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Ergo streicht 1.835 Stellen und investiert 1 Milliarde €

2. Juni 2016 - Fitnessprogramm der besonderen Art: Die Ergo Group will bis 2021 insgesamt 1 Milliarde Euro dafür investieren und 540 Millionen Euro jährlich sparen. 1.835 Stellen fallen weg. Schluss auch mit dem klassischen LV-Geschäft. Die 6,5 Millionen Verträge aus diesen Beständen werden „abgekapselt“.

Mit Investitionen von 1 Milliarde Euro und Kosteneinsparungen von 540 Millionen Euro will die Ergo Group AG (www.ergo.com) in den nächsten fünf Jahren „fit, digital und erfolgreich“ werden. „Ergo 2012 – das ist eine Mischung aus echtem Investitionsprogramm und Einsparungen mit strukturellen Veränderungen“, mit dieser Aussage brachte Dr. Markus Rieß am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten auf den Punkt, was das neue Strategieprogramm „Ergo 21“ bringen soll. Im Nachsatz ergänzte der Vorstandsvorsitzende der international tätigen Erst-Versicherungsgruppe im Munich Re Konzern (www.munichre.com): „Ergo nimmt strukturelle Veränderungen und einen schmerzhaften Mitarbeiterabbau vor.“ Im Klartext: insgesamt werden netto 1.835 Arbeitsplätze – von derzeit noch 14.320 in Deutschland – gestrichen. Also jede sechste Stelle.

Von den 300 Millionen Euro, die im jetzt laufenden Geschäftsjahr investiert werden, sollen allein 200 Millionen in die Rückstellungen für die betroffenen Freistellungen fließen. Ansonsten werde das Unternehmen Kosten in Höhe von rund 540 Millionen Euro brutto jährlich einsparen.

„Wir legen ein solides Fundament für eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft der Ergo“, sagte Markus Rieß, der seit September vergangenen Jahres Vorstands-Chef der Ergo ist und der zuvor bis April 2015 als Vorsitzender des Vorstands der Allianz Deutschland AG (www.allianz-deutschland.de) bereits mit einem stringenten Strategieprogramm und Einsparungen den Marktführer auf Spur gebracht hatte.

Jetzt heißt es, die Ergo langfristig wieder in die Gewinnzone zu bringen. Das wird nicht mit lautstarken Parolen erreicht, sondern mit knallharten Umstrukturierungsmaßnahmen, die für das Deutschlandgeschäft in Vielem schon konkret initiiert werden, für die internationalen Geschäftsfelder aber in der Konsequenz frühestens Ende des Jahres spruchreif würden. Was Markus Rieß unter „international expandieren“ verstanden wissen will, werde er erst Ende des zweiten Halbjahres konkreter mitteilen.

An der Seite von Dr. Markus Rieß (Foto rechts) gab auch Dr. Christoph Jurecka (Foto links), CFO der Ergo, Auskunft, was das Strategieprogramm insgesamt beinhalte. Ein einschneidender Schritt sei beispielsweise die Bündelung der Vertriebsorganisationen. „Wir leisten uns bisher noch mehrere Vertriebe und in der gesamten Verwaltung aufwendige Prozesse.“ Das erhöhe die Verwaltungskosten, die bei der Ergo noch deutlich über dem Marktdurchschnitt liegen. Jetzt gelte es, Doppelstrukturen aufzulösen und zu einer Ausschließlichkeitsorganisation zusammenzulegen, wobei die Flächenpräsenz und Kundennähe gewahrt bleiben solle; auch wenn man 18 sogenannte dezentrale Standorte aufgeben werde.

Was die Verwaltungskosten-Quote anbelange, so werde ein Wert unterhalb von 30 Prozent angestrebt. Der Marktdurchschnitt liegt den Angaben zufolge bei circa 25 Prozent.

Den Kunden und Vertriebspartnern will Ergo ein umfassendes, kanalübergreifendes Angebot bereitstellen. So erwarte Ergo spätestens ab 2021 Jahresüberschüsse in Höhe von jährlich mehr als 500 Millionen Euro als nachhaltigen Beitrag zum Jahresergebnis ihres Eigentümers Munich Re. Beabsichtigt sei, dass die Ergo Group schon ab 2019 „über dem Markt wachse“. Nicht in Leben,aber in den Kompositsparten und im Gesundheitsbereich mit der DKV (www.dkv.de).

Der Ergo Aufsichtsrat hat das Strategieprogramm am 31. Mai 2016 beschlossen, dessen Maßnahmen vorbehaltlich der Einigung mit den Mitbestimmungsgremien spätestens 2020 abgeschlossen sein soll.

