logo
logo

Produkte und Profile

Pflegezusatzversicherung - wie wichtig ist sie wirklich

10. August 2023 - Die Babyboomer gehen in Rente. Viele werden pflegebedürftig. Das setzt das deutsche Sozialsystem zunehmend unter Druck. An einer Pflegezusatzversicherung kommt deshalb wohl niemand mehr vorbei, sagt Stefan Reker, Geschäftsführer beim Verband Private Krankenversicherung (PKV) im Interview mit Unternehmensberater Christian Buchholz.

Das Bewusstsein insbesondere bei den jüngeren ist nicht besonders groß auf das Pflegethema gerichtet – oder gar nicht vorhanden. Allerdings reicht bei vielen Menschen der Lohn / das Gehalt für eine Pflegezusatzversicherung oder gar die Rente kaum dafür kaum aus.

Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache: Jeder dritte Mensch über 80 Jahre wird zum Pflegefall. Und weil die Lebenserwartung in Deutschland weiter steigt, ist die Gefahr für Menschen, selbst in der Pflegebedürftigkeit zu landen, nicht zu unterschätzen. „Das kann dann schnell hohe fünfstellige Summen verschlingen – je nachdem wie lange jemand gepflegt werden muss“, warnt Stefan Reker, Geschäftsführer beim Verband der PKV Privaten Krankenversicherung (www.pkv.de).

Insbesondere bei jungen Menschen sei das Bewusstsein für das Pflegethema oft nicht besonders groß oder gar nicht vorhanden. Dabei könnten sie schon mit kleineren Beträgen für eine private Pflegezusatzversicherung für den Ernstfall vorsorgen. Für Stefan Reker ist deshalb die betriebliche Pflegezusatzversicherung „eine sehr gute Möglichkeit, das Thema bei jungen Menschen zu platzieren, weil dann der Arbeitgeber die Entscheidung für eine Pflegezusatzversicherung trifft“.

Musterbeispiel für Arbeitgebende
Eine Branche geht in puncto betriebliche Pflegezusatzversicherung bereits mit gutem Beispiel voran. So wurde zum 1. Juli 2021 im Tarifvertrag festgeschrieben, dass die Arbeitgeber für über 400.000 Tarifbeschäftigte der chemisch-pharmazeutischen Industrie die Beiträge in die Pflegezusatzversicherung zahlen (siehe bocquel-news 7. Oktober 2019 Vom Chef finanzierte Pflegezusatzversicherung?).

Wenig bekannt ist, dass dadurch sogar die Gesundheitsprüfung entfällt. Zudem kann die Versicherung privat aufgestockt sowie auch auf Familienangehörige ausgeweitet werden. Tritt der Pflegefall tatsächlich ein, deckt die Versicherung bei stationärer Pflege bis zu 1.000 Euro ab, bei ambulanter Pflege bis zu 300 Euro.

Stefan Reker wünscht sich, dass dieses Beispiel Schule macht. Bislang gebe es aber noch zu wenige Unternehmen, die eine Pflegezusatzversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abschließen. Und solange das so sei, müssten die Beschäftigten eben privat vorsorgen. Denn: „Die gesetzliche Pflegeversicherung ist und wird immer nur eine Teilkaskoversicherung sein. Ohne eine Pflegezusatzversicherung muss man im Pflegefall einen relativ hohen Eigenanteil zahlen, der im Bundesdurchschnitt pro Monat bei etwa 2.500 Euro liegt“, so der PKV-Geschäftsführer.

Eine stattliche Summe. Allerdings: Bei vielen Menschen reicht die Rente dafür überhaupt nicht aus. „Wenn beispielsweise ein Ehepartner zum Pflegefall wird und der andere parallel noch die Miete für eine Wohnung weiterbezahlen muss, kann es schnell zu Liquiditätsengpässen kommen“, so der PKV-Geschäftsführer. Dann drohe ein Abrutschen in die Sozialhilfe; im Zweifel würden sogar die eigenen Kinder in Regress genommen.

Ohne Private Vorsorge geht es nicht
Apropos Kinder: Die beschäftigen sich mit dem Thema Pflegezusatzversicherung meistens erst, wenn ein Elternteil wirklich zum Pflegefall wird. Doch je später man mit einer Pflegezusatzversicherung beginnt, desto höher ist der Beitrag, betont Reker.

