.com) sieht einen Trend zu einfacheren Risikotransferlösungen, aber auch zu komplexen Finanzlösungen. Der weltweit größte Rückversicherer hat sich dafür vor allem „Innovationen“ auf die Fahnen geschrieben, wie er gestern während des „59. Rendez-vous de Septembre“ in Monaco gegenüber Journalisten verlautbaren ließ. Das Motto lautet demnach „Veränderung als Antrieb – Risiko als Chance – Innovation als Antwort“.

„Innovation ist viel mehr als Digitalisierung. Nicht nur auf technologische Veränderungen, sondern auch auf wirtschaftliche und soziale Umbrüche müssen wir uns einlassen und damit verbundene Risiken versicherbar machen“, sagte Torsten Jeworrek (Foto: E. Bocquel), der als Vorstandsmitglied bei der Munich Re gestern die Munich-Re-Pressekonferenz in Monte Carlo eröffnete. „Daher stehen Innovationen bei uns ganz oben auf der Agenda“, ergänzte er und betonte, dass die Digitalisierung von Produktions-Prozessen oder in Verkehr und Logistik sowie Big Data weltweit Gesellschaft und Wirtschaft verändern. Diese Umbrüche würden auch die Risikolandschaft und die Geschäftsmodelle von Versicherern beeinflussen. Die Munich Re gestaltet laut Jeworrek diese Veränderungen mit innovativen Versicherungslösungen, erweiterten Services und neuen Geschäftsansätzen aktiv mit.

Die Munich Re hatte bereits in den vergangenen Jahren im Bereich Risk Solutions das Know-how-getriebene Geschäft deutlich ausgebaut. „Mit über 4 Milliarden Euro Prämie und einer guten Schaden-Kosten-Quote ist dieses Geschäft längst eine stabile Ertragssäule.“ Jetzt konzentriere sich der Konzern in hohem Maß darauf, gemeinsam mit Kunden und Kooperationspartnern neue oder veränderte Risiken zu analysieren und maßgeschneiderte Versicherungslösungen zu entwickeln.

Thomas Blunck (Foto: E. Bocquel), Mitglied des Munich-Re-Vorstands, sagte gestern im Gespräch mit Journalisten im Fürstentum an der Côte d‘Azur: „Unser Umfeld verändert sich rapide. Wir setzen auf Partner und Kooperationsmodelle, die unsere Expertise ergänzen.“ Bei Deckungen für Cyberrisiken sei zum Beispiel die Zusammenarbeit mit großen IT-Anbietern wichtig. „Mit unseren Produkten gehen wir oft neue Wege, etwa wenn wir Betriebsunterbrechungen ohne vorhergehenden Sachschaden versichern. Solche Lösungen, die die Grenzen der Versicherbarkeit erweitern, wollen wir noch häufiger und schneller entwickeln“, so Blunck. 2014 erzielte die Munich Re Bluncks Angaben zufolge mit innovativen Produkten bereits Prämien von rund 400 Millionen Euro. Blunck betonte: „Dieses Geschäft werden wir weiter ausbauen“, betonte Blunck.

Zum traditionellen Rückversicherungsgeschäft erklärte Jeworrek: „Unsere Kapazität, unsere Expertise und unser individueller Service sind gefragt. Gleichzeitig betreiben wir weiterhin aktives Zyklusmanagement und setzen unsere Kapazität nur dort ein, wo wir angemessene Preise und Bedingungen erzielen können.“ Die Munich Re positioniere sich außerdem als führender Entwickler von (Rück-)Versicherungs-Produkten für neue und sich verändernde Risiken - in einer digitalen Welt.

Als zentrale Schlussfolgerung fasste der Munich-Re-Manager zusammen: Das Marktumfeld für die globale Rückversicherung bleibt weiterhin eine große Herausforderung. Bei der Munich Re stelle man sich auf neue (Rück-)Versicherungsbedarfe ein – sowohl beim traditionellen Geschäft, als auch bei veränderten Kundenverhalten. Torsten Jeworrek, nach dessen Auffassung der sogenannte Weichmarkt im Rückversicherungsgeschäft vermutlich bis auf weiteres andauere, erklärte, dass die Munich Re strategisch hervorragend aufgestellt sei.

Innovationen werde die Munich Re im Rück- aber auch Erst-Versicherungsgeschäft deutlich vorantreiben. Dabei setze man auch auf Kooperationen – nicht nur aus der Branche, sondern auch auf dem technologischen Sektor, um den zukünftigen Nachfragen standhalten zu können.