Kernthema Digitalisierung
Ein besonderes Kernthema richtet sich auf die Digitalisierung. Rieß: „Die Digitalisierung bekommt höchste Priorität.“ Und: In der Ergo Group wird ein rein digitaler Anbieter gegründet. Damit trage man den unterschiedlichen Kundengruppen Rechnung. Es gelte, unter anderem den sogenannten hybriden Kunden integriert zu betreuen, dem reinen Online-Kunden Lösungen anzubieten, das Gewerbe-/Industriegeschäft international zu stärken und Partner für internationale Kooperationen zu werden. Viele Begrifflichkeiten, die es sehr bald mit Inhalten zu füllen gilt.

Bereits im Februar 2016 war die Ergo Digital Ventures AG als Digitalsparte gegründet worden. Sie soll die digitale Transformation der Ergo vorantreiben. „Unter ihrem Dach werden das Tochterunternehmen Ergo Direkt, der reine Digitalanbieter und das Geschäftsfeld Mobility Solutions agieren.

Viele große Parolen, die – wenn sie keine Worthülsen sein sollen – eine signifikante Umstrukturierung bedingen. Um digital zu werden und Wachstums-Chancen zu nutzen, setzt die Ergo laut Aussagen des CFO Jurecka 432 Millionen Euro netto ein. „Vom Buchkauf bis zur Steuererklärung erledigen Menschen ihre Alltagsgeschäfte im Netz. Wir wollen diesen Einkaufskanal nicht anderen überlassen. Deshalb sorgen wir heute dafür, dass unsere innere Uhr in Zukunft digital tickt“, ergänzte Rieß. „Mit Ergo Direkt haben wir in diesem Feld schon einen glaubwürdigen Fußabdruck hinterlassen.“

Wichtig bei allem sei aber auch, dass Die Ergo Direkt näher an die Ergo rücken müsse, womit allerdings keine Standortfragen aufgeworfen werden sollten. Nürnberg/Fürth bleibe der originäre Standort der Ergo Direkt.

Kapitalmarktnaher Altersvorsorge gehört die Zukunft
Mit der lapidaren Aussage, die Ergo gehe den Weg weiter, sich konsequent auf niedrige Zinsen und volatile Finanzmärkte einzustellen, kam dann die Sprache auf die Absicht, vertriebliches Neugeschäft und den sogenannten Klassik-Bestand in Leben konsequent zu trennen. Ergo konzentriere sich zukünftig beim wichtigen Neugeschäft mit Altersvorsorgeprodukten in der Lebensversicherung auf nicht-traditionelle kapitalmarktorientierte Produkte und Biometrie-Angebote. Rechtsträger wird die Ergo Vorsorge. Zudem werde das Fondsgeschäft forciert und dazu stärker mit der MEAG, dem Asset Manager von Munich Re und Ergo, verzahnt.

Die Diskussion mit den Journalisten wurde lebhaft, als Markus Rieß (Foto rechts) die Bearbeitung des Bestands in der klassischen Lebensversicherung thematisierte. Es soll vom vertrieblichen Neugeschäft getrennt werden. Dazu werde es innerhalb der Organisation eine eigene Gesellschaft geben, die Rieß aber nicht als Run-off-Unternehmung, sondern als eine Art Kapsel verstanden wissen will.

Hier sollen insgesamt 1.000 Mitarbeiter verbesserte Steuerungsmöglichkeiten nutzen. Das erhöhe die Transparenz im Geschäft Leben Klassik und verkürze Entscheidungswege innerhalb der Organisation.

Bei den Klassik-Bestände in der Lebensversicherung der Ergo handelt es sich laut Markus Rieß um insgesamt 6,5 Millionen Verträge. Das sind von der Ergo Lebensversicherung gut 5 Millionen Verträge, von der Victoria Lebensversicherung eine gute Million und von der Ergo Pensionskasse rund 500.000 Verträge. Die insgesamt 6,5 Millionen Verträge der drei Rechtsträger erden also quasi abgekapselt. Hier werde auch kein weiteres Neugeschäft mehr generiert – so wie das bei anderen Run-offs der Branche gehandhabt wird.

Woher kommtdie Milliarde?
Bis 2021 strebe die Ergo Gruppe 500 Millionen Euro Jahresgewinn an, sagte der Vorstands-Chef. Alles in allem soll zur Realisierung des Sparprogramms 1 Milliarde Euro investiert werden. Gefragt, woher er diese Milliarde nehme, erwiderte Rieß, dass man gleichzeitig spare und investiere. “Wir gehen davon aus, dass die Munich Re in den kommenden fünf Jahren keine Dividende von uns erwartet.” (-el / Fotos: E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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