Konkret: Wenn 35-Jährige sich für den Pflegefall zu 100 Prozent absichern wollen, kostet sie das ab 56 Euro im Monat über ein normales Pflegezusatzprodukt ohne staatliche Förderung. Bei einem Vertragsbeginn mit 45 Jahren kostet derselbe Schutz dann schon 84 Euro. Wenn man nur eine 50-prozentige Absicherung des Eigenanteils anstrebt, wird es entsprechend günstiger.

Stefan Reker: „Die Marktanalysten empfehlen für Menschen mit einer guten Altersvorsorge, dass schon die 50-Prozent-Absicherung ausreicht, um im Pflegefall halbwegs sorgenfrei alle Kosten zahlen zu können.“

Wenig Interesse an Pflegezusatzversicherung
Trotz der Fakten hat sich das Wachstum bei den Pflegeversicherungen in den vergangenen Jahren deutlich abgeflacht, aktuell stagniert die Nachfrage. Die ungeförderten Pflegezusatzversicherungen sind 2022 nur noch um 0,5 Prozent gestiegen, was einem Plus von 15.000 neuen auf insgesamt 3,2 Millionen Versicherungen entspricht. Bei der privaten Pflegevorsorge mit staatlichem Zuschuss, dem sogenannten Pflege-Bahr, sind die Abschlüsse sogar um 0,8 Prozent zurückgegangen. Das entspricht einem Minus von 7.300 Versicherungen auf knapp 910.000.

Woran das liegt? „Es ist offenkundig, dass es einen Zusammenhang mit der politischen Debatte gibt. Das zeigen die Zahlen aus der Vergangenheit“, so Reker. Er blickt gut zehn Jahre zurück: „Bevor der Pflege-Bahr 2013 eingeführt wurde, gab es politische Debatten, die den Menschen vor Augen führten, dass für das Pflegerisiko eine zusätzliche private Vorsorge angeraten ist.“ Das Problembewusstsein, dass es eine private Vorsorge brauche, sei damals durch die politische Debatte stark gewachsen. Die Anbieter verzeichneten dadurch in den folgenden sieben Jahren einen Anstieg um 72 Prozent bei den ungeförderten und geförderten Pflegezusatzversicherungen.

Dringend notwendige Debatte um die Pflegezusatzversicherung
Aktuell würden sich die Politikerinnen und Politiker jedoch der durch den demografischen Wandel dringend notwendig gewordenen Debatte um die Pflegezusatzversicherung entziehen, weil sie laut Reker nicht als Überbringer schlechter Nachrichten wahrgenommen werden wollen. Stattdessen hätten zuletzt die Große Koalition und die aktuell regierende Ampel-Koalition den Eindruck erweckt, der Staat würde immer stärker die Leistungen aufstocken, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger keine Sorgen machen müssten. „So erzeugt man eine Sicherheitsillusion. Das entspricht an der Schwelle zu einer demografischen Krise aber nicht der Verantwortung, die wir jetzt haben“, stellt Reker klar.

Studie „Absicherung im Pflegefall“
Die unabhängige Ratingagentur Assekurata hat im Mai 2023 die Studie „Absicherung im Pflegefall. Mit der Pflegezusatzversicherung zur Pflegevollversicherung“ veröffentlicht (siehe bocquel-news 16. Mai 2023 Private Absicherung des Pflegerisikos mit Lücken).

Demnach kann eine Person im Alter von 25 Jahren bereits zu einem Monatsbeitrag ab 37 Euro eine Pflegetagegeldversicherung abschließen, die ihre derzeitige durchschnittliche Pflegelücke von 2.400 Euro bei stationärer Pflege komplett schließt. Im Alter von 55 Jahren ist dieses Absicherungsniveau noch für 132 Euro pro Monat zu bekommen.

Die Höhe der Pflegelücke schwankt von Bundesland zu Bundesland zum Teil erheblich. Sie liegt etwa in Sachsen bei durchschnittlich 1.868 Euro, im Saarland bei 2.847 Euro. Bei ambulanter Fachpflege beträgt sie nach Berechnungen der Studienherausgeber im Bundesdurchschnitt je nach Pflegegrad zwischen 375 und 2.100 Euro.

Der Experte Christian Buchholz
Der Autor Christian Buchholz, der das Interview mit Stefan Reker führte, ist, wenn es um die Themen Innovation, Führung und Change geht, ein absoluter Experte. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er als Management-Trainer, Speaker und Unternehmensberater. (-el / www.bocquel-news.de)

zurück

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.