logo

Konzepte und Kriterien

Ist Jahresgespräch beim Kunden Pflicht?

21. Dezember 2018 - Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen. Steht für Versicherungsvermittler jetzt das Jahresgespräch mit Kunden an? Aber wie umfangreich ist die Betreuungspflicht des Maklers überhaupt? Das Oberlandesgericht Hamburg befasste sich genau mit diesem Thema und kam jetzt auch zu einer Entscheidung.

Mit Urteil vom 27.09.2018 hat sich Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg (www.justiz.hamburg.de/oberlandesgericht) hat ein Urteil (Aktenzeichen: 1 U 2/18) zum Umfang der Betreuungspflicht des Versicherungsmaklers und einer etwaigen Pflicht zum Jahresgespräch erlassen.

Im Rechtstreit ging es darum, dass ein Versicherungsmakler seinen Kunden und Versicherungsnehmern eine Reisegepäckversicherung und eine Familien-Vielschutzversicherung mit einer Hausratversicherung von einem Versicherer beschafft hatte.

Auf Reisen wurde der Versicherungsnehmer dann Opfer eines Raubüberfalls in einem Ferienhaus. Der Versicherungsmakler sollte daraufhin für eine Unterversicherung haftbar gemacht werden.

Das Dilemma: Die abgeschlossene Reisegepäckversicherung sowie auch die Hausratsversicherung waren auf eine bestimmte Versicherungssumme beschränkt. Die Reisegepäckversicherung bezog sich zudem nicht auf Uhren und Schmucksachen aller Art. Bei abhandengekommenen Sachen war ferner nur der Zeitwert versichert (Neuanschaffungspreis abzüglich eines Betrags für Alter, Abnutzung und Gebrauch). Dementsprechend zahlte die Reisegepäckversicherung nur für das von den Versicherungsnehmern angegebene sogenannte Stehlgut ohne Uhren und Schmuck und nahm einen Abzug von 10 Prozent unter dem Gesichtspunkt „neu für alt“ vor.

Keine Haftung des Versicherungsmaklerunternehmens für Unterversicherung
Nach Ansicht der Richter am OLG Hamburg haftet der Versicherungsmakler allerdings nicht für den eingetretenen Schaden des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsmakler hat laut Urteilsspruch die Versicherungsnehmer bei Abschluss der oben genannten Versicherungen ausreichend beraten und war daher nicht für die Unterversicherung verantwortlich. Der beschränkte Umfang der Versicherungen ergab sich nämlich eindeutig aus den Versicherungsbedingungen. So waren Uhren und Schmucksteine aller Art eindeutig vereinbarungsgemäß nicht Gegenstand der Versicherungspolice.

Dauerbetreuungspflicht des Versicherungsmaklers während der Vertragslaufzeit
Die Richter befanden außerdem, dass der Versicherungsmakler auch nicht nach Abschluss der oben genannten Versicherungsverträge ihm obliegende Pflichten verletzt hat.

Es heißt, dass der Versicherungsmakler mit Abschluss des Versicherungsmaklervertrages zur anschließenden Dauerbetreuung der Interessen des Versicherungsnehmers verpflichtet ist; so muss er über Anpassung und Veränderung des Versicherungsschutzes während der gesamten Laufzeit der vermittelten Verträge umfassend beraten. Allerdings muss der Versicherungsmakler die Versicherungssituation des Versicherungsnehmers nicht ständig und die ganze Zeit beobachten und/oder optimieren. Vielmehr ist der Versicherungsmakler nur dann zum Tätigwerden verpflichtet, wenn für ihn ein konkreter Anlass erkennbar ist.

Bei den Verantwortlichkeiten deutlich differenzieren
Rechtsanwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow (www.joehnke-reichow.de) pflichtet in diesem Zusammenhang der Auffassung des OLG Hamburg bei, wonach zwischen der Sphäre des Versicherungsnehmers und der Sphäre des Versicherungsmaklers zu differenzieren ist. Reichow betont, dass seine kanzleit bereits seit vielen Jahren diese Auffassung vertritt (siehe Betreuungspflichten des Versicherungsmaklers).

Jens Reichow macht deutlich, dass der Versicherungsmakler nur tätig werden müsste, wenn sich in der Sphäre des Versicherungsnehmers Veränderungen ergeben (zum Beispiel Neuanschaffungen). Allerdings muss ihn der Versicherungsnehmer auch über solche Veränderungen informieren. Ergeben sich in der Sphäre des Versicherungsmaklers Veränderungen (zum Beispiel Änderung der Rechtslage), muss der Versicherungsmakler von sich aus tätig werden, denn der Versicherungsnehmer als Laie erkennt in diesem Fall seinen Beratungsbedarf wohl kaum.

Das OLG Hamburg betont in seiner Entscheidung nochmals ausdrücklich die Unterschiede zwischen den einzelnen Sphären und knüpft dabei auch an eine Entscheidung des OLG Frankfurt (www.ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/OLG-Frankfurt) vom 8. Juni 2016, Az: 4 U 223/15.

Das OLG Hamburg verneint vorliegend die Pflicht des Versicherungsmaklers, nach der Vermittlung von sich aus die bestehenden Versicherungen nochmals auf eine Unterdeckung zu überprüfen. Vielmehr hätten die Versicherungsnehmer bei einem Wunsch nach einer höheren Versicherungssumme und Einbeziehung von Uhren und Schmuck in den Versicherungsschutz der Reisegepäckversicherung den Versicherungsmakler informieren müssen.

Versicherungsmakler trifft keine Pflicht zum Jahresgespräch
Den Versicherungsmakler trifft also keine Pflicht zur ständigen Überprüfung, ob die bestehenden Versicherungen den Verhältnissen und Bedürfnissen des Versicherungsnehmers entsprechen. Er muss auch nicht mindestens jährlich prüfen, ob der Versicherungsschutz geändert werden muss. Zwar ist es nach einem gewissen zeitlichen Ablauf wahrscheinlich, dass sich die Umstände und der Absicherungsbedarf des Versicherungsnehmers geändert haben, aber ein Jahresgespräch oder eine noch häufigere Überprüfung nicht verpflichtend.

Unter dem Strich
Wie Jens Reichow erklärt, wird aus dem Urteil nochmals deutlich, dass der Versicherungsmakler nicht durch regelmäßiges Nachfragen beim Versicherungsnehmer (zum Beispiel durch ein Jahresgespräch) klären muss, ob sich Änderungen ergeben haben. Eine Betreuungspflicht besteht nur dann, wenn ein konkreter Anlass besteht. Das OLG Hamburg betont dabei insbesondere, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsmakler über in der Risikosphäre des Versicherungsnehmers begründeten Anpassungsbedarf informieren muss.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zum Thema „Vermittlerhaftung“ auf dem Vermittler-Kongress am 21. Februar 2019 in Hamburg referieren. Unter www.vermittler-kongress.de findet man weitere Informationen zur Agenda. (-ver / www.bocquel-news.de)

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Ist-Jahresgespräch-beim-Kunden-Pflicht.38181.php