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Konzepte und Kriterien

Makler muss für Millionen-Schaden haften

23. November 2021 - Das Landgericht Hamburg hat jetzt zum Ernstfall der privaten Maklerhaftung in Millionenhöhe ein Urteil gefällt (Az. 413 KHO 27/20): Ein Versicherungsmakler war während einer laufenden Betreuung seiner Beratungsverpflichtung für seinen Kunden nicht nachgekommen; außerdem hatte er das Risiko nicht versichert.

Zur Haftung in Millionenhöhe konnte es nur kommen, weil der Versicherungsmakler während einer laufenden Betreuung seiner Beratungsverpflichtung seinem Kunden gegenüber nicht nachkam und das Risiko auch nicht versicherte. „Zur Verhinderung dieses Worstcase-Szenarios ist die Kenntnis der Anforderungen an die Maklerpflichten von enormer Wichtigkeit“, sagte Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke nach der Urteilsverkündung des Landgerichts Hamburg.

Der Sachverhalt vor dem LG Hamburg stellte sich so dar: Eine Versicherungsnehmerin klagte „ihren“ Versicherungsmakler an, weil dieser seine Pflichten aus dem Maklervertrag nicht korrekt erfüllt hatte. Die Klägerin betreibt seit 1990 ein Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO) und übernimmt Werk- und Objektsschutz. Im Rahmen ihrer Tätigkeit übernahm sie die Sicherung- und Überwachung von Flutschutztoren.

Neue Überwachungsverträge
Die Klägerin zeigte dem Makler bereits am 10. November 2016 an, dass sie neue Überwachungsverträge annehmen wollte. Ausdrücklich benannte sie hierbei den Tätigkeitsschwerpunkt im Flutschutz. Für diesen Bereich gab es jedoch im aktuellen Versicherungskonzept der Betriebshaftpflichtversicherung einen Ausschluss. Dieser Ausschluss war dem beklagten Versicherungsmakler auch bekannt, denn es wurde bereits ein Wechsel zu einer anderen Betriebshaftpflichtversicherung angedacht, bei welcher ein solcher Ausschluss nicht bestand. Doch dabei blieb es.

Erhebliche Schäden durch Hochwasser
Am 27. Dezember 2016 kam es dann zu erheblichen Schäden bei den Kunden der Klägerin, und zwar aufgrund eines Hochwassers. Der Risikoversicherer der Klägerin wies eine Deckung ab, weil Flutschäden nicht versichert waren. Dass diese Deckungsablehnung gerechtfertigt war, bestätigte sogar der BGH Bundesgerichtshof. Zunächst wurde versucht über die eigene Betriebshaftpflichtversicherung eine Deckung zu erlangen, da die Klägerin von ihren Kunden auf etwa 5 Millionen Euro Schadensersatz in Anspruch genommen wurde.

Die Klägerin klagte den Versicherungsmakler so dann an, weil dieser nach ihren Aussagen nicht ausreichend für Versicherungsschutz gesorgt hatte. Der Beklagte wendete ein, dass aufgrund der Tätigkeit der Klägerin nicht automatisch das Risiko des Flutschutzes mitzuversichern wäre, dies sei lebensfremd und unwirtschaftlich. Zudem beruft sich der beklagte Makler hilfsweise auf eine Begrenzung der Haftung aufgrund einer Klausel im Maklervertrag:

Danach haftet der Makler für Vermögensschäden nach den gesetzlichen Bestimmungen, - und die Gesamtleistung für Vermögensschäden ist auf einen Betrag von 2.500.000 Euro begrenzt. [..] Die vorstehenden Haftungsbegrenzungen gelten nicht für die Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens[..].

Das LG Hamburg gab der Klägerin jedoch Recht und verurteilte den Versicherungsmakler zur Schadensersatzzahlung in voller Höhe.

Die rechtliche Bewertung: Schlechterfüllung der Maklerpflicht
Streitwesentlich war die Frage, ob der Makler seine Beratungspflicht gegenüber der Kundin verletzt hatte. Der Makler muss den Kunden mit einem an das Risiko angepassten Versicherungsschutz versorgen, von sich aus das Risiko fortlaufend untersuchen und ungefragt über Anpassungsbedarf zu unterrichten (vgl. BGH vom 22. Mai1985 (Az.: IVa ZR 190/83). Das LG Hamburg musste untersuchen, ob diese Pflicht verletzt wurde, indem das Risiko „Flutschutz“ nicht versichert wurde. Das Versicherungsangebot des Versicherers enthielt jedoch die Möglichkeit dieses Risiko zu versichern.

