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IDD: Bundeskabinett sieht kaum Änderungsbedarf

19. Januar 2017 - Ein großer Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebs-richtlinie (IDD) in nationales Recht: Gestern hat der Gesetzentwurf zur IDD das Bundeskabinett offensichtlich ohne entscheidende Änderungen des Referentenentwurfs vom November 2016 passiert. Erste Kommentare.

Das Bundeskabinett in Berlin hat gestern, Mittwoch, in Berlin den Gesetzentwurf zur Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) beschlossen. Schon melden sich erste Kritiker. Doch noch sei nicht alles verloren, heißt es, weil der Kabinettsbeschluss/Gesetzentwurf demnächst erst noch im Bundesrat beraten werden müsse. Zeitnah meldete sich gestern der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de), für den der „Regierungsentwurf der digitalen Vertriebswelt nur teilweise gerecht“ wird.

Der Branchenverband verdeutlichte erneut, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) wichtige Klarstellungen für Unternehmen und Vermittler bringe. Allerdings werde der Entwurf den Anforderungen an den Versicherungsvertrieb in der digitalen Welt nur zum Teil gerecht, lautet die erste Einschätzung des GDV.

Demnach ist für den GDV die klare Trennung zwischen Honorar- und Provisionsvergütung für Vermittler „grundsätzlich sinnvoll“. Allerdings hält der GDV weiterhin eine Ausnahmeregelung für erforderlich, damit Vermittler im Verbrauchergeschäft für provisionsfreie Netto-Tarife eine Vergütung vom Kunden bekommen können.

„Mit dem Gesetz wird es künftig eine klare Trennung zwischen Provisionsvermittlung und Honorarberatung geben“, sagte Staatssekretär Gerd Billen im Anschluss an die Sitzung. „Versicherungsvermittlern, die für die Vermittlung Provisionen erhalten, wird es zukünftig untersagt, zusätzliche Honorare von Kundinnen und Kunden zu verlangen.“ Das Kabinett hat demnach das im Referentenentwurf vorgesehene Honorarannahmeverbot bestätigt, was bei Maklern auf Enttäuschung und Kritik stieß.

Kundenbedürfnisse müssen im Fokus bleiben
Positiv wertet der GDV die Festschreibung des Provisionsabgabeverbots. Damit sei sichergestellt, dass bei Beratung und Vermittlung auch künftig Kundenbedürfnisse und Produktqualität im Mittelpunkt stehen. Im Fernabsatz, also insbesondere im Online-Vertrieb, stelle der Regierungsentwurf hingegen Beratungsanforderungen, auf die im Gesetz bislang bewusst verzichtet wurde.

„Den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung wird der Gesetzentwurf weiterhin nur teilweise gerecht. Anstatt neue Hürden aufzubauen, sollten die bestehenden bewährten Regelungen für den Internet- bzw. Fernabsatz beibehalten und auf Vermittler ausgedehnt werden“, sagte Axel Wehling, der Mitglied der GDV-Geschäftsführung ist. Laut GDV enthält der Entwurf eine für die Unternehmen wichtige Klarstellung zu den neu einzurichtenden Produktprüfungsprozessen (POG). Demnach wurde in die Gesetzesbegründung der Hinweis aufgenommen, dass Unternehmen diese Prozesse nur auf kommende Produkte anwenden müssen und nicht auf das gesamte bereits bestehende Produktportfolio.

Die ohnehin nicht sehr homogene Gruppe der Makler und freien Vermittler ist dem Vernehmen nach mit den Formulierungen auch insgesamt nicht zufrieden.

Wie bekannt wurde, hat das Bundeskabinett gestern eine Änderung gegenüber dem vorliegenden Entwurf vorgenommen. Neuerdings wird nicht mehr von „Honorar-Versicherungsberatern" gesprochen, sondern vielmehr von „Versicherungsberatern". Und diese Berater sollten nach dem Willen des Bundeskabinetts nun auch Provisions-Tarife vermitteln dürfen, wenn keine entsprechende Police als provisionsfreier Netto-Tarif erhältlich sei. Nun steht noch aus, was die Bundesratsmitglieder davon halten, dass in dem vorliegenden Fall der Versicherer die Provision zum größten Teil dem Kunden gutschreibt und der Berater selbst davon gar nichts erhalten soll.

