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Kein Verbot und keine Offenlegung der Provision

2. Juli 2015 - Nach einem rund zweijährigen Verhandlungsprozess haben sich der Rat der EU-Mitgliedsstaaten, das Europa-Parlament und die EU-Kommission am Dienstagabend auf einen Kompromiss zur Neufassung der Versicherungsvermittlungsrichtlinie geeinigt. Danach wird es kein Provisionsverbot geben.

Das zunächst angedachte Provisionsverbot ist gekippt. Auch eine verpflichtende Offenlegung der Provisionen durch Versicherungsvermittler wird es nicht geben. Das sieht das neue IMD II/IDD (1) vor, das vom Europa-Parlament sowie den EU-Mitgliedsstaaten und die EURO-Kommission am Dienstagabend beschlossen. Die sogenannte Insurance Distribution Directive (IDD) – früher Insurance Mediation Directive II (IMD II) - ersetzt die erste Richtlinie zur Versicherungsvermittlung (IMD I). Gleichzeitig wird das Spektrum der Transparenzregeln erweitert. Die Finanzaufsicht BaFin (www.bafin.de) soll künftig überprüfen, ob Provisionen negativen Einfluss auf die Kunden hierzulande haben.

Neuer gesetzlicher Rahmen für den Verkauf von Versicherungen
Damit bildet die IMD II den neuen gesetzlichen Rahmen für den Verkauf von Versicherungen. Wenn die Betragszahlungen bestimmte Grenzwerte überschreiten, fallen darunter Produkte, die mögliche Schadensfälle absichern (beispielsweise Risikolebensversicherung und private Krankenversicherung), genauso wie Versicherungsverträge mit einem Anspar-Effekt, bei denen der Kunde in der Regel bei Vertragsende eine Rückzahlung erhält (gemeint sind sogenannte Versicherungsanlage-Produkte, wie die Kapital-Lebensversicherung). Die von der IMD II/IDD erfassten Produkte konkurrieren, gerade wenn es um Geldanlage geht, direkt mit den unter MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II) regulierten Investmentfonds-Produkten ohne Versicherungsmantel.

Unterschiedliche Perspektiven zu Regulierung und Verbraucherschutz innerhalb der Verhandlungsgruppe des Euro-Parlaments haben sich im Ergebnis niedergeschlagen. Die IMD II muss nach Inkrafttreten von den Mitgliedsländern innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Die Mitgliedsländer können bei dieser Mindestharmonisierung zur Ausgestaltung des Verbraucherschutzes weitergehen.

Das Ergebnis der Einigung kommentiert Sven Giegold, Schattenberichterstatter und finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europa-Parlament: "Mit dieser Entscheidung stärkt die EU die Rechte von Verbrauchern beim Kauf von Versicherungen. Versicherungen müssen zukünftig bereits bei der Gestaltung ihrer Produkte die Bedürfnisse der Kunden systematisch berücksichtigen. Der Etikettenschwindel bei Versicherungs-Produkten wird damit eingedämmt. Der Schutz der Versicherungskunden ist ein Fortschritt gegenüber der bisherigen EU-Richtlinie, geht deutlich über den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission hinaus.

Ein zentraler Punkt der Verhandlungen: Grundlegende Transparenz-Regeln, die für Investmentfonds und andere Anlage-Produkte unter MiFID II bereits EU-Gesetz sind, sollten auch für Kapital-Lebensversicherungen gelten. Produkte, die direkt miteinander im Wettbewerb stehen, brauchen faire und gleichmäßige Rahmenbedingungen.

Nach zähen Verhandlungen sind in der IMD II/IDD mit MiFID II vergleichbare Regeln an entscheidenden Stellen verankert. Das Europa-Parlament folgte dabei weitestgehend dem Rat der Mitgliedsstaaten. Vermittler können auch weiterhin Provisionen kassieren, jedoch dürfen solche Zahlungen keinen negativen Einfluss auf die Beratung haben.

Dieses Negativ-Kriterium erfasst ein breiteres Spektrum an möglichen negativen Einflüssen durch Provisionszahlungen, wie beispielsweise höhere Kosten für den Verbraucher oder anschließende Beratung mit geringer Qualität. Damit legt das neue Regelwerk die Messlatte in diesem Punkt für Service-Qualität höher als die MiFID II-Regulierung.

Negativen Einfluss der Provisionszahlungen auf Beratungsqualität eindämmen
Außerdem erhält die Europäische Kommission den Auftrag, durch einen sogenannten delegierten Rechtsakt Standards auszuarbeiten, wie negativer Einfluss der Provisionszahlungen auf die Beratungsqualität eingedämmt werden kann. Hier bewegen sich die neuen Regeln zur Versicherungsvermittlung im Gleichschritt mit den MiFID-Regeln. Auch bei der Offenlegung der Kosten eines Versicherungsprodukts gelang eine deutliche Annäherung an die MiFID II- Regeln. Alle Kosten und Gebühren, die mit dem Versicherungsprodukt zusammenhängen, müssen gegenüber dem Kunden offengelegt werden.

Trotz dieser Fortschritte bleibt das neue Regelwerk zur Versicherungsvermittlung aber hinter einer konsequenten Angleichung an MiFID II bei den Regeln zu Versicherungsanlageprodukten zurück. Der federführende Berichterstatter Werner Langen (EVP/CDU) ist diese Aufgabe nur halbherzig angegangen. Vor allem bei der Offenlegung von Provisionszahlungen fallen die neuen Regeln hinter MifID II zurück:

Lücken im Verbraucherschutz?
Zukünftig muss für diese Zahlungen nur die Art der Vergütung offengelegt werden, während Verkäufer von Investmentfonds auch die Summe der Provisionszahlung gegenüber dem Kunden ausweisen müssen. Die neuen Regeln sichern im Gegensatz zu MiFID II auch nicht das Anforderungsprofil des unabhängigen Beraters, zum Beispiel durch ein Provisionsverbot. Hier gibt es Lücken im Verbraucherschutz. Der deutsche Gesetzgeber ist nun gefordert, hier im Sinne der Verbraucher zu handeln.

Mehr Transparenz für Verbraucher bei Versicherungsgeschäften
Sven Giegold: „Trotz einiger deutlicher Lücken verbessert das neue Regelwerk den Verbraucherschutz gegenüber der spärlichen Vorgängerregeln aus IMD I und steigert die Transparenz für Verbraucher bei Versicherungsgeschäften. Das Europarlament wird voraussichtlich im September zur IMD II/IDD im Plenum abstimmen und damit seine endgültige Zustimmung zu den neuen Gesetzen für den Versicherungsvertrieb geben." (-el / www.bocquel-news.de)

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