logo
logo

Konzepte und Kriterien

Mit der Deutschland-Rente vom Regen in die Traufe

10. März 2016 - Kann die „Deutschland-Rente“ das selbstgesteckte Ziel – zukünftige Altersarmut zu verhindern, erreichen? Der Gesamtverband der Deutschen Versicherer sagt ganz klar: Mit der Deutschland-Rente kann man die Rentenlücke nicht verlässlich schließen. Und Staatsfonds bringen neue Risiken für die Altersvorsorge.

Die Diskussion um die Deutschland-Rente Co. entwickelt sich zu einer never ending Story. Die Branche lamentiert: Die staatliche Rente reicht nicht. Um den Lebensstandard im Alter abzusichern und die drohende Rentenlücke zu schließen, braucht die private Altersvorsorge neue Impulse. „Die Einrichtung von staatlichen Fondsmodellen – beispielsweise der ‚Deutschland-Rente‘ – wäre allerdings keine Lösung, sondern würde im Gegenteil neue Risiken schaffen“, heißt es dazu beim GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherer (www.gdv.de).

Der Branchenverband berichtet, dass aktuell verschiedene Reformvorschläge für die private Altersvorsorge kursieren, die im Kern auf die Schaffung eines staatlich verwalteten Sparfonds hinauslaufen. Ein aktuell stark diskutiertes Modell sei da die „Deutschland-Rente“.

Je nach Konzept sollen Arbeitnehmer beziehungsweise alle Bürger verpflichtend in diese Fonds einzahlen – wenn sie nicht ausdrücklich widersprechen. Von dieser Regelung versprechen sich die Initiatoren eine stärkere Verbreitung der privaten Altersvorsorge bei gleichzeitig geringeren Kosten.

Beitrag zur Armutsvermeidung zweifelhaft
Ob die „Deutschland-Rente“ das selbstgesteckte Ziel – zukünftige Altersarmut zu verhindern – erreichen kann, ist nach GDV-Auffassung fraglich. Dazu würde es nicht ausreichen, nur mehr Menschen für die Altersvorsorge zu gewinnen. Es müssten vor allem Geringverdiener, Langzeitarbeitslose, Solo-Selbstständige und Nicht-Berufstätige erreicht werden. Die „Deutschland-Rente“ wendet sich aber den Angaben zufolge in erster Linie an Arbeitnehmer mit stabilen Beschäftigungsverhältnissen. Ihre Vorsorgebeiträge würden vom Arbeitgeber an den Fonds überwiesen.

Auch ein Staatsfonds verursacht Kosten
Auch die behaupteten Kostenvorteile der „Deutschland-Rente“ sind laut GDV realitätsfern. Die häufig zitierten Vorbilder wie der norwegische Staatsfonds oder der schwedische Auffangfonds AP7 hätten demnach Kostenvorteile auf Grund ihrer Größe. Und diese Größe würden sie letztlich dem Umstand verdanken, dass sie Teil der obligatorischen Alterssicherung sind beziehungsweise in den norwegischen Fonds vom Staat jahrzehntelang Milliardensummen aus dem Erdölgeschäft eingezahlt wurden. Bei einem staatlichen Fondssparmodell, das sich im echten Wettbewerb um die Sparer behaupten muss, könnten keine Kostenvorteile erwartet werden.

Positive Wertentwicklung des Staatsfonds sicher?
Vor allem aber würde sich die Frage stellen, welche Vorteile die Staatsfonds eigentlich den Sparern bieten. Da die „Deutschland-Rente“ nach dem Willen ihrer Erfinder ohne formale Garantien an den Start geht, müssten sich Sparer auf eine positive Wertentwicklung des Staatsfonds verlassen.

Was passiert bei ungünstigem Kapitalmarktverlauf?
Beim GDV gibt man zu bedenken, dass den Sparern bei einem ungünstigen Kapitalmarktverlauf zu Rentenbeginn möglicherweise weniger Kapital zur Verfügung stehe, als sie während ihres Arbeitslebens eingezahlt haben. Offen sei zudem, auf welche Weise – wenn überhaupt – der Staatsfonds die Zahlung einer lebenslangen Rente aus dem angesparten Kapital garantieren wolle. „Das Konzept schweigt sich über diesen Punkt ebenso aus, wie über die Frage, ob weitere Lebensrisiken wie beispielsweise das Invaliditätsrisiko abgesichert werden sollen“, lautet die Kritik des GDV.

Sparer tragen doppeltes Risiko
Wie die Experten anmerken, tragen Sparer bei einem Staatsfonds nicht nur das volle Kapitalmarktrisiko, sondern laufen auch Gefahr, dass ihre für die Altersvorsorge eingeplanten Ersparnisse vom Staat zweckentfremdet werden. „Genau dies ist ausgerechnet beim norwegischen Staatsfonds geschehen, der von den Befürwortern der Fondsmodelle oft als Positivbeispiel herangezogen wird“, teilt der GDV mit.

Norwegen begeht Tabubruch – nicht als Vorbild geeignet
Eigentlich dürfte der norwegische Staat nur 4 Prozent des Fonds pro Jahr für den allgemeinen Haushalt verwenden; dies würde der erwarteten langfristigen realen Ertragsrate des Fonds entsprechen. In den vergangenen Monaten hat der Fonds aber deutlich an Wert verloren. Zudem macht es der Verfall des Ölpreises schwieriger, den Fonds zu dotieren. Dennoch entnahm das norwegische Finanzministerium im Januar gut 710 Millionen Euro aus dem Fonds zur Haushaltsfinanzierung – ein Tabubruch. Als Vorbild für eine Deutschland-Rente auch nicht wirklich gut geeignet.

Auch der AGV Arbeitgeberverband der Versicherer (www.agv-vers.de) kritisiert die Idee einer Deutschland-Rente. Hier würden Bürger in ein System geleitet, “das langfristig genauso unsicher ist wie die heutige gesetzliche Rente”, heißt es in einer Stellungnahme. Der AGV nennt Irland und Spanien als abschreckende Beispiele für staatliche Pensionsfonds, die Basis einer solchen Rente sind.

Staatlicher Pensionsfonds in Irland in der Finanzkrise zweckentfremdet
Der irische staatliche Pensionsfonds, der zunächst vielversprechend und transparent agierte, wurde nach Beginn der Finanzkrise aufgespalten und zur Rekapitalisierung der strauchelnden Banken zweckentfremdet. Er hatte nicht nur starke Wertberichtigungen hinzunehmen, sondern wurde umbenannt, wobei auch die Zweckbindung an die Altersversorgung komplett aufgegeben wurde. In Spanien hat sich laut AGV im Zuge der Finanzkrise die Anlagepolitik des Fonds einseitig auf spanische Staatsanleihen ausgerichtet. (-el / www.bocquel-news.de)

(-el / www.bocquel-news.de)

zurück

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.