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Erdrutsch bei Ländernoten - auch für Deutschland

30. Juni 2020 - Erdrutsch bei Coface-Bewertungen: 71 Länder, 134 Branchen in 28 Ländern herabgestuft – auch Deutschland. Der Kreditversicherer Coface aktualisierte in einem noch nie erlebten Umfang Länder-und Branchenrisiken. 71 von 162 Volkswirtschaften wurden herabgestuft.

„Das ist die niedrigste Ländernote, die Deutschland in über 20 Jahren bei Coface je hatte“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Erst im Juli 2019 hatte die Bundesrepublik die Bestnote A1 verloren. Zusammen mit den Länderanpassungen hat der Kreditversicherer Coface (www.coface.com) auch die Bewertungen vieler Branchen korrigiert. Über 28 Länder addiert gab es 134 Herabstufungen – ebenfalls ein Negativrekord in der Geschichte der Coface-Bewertungen.

„Die Note A3 steht bei Coface dafür, dass das Risiko für Forderungsverluste und Insolvenzen in dem Land zwar noch befriedigend ist, jedoch nicht mehr niedrig“, erklärt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Ganz überraschend kam die Herabstufung nicht. So prognostiziert Coface für 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 7,2 Prozent zum Vorjahr. „Dies ist der stärkste Konjunktureinbruch in der Geschichte der Bundesrepublik, 2009 ging die Wirtschafsleistung um 5,7 Prozent zum Vorjahr zurück. Allerdings erwartet Coface für Deutschland auch eine deutliche Erholung im kommenden Jahr. So sollte das BIP 2021 (Brutto-Inlandsprodukt) um 5,8 Prozent zum Vorjahr zulegen. „Dies rechtfertigt auch die noch immer passable Note von A3“, sagt die Coface-Volkswirtin.

Faktoren wie Umweltrisiken und Klimawandel jetzt in Risikomodellen der Coface
„Natürlich ist Covid-19 ein beherrschender Faktor. Seit diesem Sommer haben wir aber auch den Faktor Umweltrisiken und damit auch den Klimawandel in unsere Risikomodelle aufgenommen. Dies hat die Risikobewertung in vielen europäischen und afrikanischen Staaten ebenfalls gedrückt.“

Insgesamt erwartet Coface, dass die Wirtschaftsleistung der Welt um 4,4 Prozent zum Vorjahr abnimmt, um im kommenden Jahr eine Aufholtour zu starten. 2021 dürfte das globale Wachstum laut Christiane von Berg wieder 5,1 Prozent betragen. Gestützt wird dies auch von der Konjunkturentwicklung in Frankreich (2020: -11,6 Prozent; 2021: 9,7 Prozent), Italien (2020: -13,6 Prozent; 2021: 8,9 Prozent), UK (2020: -13,4 Prozent; 2021: 9,5 Prozent), den USA (2020: -5,6 Prozent; 2021: 3,3 Prozent), Brasilien (2020: -6,5 Prozent; 2021: 2,8 Prozent), China (2020: 1,0 Prozent; 2021: 7,5 Prozent) aber auch Indien (2020: 1,5 Prozent; 2021: 6,5 Prozent).

„Sehr hohes Risiko“: Automobil, Metall, Textil/Bekleidung
Die Herabstufung der Länderrisikobewertung der Coface ist den Angaben zufolge eng mit den Branchenrisiken verknüpft. Coface veröffentlicht für 28 Länder die Analysen für 13 Sektoren und hat auch hier im ersten Halbjahr kräftig revidiert. Gleich 134 Mal wurde der Rotstift angesetzt.

In Deutschland waren hiervon die Automobilbranche (von hohes auf sehr hohes Risiko), die Metallbranche (von hohes auf sehr hohes Risiko), Textil- und Bekleidung (von hohes auf sehr hohes Risiko) betroffen, aber auch der Einzelhandel (mittleres auf hohes Risiko), der Transportsektor (mittleres auf hohes Risiko) und schließlich die Baubranche (niedriges auf mittleres Risiko). „In unserer vierstufigen Risikoeinschätzung wurde nun zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in drei Branchen ein sehr hohes Risiko festgestellt“, erklärt Christiane von Berg.

2020 Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland
Dies macht sich auch bei den Insolvenzen bemerkbar. Coface rechnet nunmehr mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2020 um 12 Prozent zum Vorjahr. Dies ist der stärkste prozentuale Anstieg seit 2002 nach dem Platzen der Internetblase. „Hierbei ist berücksichtigt, dass der Zeitpunkt des Insolvenzantrags seit März bis Ende September ausgesetzt und bei Ausnahmen auch auf den März 2021 verschoben werden kann“. Mit den 12 Prozent bleibt Deutschland jedoch deutlich unter dem Durchschnitt für das Insolvenzwachstum in der Welt. Das beziffert Coface nun auf plus 33 Prozent zum Vorjahr. Den stärksten Anstieg in den Industrieländern werden die USA haben (+43 Prozent). Großbritannien (+37 Prozent), Japan (+24 Prozent) und Frankreich (+21 Prozent) liegen deutlich über der Zahl für Deutschland.  

Kreditversicherer-Coface: Zeitenwende-für-deutsche-Wirtschaft
Coface befragte zwischenzeitlich Unternehmen in Deutschland: 85 Prozent der Unternehmen warten länger als vereinbart aufs Geld. Der Druck auf die Unternehmen wird demnach immer größer. Nicht zuletzt deshalb haben deutsche Unternehmen ihre durchschnittlichen Zahlungsziele seit 2017 von 29,8 Tagen auf 35,9 Tage verlängert. Dennoch stieg der Anteil der Unternehmen, die länger als vereinbart aufs Geld warten mussten: von 78 Prozent vor zwei Jahren auf jetzt 85 Prozent.

Andererseits – so macht Christiane von Berg deutlich – hat sich der durchschnittliche Zahlungsverzug um fast 6 Tage von 41,4 auf 35,5 Tage verringert. Längere Zahlungsziele, mehr Zahlungsverzögerungen, aber kürzere Überziehungen? „Um diese Zahlen einzuordnen, müssen sie in Kombination gesehen werden“, erklärt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg, die die Umfrage durchgeführt hat.

„Aufgrund des für viele Unternehmen schwierigen Umfelds forderten die Kunden längere Zahlungsziele, durchschnittlich sechs Tage. Am Ende schaffen sie es dann dennoch, zur gleichen Zeit wie 2017 zu bezahlen, aber durch die Verlängerung der Zahlungsfristen ist der Zahlungsverzug eben um sechs Tage kürzer.“

Textil, Handel und Automotive mit starkem Anstieg
Den stärksten Anstieg bei der Zahl der Unternehmen mit Zahlungsverzögerungen verzeichneten der Textil-Bekleidungssektor (von 58 Prozent auf 78 Prozent), der Groß- und Einzelhandel (75 Prozent auf 89 Prozent) und der Automobilsektor (73 Prozent auf 81 Prozent).

Rückgänge gab es im Transportsektor, wenn auch nur leicht und weiter auf hohem Niveau von 86 Prozent auf 81 Prozent. Die Gründe für Verzögerungen sind laut Coface hauptsächlich finanzielle Schwierigkeiten von Kunden. Das sahen 46 Prozent der befragten Unternehmen. 15 Prozent berichteten über Managementprobleme als Hauptgrund. Als Hauptursache für den finanziellen Druck nannten die Unternehmen mit 45 Prozent den harten Wettbewerb, der die Gewinnmargen belastet. Ein Viertel der Unternehmen sah in der mangelnden Finanzierung das Hauptproblem. (-el / www.bocquel-news.de)

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