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Konzepte und Kriterien

Knöllchen aus dem Ausland - was ist jetzt zu tun?

8. September 2016 - Nach der Rückkehr aus dem Ferien könnten jetzt für einige Urlauber unliebsame Souvenirs in den Briefkasten flattern: einen Bußgeldbescheid aus dem Ausland. Da bleiben viele Fragen offen: Muss die Strafe gezahlt werden? Wie läuft das Verfahren ab - wenn man nicht selbst gefahren ist? Kann man Einspruch erheben?

Aus den Augen, aus dem Sinn? Den Strafzettel für zu schnelles Fahren oder Falschparken (Foto: pixabay.com) zu ignorieren ist kein guter Rat. Bußgeldbescheide aus EU-Länder können seit 2010 auch in Deutschland vollstreckt werden und seit 2013 erleichtert eine EU Richtlinie ausländischen Behörden den Zugriff auf die Daten eines Fahrzeughalters. Die Summe auf den Knöllchen kann übrigens im Ausland sehr viel höher sein, als in Deutschland. Bei Summen unter 70 Euro versenden die Länder die Strafzettel selbst; geht es um mehr als 70 Euro, fordern die deutschen Behörden das Bußgeld ein. Ein Trost: Fahrverbote oder ein Führerscheinentzug aufgrund ausländischer Bescheide drohen deutschen Autofahrern im Heimatland jedoch nicht.

Strafzettel aus dem Ausland sollten ernst genommen werden, denn bei Nichtzahlung an die Behörde im Ausland wird das deutsche Bundesamt für Justiz auf jeden Fall tätig – unter einer Voraussetzung. „Das Bundesamt für Justiz vollstreckt einen Bußgeldbescheid nur dann, wenn er mit bestimmten Grundsätzen des deutschen Rechts übereinstimmt”, sagt Michaela Rassat, Juristin bei der D.A.S (www.das.de).

So gilt in Deutschland (außer bei Parkverstößen) in der Regel das Verschuldensprinzip also die Fahrerhaftung. Das bedeutet, dass nur derjenige zur Verantwortung gezogen wird, der auch hinter dem Steuer saß und gegen die Verkehrsvorschriften verstoßen hat. In den Niederlanden beispielsweise gilt dagegen die Halterhaftung. Das heißt, es haftet automatisch immer der Fahrzeughalter. Deswegen wird in Ländern mit Halterhaftung oftmals nur das Kennzeichen, nicht aber der verantwortliche Fahrer im Bild festgehalten. Erhält ein deutscher Autohalter also einen niederländischen Bescheid für das Überfahren einer roten Ampel, ohne zur Tatzeit selbst am Steuer gewesen zu sein, sollte er daher umgehend Einspruch erheben.

Wer gegen einen Strafbescheid vorgehen will, sollte sofort aktiv werden. Nichtzahlen kann zu einer Erhöhung der Sanktion und schlimmstenfalls sogar zu einer Haftstrafe führen. Einspruch muss immer bei der zuständigen Stelle erhoben werden, also im entsprechenden Land nach den dort üblichen Fristen. Das kann kompliziert sein: der Einspruch wird meist in der Landessprache gefordert – manchmal muss er auch persönlich vor Ort erfolgen. Wenn der Bescheid beim Bundesamt für Justiz vorliegt, wird es einfacher: dann gilt eine Frist von zwei Wochen. Neben der Halterhaftung können auch Formalien ein Grund sein, Einspruch zu erheben. So muss das ausländische Knöllchen auf Deutsch verfasst sein – ist das nicht der Fall, kann man dem Bescheid widersprechen. Will man Einspruch erheben, ist es ratsam einen Fachanwalt für Verkehrsrecht hinzuzuziehen. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt in diesen Fall die Anwaltskosten.

"Wenn der Einspruch Erfolg hat, bedeutet das oft, dass der Verstoß trotzdem in den Akten des Urlaubslandes festgehalten wird und bei einer erneuten Einreise Ärger machen kann", weiß die Juristin Michaela Rassat (Foto: Ergo). Hat die Verkehrssünde ein Fahrverbot zur Folge, wird dies zwar in Deutschland nicht umgesetzt, aber in dem jeweiligen Land muss der Betroffene damit rechnen, dass ihn die Behörden mit einem Fahrverbot belegen

Ist der Strafzettel gerechtfertigt, kann es sich lohnen, die Summe sofort zu bezahlen: in manchen Ländern wie Großbritannien, Spanien oder Italien gibt es bis zu 50 Prozent Rabatt auf die Geldstrafe, wenn sie innerhalb einer bestimmten Frist bezahlt wird. Andernfalls, zum Beispiel bei einem Strafzettel aus Italien, verdoppeln sich die Bußgelder, wenn die betroffene Person nach 60 Tagen noch nicht gezahlt hat.

Manchmal versuchen Inkassounternehmen aus dem jeweiligen Land das Geld einzutreiben und so die Vollstreckung zu übernehmen. Das ist laut deutschem Recht allerdings nur schwer durchsetzbar. Trotzdem bauen die Inkassounternehmer darauf, dass der Pkw-Fahrer das Bußgeld aus dem Ausland schuldbewusst begleicht - zusätzliche Inkassogebühren sollte man aber auf keinen Fall zahlen. Die ausländischen Inkassoeintreiber haben dazu hierzulande kein Recht – ein Rechtsanwalt kann in einem solchen Fall mit Rat und Tat beiseite stehen. (ml / www.bocquel-news.de)

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