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Konzepte und Kriterien

Kein Konsens zum Begriff des Honorarberaterberufs

7. März 2016 - Keinen Konsens fanden Teilnehmer des Honorarberater-Kongresses zu einheitlichen Sprachregeln und Leitlinien für die Honorarberatung, zu denen Staatssekretär Gerd Billen am Donnerstag in Hanau angeregt hatte. Brisante Themen forderten jedoch zum ehrlichen Interessensaustausch heraus.

Wie steht es hierzulande um die Honorarberatung? Die Honorarberatung – Kreuzfeuer der Kritik? Während des Honorarberater Kongresses vergangene Woche in Hanau ging es zunächst weniger um die Beratung, sondern eher um den Begriff und die Berufsbezeichnung: Honorarberater, Honorar-Anlageberater, Honorar-Finanzanlageberater, Honorarvermittler. Die Begriffsvielfalt bei honorarbasierter Finanzberatung und -vermittlung - für Laien kaum nachvollziehbar – kritisierte auch Gerd Billen (Foto: E. Bocquel), Staatssekretär für Verbraucherschutz im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), in seiner Keynote zum Kongress in Hanau. „Ich kenne keinen anderen Berufsstand, der die Art seiner Vergütung als Erstes im Namen trägt“. Und wer etwas erreichen und seine Anliegen dem Gesetzgeber deutlich machen wolle, müsse mit einer Zunge sprechen und sich nicht schon in den verschiedenen Berufsbezeichnungen verlieren. „Das hat in Berlin keine Chance.“

Gerd Billen sagte trotzdem zu, sich für die Förderung der Honorarberatung als Alternative zur Provisionsvergütung einzusetzen. Der Staatssekretär sieht die Honorarberatung auf einem möglichen Weg zur echten Alternative, wenn es um die Vergütung bei der Beratung zum Verkauf von Finanzdienstleistungen gehe.

Noch ein weiterer Punkt bereite ihm bei der Definition der Honorarberatung Probleme. Bei einer Beratung für ein bestimmtes Produkt, wofür Provision bezahlt wird, handele es sich eigentlich um Verkauf. Die Beratung müsse davon getrennt betrachtet werden. Hierzulande fehle es da aber am präzisen Verständnis. Ganz klar stecke die Vergütung einer Beratung (losgelöst vom Verkauf) „noch in den Kinderschuhen“.

Versicherungsberatung Thema im Finanz- und Verbraucherschutz-Ministerium
Staatssekretär Billen verwies auf ein Aktionsprogramm des Finanzressorts und des Verbraucherschutzes in seinem Ministerium, das derzeit intern für die weitere Regulierung des Finanzdienstleistungs-Vertriebs geplant werde. Ein wichtiger Tagesordnungspunkt sei hier die Versicherungsberatung. Allerdings sei nicht absehbar, wie weit man Beschlüssen dazu in dieser Legislaturperiode noch komme.

Insgesamt sah Gerd Billen die politischen Möglichkeiten jedoch begrenzt. Jetzt stehe erst einmal die Umsetzung der Versicherungsvertriebs-Richtlinie IDD in nationales Recht an (siehe Artikel in den bocquel-news Keine zwanzig Tage mehr und die IDD tritt in Kraft). Hier seien bereits wichtige Vorhaben für mehr Verbraucherschutz festgeschrieben worden.

Beim Honorarberater-Kongress in Hanau am Donnerstag war das Angebot an Workshops und Diskussionen groß. Insgesamt wurden jedoch weniger Besucher als im vergangenen Jahr registriert. Auch ließen sich weniger Versicherer blicken.

In einigen Diskussionsrunden und Workshops wurde darüber lamentiert, dass eigentlich das Honoraranlageberatungs-Gesetz der provisionsunabhängigen Beratung hierzulande den Weg ebnen und dafür auch einen rechtssicheren Rahmen bieten sollte. Das noch von der schwarz-gelben Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gesetz sieht den Angaben zufolge dazu zwei gesetzlich geschützte Berufsbezeichnungen vor:

  • Honorar-Anlageberater: deckt im Prinzip das ganze Anlagespektrum ab und unterliegt der Zulassung und Aufsicht durch die BaFin;
  • Honorar-Finanzanlagenberater: berät nur zu Investmentfonds und geschlossenen Investmentvermögen und ist auf Basis der Gewerbeordnung tätig.