Bestand haben soll dagegen Berichten zufolge, dass der derzeitige Paragraf 34e der Gewerbeordnung gestrichen beziehungsweise zu einer Verordnungsermächtigung umgestaltet werden soll. Hiermit würden dann die Vorschriften für die kleine Gruppe der bisherigen Versicherungsberater geregelt. Dafür soll der Paragraf 34d der Gewerbeordnung entsprechend geändert werden.

An dem Punkt „Provisionsabgabeverbot“ schieden sich schon vor der gestrigen Kabinettsitzung die Geister bei den unterschiedlichen Gruppierungen der Makler, Vermittler und Verbände (siehe bocquel-news 24. November 2016 Teure IDD: Beifall, herbe Kritik und Überraschung)

Im Vorfeld hatten der VDVM Verband deutscher Versicherungsmakler (www.vdvm.de) und sein geschäftsführender Vorstand, Georg Jenssen, mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass ein Provisionsabgabeverbot eine Benachteiligung für die deutschen Makler gegenüber ihren europäischen Kollegen in anderen EU-Staaten bedeute. Jenssen betonte auch, dass die Honorarvergütung insbesondere im Industriegeschäft üblich sei. Schließlich sind laut Georg Jenssen vorgesehene Ausnahmen zur Vergütung der Beratungsleistung im Firmengeschäft nicht ausreichend.

Als der Referenten-Entwurf im November erstmals vorlag, war die Mehrzahl der Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass das Provisionsabgabeverbot fällt. Dagegen hatte der BVK Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (www.bvk.de), gewettert, weil er dadurch negative Folgen für die Beratungsqualität erwarte. Es könne nicht angehen, dass Vermittler die Provision mit den Kunden teilen dürften. BVK-Präsident Michael Heinz müsste also jetzt rundum zufrieden sein. Doch nicht so ganz, war aus BVK-Kreisen zu hören.

Dem BVK fehlt jetzt ein ausdrückliches Verbot von Geschäften, bei denen Banken die Kreditvergabe vom Abschluss einer Versicherung abhängig machen. Das wurde gestern im Bundeskabinett nicht festgeschrieben. 

Die Beibehaltung des Provisionsabgabeverbotes ist dagegen so gar nicht im Sinne des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung (www.afw-verband.de). Das Abgabeverbot sei von deutschen Gerichten seit einiger Zeit als antiquiert eingestuft worden. Auch bestehe die Möglichkeit, dass Versicherungsunternehmen und ihr Ausschließlichkeitsorganisationen im Vertrieb das Provisionsabgabeverbot „umgehen“ könnten. Aber: Die Textfassung, die gestern das Bundeskabinett passierte, besagt, dass das Provisionsabgabeverbot „keine Anwendung vorsieht, soweit die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages verwendet wird".

Einen „weiteren Schritt in die richtige Richtung“ sehen jedoch die meisten Bobachter in dem gestern im Bundeskabinett passierten Gesetzentwurf. Die endgültige Umsetzung der EU-Richtlinie muss bis zum 23. Februar 2018 erfolgt sein. Die IDD sieht insgesamt unter anderem Verhaltens- und Informationspflichten der Vermittler vor und auch Regelungen, in welchem Ausmaß sie sich weiterbilden müssen. Das BMWi Ministerium für Wirtschaft und Energie (www.bmwi.de) ist das federführende Ministerium in Sachen IDD. Von hier wird darauf hingewiesen, dass künftig auch der Direktvertrieb einbezogen werde. Der weitere Fahrplan ist jetzt wie folgt vorgesehen: Demnächst soll der Gesetzentwurf im Bundesrat behandelt werden. Für den 30. März ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag anberaumt, der am 31. Mai eine Sachverständigen-Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Parlamentes folgen soll. Erst danach kann der Ausschuss die endgültige Fassung verabschieden, die dann am 1. und 2. Juni in zweiter und dritter Lesung im Parlament beraten werden soll. Die Zustimmung des Bundesrates soll am 7. Juli erfolgen. Die Bundesregierung macht keinen Hehl daraus, dass es die IDD hierzulande noch vor Ende der Legislaturperiode durch Bundestag und Bundesrat bringen will. (-el / www.bocquel-news.de)

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