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Kaskoversicherung - Nach Unfall Polizei alarmieren?

6. September 2022 - Nach einem Unfall stellt sich für den Autofahrer die Frage, welche Maßnahmen er ergreifen muss, um den Unfallhergang rechtssicher abzuwickeln. Besteht eine Kaskoversicherung, so kann eine Anzeigepflicht vereinbart sein, die den Versicherungsschutz an das Verhalten anknüpft, alles zu tun was der Aufklärung dient.

Was ist nach einem Verkehrsunfall ohne Personenschaden, aber einem demolierten Auto zu tun? Was genau ist darunter zu verstehen, und wo ist die Schnittstelle zu einer strafbaren Fahrerflucht? Rechtsanwalt Björn Torben M. Jöhnke (https://joehnke-reichow.de/) zitiert hierzu ein Urteil des Landgericht Kassel, in dem deutlich wird, das keine generelle Pflicht zur Polizeialarmierung nach einem Unfall  besteht. Das wird im  Urteil des LG Kassel (https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/landgerichtsbezirk-kassel/) vom 24.8.2021 – AZ 5 O 37/21 deutlich.

Zum Sachverhalt vor dem LG Kassel: Der Kläger wollte Ansprüche aus einer Kfz-Vollkaskoversicherung gegenüber der beklagten Versicherung geltend machen. Am 2. Mai 2020 wurde der Versicherte nach seinen Angaben mit seinem BMW 650 i xDrive in ein Unfallereignis verwickelt. In den Versicherungs-bedingungen war folgende Anzeigepflicht normiert:

  • E.1.1.1 Sie sind verpflichtet, uns jedes Schadensereignis, das zu einer Leistung durch uns führen kann, innerhalb einer Woche anzuzeigen.
  • E.1.1.3 Sie müssen alles tun, was zur Aufklärung des Versicherungsfalls und des Umfangs
  • Sie dürfen den Unfallort nicht verlassen, ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und die dabei gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten (Unfallflucht). (…)“

Das beklagte Versicherungsunternehmen erfragte, nachdem der Versicherte den Unfall angezeigt hatte, Unterlagen die belegen sollen, ob die Polizei den Unfall aufgenommen hat. Der Versicherungsnehmer reichte nur ein Sachverständigengutachten ein, dass den Wiederbeschaffungswert auf 30.000 Euro bezifferte und den Restwert auf 16.100 Euro.

Der Versicherer lehnte sein Eintrittspflicht mit der Begründung ab, dass der Kläger seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen war.

Die rechtliche Wertung des LG Kassel
Das Gericht sah es demnach als erwiesen an, dass das Unfallereignis stattfand, einer polizeilichen Schadensaufnahme bedarf es hierzu nicht. Der Kläger konnte sich auf Zeugenaussagen berufen, die mit ihm am Unfallort zu gegen waren.

Wie Rechtsanwalt Björn Torben M. Jöhnke hervorhebt, war es strittig, ob der Versicherungsnehmer seiner Anzeigeverpflichtung nachkam. Sofern er dieser Pflicht nicht nachgekommen wäre, wäre der Versicherer gem. § 28 VVG von seiner Leistungspflicht frei geworden. Der Versicherungsnehmer darf nach der Klausel, den Unfallort nicht verlassen, ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und die dabei gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten (Unfallflucht).

Die Klausel knüpft an den Straftatbestand der Unfallflucht in § 142 StGB an. Nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB, muss ein Unfallbeteiligter eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet haben, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen über seine Person, sein Fahrzeug und der Art seiner Unfallbeteiligung zu treffen. Der Kläger hat 30 Minuten an der Unfallstelle bis zum Eintreffen des Pannennotdienstes gewartet. Diese Wartezeit war angemessen.

Es musste letztlich geklärt werden, ob der Versicherungsnehmer verpflichtet gewesen ist, vor Verlassen des Unfallortes die Polizei zu informieren. Hierfür musste die Versicherungsklausel ausgelegt werden, so wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer verstehen muss. Die Klausel muss ein Versicherungsnehmer, ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis, so verstehen, dass die Klausel an den Tatbestand des § 142 StGB anknüpft, denn die Strafnorm regelt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort.

Grundsätzliche Verpflichtung die Polizei zu rufen?
Laut Rechtanwalt Jöhnke deckt sich der Wortlaut der Klausel mit dem Inhalt der Strafnorm. Eine grundsätzliche Verpflichtung die Polizei zu rufen, wenn keine feststellungsbereiten Personen am Unfallort vorhanden sind, besteht nach § 142 StGB aber nicht.

Eine weitergehende Verpflichtung, als die die in § 142 StGB normiert ist, lässt sich der Klausel nicht entnehmen. Der Versicherungsnehmer musste damit die Polizei nicht alarmieren.

Fazit und Hinweis für die Praxis
Nach einem Verkehrsunfall wird das Verhalten der Unfallbeteiligten stets relevant. Häufig bestehen zwischen Versicherungsschutz und einer möglichen Strafbarkeit eine enge Verbindung. Um den vollen Versicherungsschutz beanspruchen zu können, empfiehlt es sich, rechtzeitig einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu konsultieren. (RA B. Torben Jöhnke / -el / www.bocquel-news.de)

 

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