Beiden Berufsbildern ist gemeinsam, dass die Beratung nur auf Honorarbasis stattfinden darf. Die Vergütung erfolgt ausschließlich für den Zeitaufwand und die erbrachte Beratungsleistung. Provisionen dürfen "echte" Honorarberater dagegen nicht annehmen. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich die Beratung ausschließlich an den Bedürfnissen der Ratsuchenden orientiert und nicht am Verkaufsinteresse.

Kunde ist überfordert
Begriffe wie „Honorar-Anlagenberater“ oder „Honorar-Immobiliendarlehens-Berater“ wurden nach Aussagen von Gerd Billen nicht gerade glücklich gewählt. Man treffe immer öfter auf sogenannte Finanzberater und –Finanzvermittler, die sich schlicht "Honorarvermittler" nennen. Diese Bezeichnung ist nach Billens Angaben gesetzlich nicht geschützt. Jeder, der mit dem Verkauf und/oder Empfehlungen von Finanzprodukten zu tun habe, könne sich so nennen. Der Kunde gehe in solch einem Fall jedoch oft davon aus, dass die zu zahlende Vergütung das Honorar sei. Kunden könnten hier nicht wirklich erkennen, dass sie nur die Beratung, nicht aber die Provision für ein Finanzdienstleistungsprodukt zahlen würden.

Honorarvermittler verdienen am Verkauf
Meistens bezeichnen Honorarvermittler ihre Vergütungen als Honorare und werben nicht selten mit provisionsfreien Tarifangeboten. Allerdings erhalten sie ihr "Honorar" erst beim Produktverkauf und unterscheiden sich damit nach gängiger Meinung ganz wesentlich vom Modell und Auftritt der Honorarberatung. Ein Insider sagte dazu: „Unter dem Strich kann eine Honorarvermittlung wesentlich teurer kommen als ein klassischer Produktverkauf auf Provisionsbasis."

Als Echo des einen oder anderen Arbeitskreises während des Honorarberater-Kongresses in Hanau wurde deutlich, dass einige Teilnehmer darin eine "Mogelpackung" sehen, die die beabsichtigte klare Abgrenzung von honorarbasierter und provisionsorientierter Finanzberatung konterkariert und dem Ruf der Honorarberatung Schaden zufüge.

Gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung?
Vor diesem Hintergrund wurde gefordert, die Berechnung von Honoraren ausschließlich auf die gesetzlich geschützten Berufsbezeichnungen zu beschränken. Die meisten Honorarvermittler sahen dies anders.

Viel positiven Zuspruch gab es andererseits für neue „Leitlinien für mehr Qualität in der Finanzberatung“. Der Kongress-Veranstalter, die Frankfurt Business Media – der F.A.Z. Verlag (www.frankfurt-bm.com), hatte den Codex aus der Feder von zwölf engagierten Fachleuten beim Kongress ausgelegt, was viele begrüßten. Zu den Kernpunkten Compliance, Kundenorientierung, Vergütung, Beratungsinhalt, Produktbeschaffung und berufliche Voraussetzungen hatten nicht nur Wissenschaftler und Rechtsgelehrt, sondern auch Praktiker aus den Unternehmen konkrete Vorgaben zusammengetragen, die allgemein begrüßt wurden, zumal diese Formulierungen qualitativ und engmaschiger weit über das bisher zur Verfügung gestellte Material hinaus ging.

Dennoch vergeblich forderten einige Kongress-Teilnehmer, sich auf feste Aussagen der Leitlinien zu einigen. Zu wenig Nachdruck gab es auch für die Forderung, mit einer Stimme gegenüber dem Gesetzgerber und den Kritikern zu sprechen. Viele sahen das als „vertane Chance“ an. Und ein Wortführer fand sich auch nicht.

Unter dem Motto „Gemeinsam
für mehr Qualität der Finanzberatung“ sprachen acht Experten während der ersten Podiumsdiskussion (im Bild v.l.n.r. Erich Paetz, Niels Nauhauser, Michael H. Heinz, Moderator Eric Czotscher sowie Norman Wirt, Ulf Niklas, Rainer Juretzek und Rolf Adam - Foto: E. Bocquel).