Der Makler könnte also seine Verpflichtung zur hinreichenden Risikoanalyse verletzt haben. Die Klägerin unterhielt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits acht Überwachungsverträge und war somit erkennbar in diesem Bereich tätig. Ob diese Pflicht verletzt wurde, war im Ergebnis nicht wichtig, denn der Beklagte hätte diese Deckungslücke spätestens am 10. November 2016 aufgrund der Anzeige der Aufnahme einer Überwachungstätigkeit im Flutschutz erkennen müssen. So trifft den Makler eine Überwachungspflicht, er muss zudem auch dann tätig werden, wenn er über Veränderungen wie die Aufnahme neuer Risiken durch den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt wird.

Den Beweis, dass der Makler seiner Beratungspflicht nachgekommen ist, muss der Makler selbst erbringen. Der Beklagte konnte jedoch nicht beweisen, dass er keinen Anlass zur Beratung nach den erhaltenen Informationen über die Tätigkeit im Flutschutz gehabt hätte. Spätestens nachdem er Kenntnis über den neuen Überwachungsvertrag erlangt hatte, war der Makler in der Pflicht, passenden Versicherungsschutz zu besorgen.

Schadensersatz als Folge der Pflichtverletzung
Wenn der Makler seiner Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht nachkommt, dann sieht er sich einer privaten Haftung ausgesetzt. Die Haftung vollzieht sich nach dem Grundsatz der Quasideckung: Der Versicherungsnehmer ist so zu stellen, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten. Wenn das Risiko adäquat versichert worden wäre, dann hätte die Versicherung den Schaden in Höhe von 5 Millionen Euro übernommen. Somit muss jetzt der Makler für diese Summe aufkommen.

Haftungsbeschränkung im Maklervertrag wirksam?
Die verbleibende Frage war nun noch, ob die Haftungsbegrenzung aus dem Maklervertrag wirksam wa, um die Haftung des Versicherungsmaklers zu begrenzen. Die Haftungsbegrenzung aus Paragraph (§) 8 des Maklervertrages hielt jedoch einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen einer AGB-Kontrolle nicht stand, denn die Klausel widerspricht dem Klauselverbot des §§ 309 Nr. 7 lit. b), 310 BGB und ist damit unwirksam. Die Klausel wird damit in Gänze „aus dem Versicherungsmaklervertrag“ gestrichen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann nämlich eine Haftung für grob fahrlässige Pflichtverletzungen nicht beschränkt werden:

Rechtsanwalt Björn Thorben Reichow weiß: „Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen.“ Aus diesem Grund galt vorliegend auch die Haftungsbeschränkung aus dem Maklervertrag nicht.

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler
Für Versicherungsmakler stellt sich im Worstcase immer die Frage der eigenen Haftung. Es wird jedoch erst im Problemfall rechtlich überprüft, ob der Makler bei Vertragsschluss und während des Maklerverhältnisses seine Maklerpflichten hinreichend erfüllt hat. Dabei sollte er auf Signale des Kunden stets eingehen, denn der Makler muss auf mögliche Haftungsrisiken des Versicherungsnehmers reagieren und adäquaten Versicherungsschutz anbieten.

Wird von dem Kunden zudem ein Beratungsanlass gesetzt, so muss der Versicherungsmakler reagieren und im Zweifel entsprechenden Versicherungsschutz anbieten. Anderenfalls sollte der Versicherungsmakler zwingend den Kundenwunsch dokumentieren, sollte der Kunde dem Rat des Vermittlers nicht folgen. Nur so könnte sich der Vermittler im Zweifel ausreichend exkulpieren.

„Als ehemalige Versicherungsvermittler kennen wir die Bedürfnisse der Versicherungsvermittler gut“, heißt es in der Kanzlei Jöhnke & Reichow (https://joehnke-reichow.de/). Auch die Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow waren selbst Vermittler, bevor sie ihre Tätigkeit als Rechtsanwälte aufgenommen haben. Damit können die Rechtsanwälte und Fachanwälte eigenen Angaben zufolge nicht nur die Sorgen und Probleme der Vermittler an sich verstehen, sondern die Vermittler auch optimal vertreten. (-el / www.bocquel-news.de)

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