logo
logo

Konzepte und Kriterien

Lebensversicherer wollen alte Bestände abwickeln

18. April 2016 - Immer mehr Lebensversicherungsunternehmen erwägen, Bestände, bei denen kein Neugeschäft mehr stattfindet, zu verkaufen. In einem aktiven Run-Off-Management sehen sie zudem die Chance, zusätzliche Ertragspotenziale für Wachstum in zukunftsfähigeren Bereichen zu erschließen.

Nach der Studie „Run-Off-Perspektiven in der Lebensversicherung“, die die internationale Unternehmensberatung Willis Towers Watson (www.willistowerswatson.com) im Auftrag des Finanzdienstleisters FWU AG (www.fwugroup.com) durchgeführt hat, stehen zwei Drittel der befragten Lebensversicherer einem Run-Off von Portfolios positiv gegenüber. „Es ist bemerkenswert, dass ein großer Anteil von Marktteilnehmern im Run-Off auch Perspektiven sieht“, sagt FWU-Vorstandsmitglied Thomas Doyle. „Nach unserer Erfahrung suchen Versicherer zunehmend nach Partnern, mit denen sie die Abwicklung von geschlossenen Beständen aktiv gestalten können.“

Gründe für das Run-Off-Interesse

Versicherer wollen Garantie- und Fondsprodukte loswerden
Viele Versicherer rechnen bereits für ihr Unternehmen mit einer wachsenden Bedeutung von Run-Off-Lösungen, so das Ergebnis der Untersuchung. Dies gelte nicht mehr nur für ganze Gesellschaften, sondern insbesondere auch für einzelne Produktlinien, die unprofitabel sind und/oder beispielsweise ineffizient in der Verwaltung. Im Blick haben die Teilnehmer vor allem Bestände mit traditionellen Kapital- und Rentenversicherungen, Produkte mit staatlicher Förderung sowie fondsgebundene Lösungen.

Hitliste der Verkausangebote

Eingeschränkter Spielraum
„Dieser Trend zeigt deutlich, wie Solvency II, die Zinszusatzreserve und zu geringe Neugeschäftsvolumina die Unternehmen unter Druck setzen“, erklärt Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson in Deutschland. „Eine Verbesserung von Kapitalposition und Profitabilität sind die Gründe dafür, dass eine Abwicklung von Teilbeständen immer häufiger in Betracht gezogen wird. Allerdings befürchten einige der Teilnehmer regulatorische und bilanzielle Hürden bei der Übertragung von Teilbeständen.“ Klüttgens fügt hinzu, dass das Outsourcing von Dienstleistungen in der Versicherungsbranche mehrwertsteuertechnisch problematisch sei, was den Spielraum für die effiziente Verwaltung von Run-Off-Beständen einschränke.

Gründe für Run-Off-Entscheidungen
87 Prozent der befragten Versicherungsvorstände zählen die hohen Kapitalanforderungen zu den wichtigsten Treibern für das Schließen einzelner Produktlinien. Weitere Gründe sind die hohen Garantien (80 Prozent), zu geringe Produktprofitabilität (74 Prozent) sowie zu kleine Portfolios (61 Prozent).

Die häufigsten Gegenargumente
Allerdings sehen die Teilnehmer auch Hürden bei der Umsetzung von Run-Off- Transfers. Insbesondere der Vertrieb, so sehen es 73 Prozent der Vorstände, spricht oft gegen die Einstellung einer Produktlinie, da eine vollständige Produktpalette ein wichtiges Vertriebsargument ist. In diesem Zusammenhang glaubt die Mehrheit der Gesellschaften auch, dass die Entscheidung für eine Abwicklung häufig zu spät getroffen wird. „Wir sehen hier, dass die Entscheidung weniger vom technisch oder finanziell Machbaren abhängt, sondern eher von äußeren Faktoren getrieben ist, insbesondere durch den Vertrieb“, so Doyle. „Mit dem richtigen Käufer oder Abwicklungspartner scheint es für die Versicherer weniger problematisch zu sein, einen (Teil-)Bestand in den Run-Off zu führen.“

Keine klaren Favoriten
Transfers einzelner Bestände sind mit zahlreichen Partnern möglich. Neben den bekannten Run-Off-Plattformen stehen auch andere Erstversicherer sowie Rückversicherer, Private Equity-Investoren oder Finanzdienstleister zur Verfügung. Bei den Teilnehmern hat sich in dieser Frage noch kein klarer Favorit gezeigt, der als Partner für das Run-Off Management bevorzugt wird: So könnten sich 13 Prozent vorstellen, einen Run-Off-Bestand an einen deutschen Erstversicherer zu verkaufen, jeweils 12 Prozent an eine Run-Off-Plattform oder als Auslagerung an einen Dritten und 10 Prozent an einen Rückversicherer

Bevorzugte Run-Off-Partner

Erfahrung ist entscheidend
Jedoch haben 23 Prozent der Befragten schon einen Run-Off durchgeführt – davon hatte immerhin die Hälfte einen ausländischen Erstversicherer als Partner gewählt. „Entscheidend ist jedoch ein ganz anderes Kriterium“, so Doyle von der FWU AG. „Die Teilnehmer schauen vor allem auf die bisherige Erfahrung eines Anbieters: Der potenzielle Käufer muss über Erfahrungen in der Run-Off-Abwicklung, über finanzielle Stärke sowie exzellente IT- und Verwaltungsplattformen verfügen.“

„Versicherer sind heute gezwungen, über diese Art der Portfolio-Optimierung nachzudenken“, ergänzt Ulrich Wiesenewsky, Leiter der Studie bei Willis Towers Watson. „Es gibt in Deutschland und auf dem europäischen Markt zahlreiche Partner, die Bestände effizienter führen oder abwickeln können. Beim Versicherer selber setzt dies Kapital und Kapazitäten frei, die er auch im Sinne seiner Kunden besser einsetzen kann.“

Grafiken: Willis Towers Watson.

(hp / www.bocquel-news.de)

zurück

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.