„Qualität und gute Finanzberatung können wir über das Gesetze nur eingeschränkt durchsetzen“, gab Dr. Erich Paetz vom Referat Finanzdienstleistungen im BMJV zu bedenken. Erstmals hat seinen Angaben zufolge eine Studie der Stiftung Warentest Mängel bei der Produktempfehlung festgestellt. Außerdem habe eine Stichprobe seines Referats vor zwei Jahren gezeigt, dass Honorarberater besser als andere Finanzdienstleister seien. Allerdings sei nur die Arbeit der Hälfte dieser Honorarberater insgesamt für gut befunden worden.

„Viel zu viele Fehlanreize“
Hier nutzte BVK-Präsident Michael H. Heinz die Gelegenheit, den Assekuranzen vorzuwerfen, dass sie für eine qualitative Beratung „viel zu viele Fehlanreize“ setzen würden. Er prangerte in diesem Zusammenhang die vielen Verkaufswettbewerbe und Incentivs der Versicherer an. Vorwürfe, mangelnder Beratungsqualität wollte er so nicht stehen lassen, denn bei 240.000 Versicherungs-Vermittlern in Deutschland, für deren Interessen er im BVK eintrete, seien 250 anerkannte Beschwerden pro Jahr beim Ombudsmann „so gut wie nichts“.

Da sollte man sich eher an die Berater am Bankschalter wenden, die ihre Position im Kundengespräch zu Koppelgeschäften ausnutzen. Auch verstehe er nicht die Geschäftsmentalität zu „schneller, höher, weiter“ der Strukturvertriebe, die dann auch noch von der Politik hofiert würde.

Noch keine Verbesserung zu erkennen
Was die Beratungsqualität angeht, klagte auch Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, dass „noch keine Verbesserung“ zu erkennen sei. Seiner Erfahrung nach stehe auch bei der Finanzberatung nicht immer das Kundeninteresse an erster Stelle. Für den Kunden sei kaum zu erkennen, welche Interessen der Berater verfolge. Nauhauser stellte die Frage in den Raum, weshalb man hierzulande nicht dem Beispiel anderer Länder folge, in denen das Provisionsverbot bereits erfolgreich verlaufe.

Strengere Gesetze und nicht so niedrige Qualifikationshürden wie in Deutschland könnten in Sachen Qualität Vieles bewirken. Die Leitlinien als Kodex seien gut und schön, aber nicht einklagbar. Deshalb sollten gesetzlich strengere Regeln installiert werden, damit „Falschberatung weh tut“.

In Bezug auf die Qualität der Beratung bekommen laut Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V., Verbraucherschützer nur Problemfälle zu sehen. Von „repräsentativ“ könne hier keine Rede sein. Wirth stellte fest, dass die Regulierung schon einige Verbesserungen der Beratungsqualität bewirkt habe. Beispielsweise habe sich die Dokumentationspflicht für Versicherungsnehmer und Vermittler gleichermaßen bewährt.

Schade um die Zeit
„Schade um die viele Zeit“, sagte der AfW-Vorstand mit Blick den Kodex der Fachleute und auf die zum Kongress vorgelegten Leitlinien. Sie seien zwar innovativ und weitgehender gefasst als bisher gesetzlich vorgeschrieben. Eventuell sollte man aber nicht hier, sondern bei der Qualifikation der Berater in den Verbraucherschutz-Organisationen ansetzen. Dafür bekam er in Hanau extra Applaus.

Vielleicht an vielen Stellen Verbesserungsbedarf sah Rainer Juretzek, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Finanzplanung. Es gebe aber genügend gute Produkte. Bei der Beratung müsse sie Kritik ansetzen. Dazu gehöre natürlich die Qualifikation. Er stelle sich die Frage, inwieweit der Verbraucher die Qualität honorieren möchte.

„In der Honorarberatung bekommen wir die Qualität an den Kunden“, war sich schließlich Ulf Niklas, Sprecher der Bundesinitiative der Honorarberater, sicher. Man müsse immer wiederholen, dass die Honorarberatung und damit auch der Honorarberater unabhängig seien.

 

 

 


Die Rahmenbedingungen für die Honorarberatung nehmen zwar Formen an, doch die Stellschrauben für Qualität, das Preis-Leistungs-Verhältnis und Marketing-Grundsätze müssen noch stärker angezogen werden. (-el / www.bocquel-news.de)

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