26. Mai 2025
- Die im Jahr 2022 eingeführten Leistungszuschläge in der stationären Pflege sollten Pflegebedürftige finanziell entlasten und soziale Härten abfedern. Doch eine aktuelle Studie des IGES-Instituts im Auftrag des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt: Die Reform ist deutlich teurer als erwartet – und ihre Wirkung höchst fragwürdig.
Statt zielgerichteter Unterstützung für Bedürftige findet hierzulande eine milliardenschwere Umverteilung zugunsten vermögender Haushalte statt. Die Belastung tragen vor allem jüngere Beitragszahler und Menschen mit geringem Einkommen.
Ursprünglich hatte das Bundesgesundheitsministerium mit 2,5 Milliarden Euro jährlichen Kosten bis 2025 gerechnet. Tatsächlich lagen die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) bereits im ersten Jahr der Reform bei 3,6 Milliarden Euro, stiegen 2023 auf 6,4 Milliarden Euro – und könnten laut IGES bis Ende der aktuellen Legislaturperiode auf 9,4 Milliarden Euro jährlich anwachsen.
Entlastung mit falscher Zielrichtung
Laut Studie profitieren vor allem Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner, die über erhebliche finanzielle Rücklagen verfügen. Das Medianvermögen der 65- bis 74-Jährigen liegt bei über 200.000 Euro – genug, um die Eigenanteile an den Pflegekosten selbst tragen zu können. Die Zuschläge sorgen somit nicht vorrangig für soziale Gerechtigkeit, sondern für einen staatlich geförderten Vermögensschutz in besser gestellten Haushalten.
„Eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile ist weder zielführend noch tragfähig“, kritisiert Thomas Brahm, Vorsitzender des PKV-Verbands (www.pkv.de). „Sie belastet die Sozialkassen überproportional – insbesondere die jüngeren Generationen und ihre Arbeitgeber.“
Fehlanreize zulasten der Beitragszahler
Die IGES-Studie unterstreicht die verteilungspolitische Schieflage der Reform. Während Menschen mit niedrigen Einkommen über ihre Beiträge mitfinanzieren, erhalten vermögendere Haushalte eine teils unnötige Entlastung – ohne Bedürftigkeitsprüfung. Die Studienautoren warnen: Eine weitere Ausweitung der SPV-Leistungen, etwa durch Deckelung der Eigenanteile, würde diesen Trend noch verstärken und Erbschaften zusätzlich absichern – auf Kosten der Allgemeinheit.
Rückkehr zum Grundprinzip: Teilkostenversicherung
Der PKV-Verband mahnt daher eine Rückbesinnung auf das Grundprinzip der Pflegeversicherung an: Die SPV ist keine Vollkaskoversicherung, sondern als Teilkostenmodell konzipiert. Thomas Brahm fordert: „Die Bundesregierung muss die Eigenverantwortung stärken und die private Vorsorge ausbauen.“ Die Private Krankenversicherung könne mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in generationengerechter Pflegevorsorge wertvolle Beiträge zur notwendigen Reform leisten.
Die Leistungszuschläge im Überblick
Seit 2022 reduziert die gesetzliche Pflegeversicherung die pflegebedingten Eigenanteile in Pflegeheimen abhängig von der Verweildauer:
1. Jahr: 15 Prozent Zuschlag
2. Jahr: 30 Prozent
3. Jahr: 50 Prozent
ab dem 4. Jahr: 75 Prozent
Ziel war es, steigende Pflegekosten abzufedern und ältere Menschen vor Überforderung zu schützen. Im bundesweiten Durchschnitt liegen die monatlichen Eigenanteile bei rund 1.800 Euro.
Die IGES-Studie offenbart eine tiefgreifende Fehlsteuerung in der Pflegefinanzierung. Statt Bedürftige gezielt zu entlasten, fördert die derzeitige Ausgestaltung der Leistungszuschläge eine teure Umverteilung zulasten der jüngeren und einkommensschwächeren Bevölkerung. Eine Reform der Reform erscheint unvermeidlich – mit klarer Ausrichtung auf soziale Zielgenauigkeit, finanzielle Nachhaltigkeit und eine faire Generationenverantwortung. (-ver / www.bocquel-news.de)
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