Hannover Re: Rückversicherungskapazitäten sind höher als die Nachfrage
Rückversicherer erwarten weniger Prämienabrieb und weitgehende Stabilisierung der Raten

Das Angebot an Rückversicherungskapazitäten ist höher als die Nachfrage. „Vor allem die anziehende Konjunktur in den USA – im weltweit größten Rückversicherungsmarkt – setzt positive Signale für die Prämiengestaltung in den entwickelten Märkten“, sagte der Hannover-Re-Chef Ullrich Wallin im Gespräch mit Journalisten am Morgen in Monte Carlo. Gleichwohl werde die Hannover Rück (www.hannoverre.com), die Nummer 4 im Rückversicherungsmarkt, unverändert an ihrer selektiven Zeichnungspolitik festhalten. Der Fokus liege dabei auf Verträgen, die „nach unserer Beurteilung ein ausreichendes Preisniveau“ erzielen. Der Diskussion mit der internationalen Presse stellten sich die Hannover-Re-Vorstandsmitglieder - im Foto v.l.n.r. - Michael Pickel (Bereich Target Markets Nordamerika und Continentaleuropa), Ulrich Wallin (Vorstandsvorsitzender), Jürgen Gräber (Global Reinsurance, Coordination der weltweiten P&C Reinsurance) und Sven Althoff (Specialty Lines).

Für die Vertragserneuerungsrunde zum 1. Januar erwartet Wallin, dass die Rahmenbedingungen weitegehend so bestehen bleiben. Immer unter der Prämisse, dass größere Schadenereignisse und Naturkatastrophen ausbleiben. Deshalb gehe man zudem davon aus, dass sich die Rückversicherungspreise teilweise stabilisieren. Lediglich in wenigen Sparten und Märkten sei Raum für Ratenerhöhungen gegeben.

Gute Wachstums-Chancen sieht man bei der Hannover Rück vor allem in den asiatischen und lateinamerikanischen Märkten – und hier vor allem im Bereich der landwirtschaftlichen Risiken. Eine sich stetig verändernde Risikolandschaft erfordere die Entwicklung neuer Produkte für Rück- und Erstversicherer. Das sehe übrigens die gesamte Branche ebenso. Die fortschreitende Digitalisierung erzeuge zudem ein höheres Gefahrenpotenzial – ebenso wie Cyber-Risiken und ausreichende Absicherung der zunehmenden Wetterextreme.

Seitwärtsbewegung der Raten
Michael Pickel berichtete, dass sich die Raten in Nordamerika inzwischen seitwärts bewegen. Ein gewisser Druck sei hier im Sach- und im geringen Umfang im Haftpflichtgeschäft zu spüren. Man gehe von einem Prämienabrieb im nicht-proportionalen Rückversicherungsgeschäft aus. Die Hannover Rück rechne aber damit, dass sich die langjährig gewachsenen Kundenbeziehungen gehalten werden können. Für das Deutschland-Geschäft geht die Hannover Rück für die Erneuerungsrunde von insgesamt stabilen Raten aus. Und mit Blick auf Zentral- und Osteuropa und die herrschenden politischen Spannungen sowie die Nachwirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sei weiterhin mit erhöhter Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Rückversicherungslösungen zu rechnen, der die Hannover Re gewachsen sei.

Schaden-Quoten in Kredit- und Kautionsversicherung überwiegend stabil
In den Bereichen Luftfahrt und Transport, für die Hannover-Re-Vorstandsmitglied Sven Althoff verantwortlich zeichnet, werde sich die „Weichmarktphase“ fortsetzen. „In der Kredit- und Kautionsversicherung bleiben die Schaden-Quoten überwiegend stabil – auf gutem Niveau“, sagte Althoff. Auch hier würden die Preise stabil bleiben oder nur moderat unter Druck geraten.

Im Naturkatastrophengeschäft erwartet die Hannover Rück nach den Angaben von Vorstandsmitglied Jürgen Gräber in den USA keine weiteren Preisreduzierungen. Ein weiterer Prämienabrieb werde vom Markt kaum akzeptiert. Hingegen werde man in diesem Bereich vermutlich in den europäischen Rückversicherungsmärkten auch im kommenden Jahr mit Ratenreduzierungen konfrontiert. Dagegen sei in Japan kein weiterer Preisabrieb aus risikotechnischer Sicht möglich. Einen stabilisierenden Einfluss auf die Raten hätten im Übrigen die Ungewissheiten in der längst noch nicht abgeschlossenen Schadenabwicklung aus den Erdbeben in Neuseeland der Jahre 2010/2011 für die Raten in Neuseeland und Australien.

Hannover Re schraubt Erwartungen für Geschäftsjahr 2015 nach oben
Das weltweite Vertragsgeschäft entwickelt sich – so Ulrich Wallin – je nach Markt und Region unterschiedlich. Aufgrund der guten Entwicklung habe man bei der Hannover Rück die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr nach oben angepasst. Es sei von einem Wachstum des Brutto-Prämienvolumens innerhalb des Hannover-Re-Konzerns von 5 bis 10 Prozent auszugehen. Wenn nicht größere Schadenereignisse und Klimakatastrohen den Erwartungswert von 690 Millionen Euro überschreite, rechnet der Hannover-Re-Chef mit einem Netto-Konzerngewinn in der Größenordnung von 950 Millionen Euro. (eb-db / www.bocquel-news.de)

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