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Das Damoklesschwert des Höchstrechnungszinses

16. Januar 2014 - Die Deutsche Aktuarvereinigung hat das Jahr 2014 mit dem Vorschlag eröffnet, den Rechnungszins in der Lebensversicherung ab 2015 um weitere 0,5 Punkte auf 1,25 Prozent zu senken. Bisher regt sich dagegen überwiegend Widerstand, auch aus der Branche.

ZinsenVor dem Hintergrund einer unveränderten Niedrigzinsphase schlägt die Deutsche Aktuarvereinigung DAV (www.aktuar.de) für das Jahr 2015 vor, den Höchstrechnungszinssatz für Lebensversicherungsverträge mit Zinsgarantie auf 1,25 Prozent zu senken. Die Langfristigkeit dieser Garantie mache es erforderlich, den Höchstrechnungszins immer ein gutes Stück unterhalb des aktuell erzielbaren sicheren Zinssatzes festzusetzen.

Allerdings stellt die DAV ihren Vorschlag unter Vorbehalt: Da die weiteren ökonomischen und finanziellen Entwicklungen im Euroraum derzeit nur schwer abzuschätzen sind, hält es die DAV für dringend angezeigt, die weitere Zinsentwicklung genau zu beobachten und darauf basierend die jetzige Empfehlung im Laufe des Jahres 2014 noch einmal zu überprüfen und sie bei einer Veränderung der Rahmenbedingungen für die langfristigen Kapitalmarktzinsen ggf. auch zu revidieren.

Geschäftsmodell in Gefahr
Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) sieht man den Handlungsbedarf beim Garantiezins nicht ganz so dramatisch. „Den sogenannten Garantiezins bereits zum 1. Januar 2015 um 0,5 Prozentpunkte zu reduzieren wäre übereilt." Denn: Zwar sei die Zinsentwicklung ausgesprochen volatil. Aus den USA kämen aber vermehrt Signale, dass die lockere Geldpolitik in absehbarer Zeit beendet werden könnte. Ein niedrigerer Garantiezins würde den Anreiz, zusätzlich vorzusorgen, deutlich mindern, gibt der GDV zu bedenken. Das könne aus sozialpolitischen Gesichtspunkten nicht gewünscht sein.

Auch nicht aus Sicht der Interessen der Versicherer, muss man hinzufügen. Auch wenn sich die Branche über Neugeschäftszahlen des Jahres 2013 weiter in Schweigen hüllt, was nur bedeuten kann, dass sie noch schlechter sind als erwartet, käme eine weitere Absenkung des Garantiezinses in der Lebensversicherung dem Aus des Geschäftsmodells Lebensversicherung ziemlich nahe.

Jörg von Fürstenwerth Der GDV gibt weiterhin zu bedenken, dass bei einer Entscheidung über den Garantiezins die regulatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden sollten. Beispielsweise fordere Solvency II ab 2016 eine neue Form der Eigenmittelunterlegung für langfristige Garantien bei Lebensversicherungen. Daher sollte eine vorschnelle Festlegung beim Höchstrechnungszins vermieden werden.

Zudem setzt der GDV andere Schwerpunkte: „Die Neuregelung der Bewertungsreserven-Beteiligung hat für uns höchste Priorität", sagte Jörg von Fürstenwerth (Foto), Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des GDV. Um die Kunden gut und sicher durch die Niedrigzinsphase zu bringen, sei vor allem der weitere Aufbau einer Zinszusatzreserve wichtig, außerdem die Absenkung der Überschussbeteiligung und die Diversifizierung der Kapitalanlagen. Zudem böten die Versicherer Lebensversicherungsverträge mit neuen Garantiemodellen an. „Wir werden auch nicht umhin kommen, uns weiter um das Thema Kosten zu kümmern, um unsere Produkte attraktiv zu halten", bekräftigt von Fürstenwerth. Das zielt vor allem auf die Begrenzung der Abschlusskosten, denn alle anderen Kostensenkungspotenziale sind bekanntlich so gut wie ausgereizt.

Axel KleinleinAuswirkungen auf Bestandsprodukte
Bekanntlich versuchen einige Lebensversicherer, den mit Solvency II verbundenen teuren Eigenkapitalanforderungen für Garantien dadurch zu entkommen, dass sie neue Produkte mit eingeschränkten Garantien auf den Markt bringen. Teilweise sehen diese überhaupt keinen Höchstrechnungszins mehr vor. In diesem Zusammenhang hat der Bund der Versicherten e.V. (www.bundderversicherten.de) davor gewarnt, anzunehmen, dass eine zukünftige Absenkung des Rechnungszinses keine Auswirkungen auf Bestandsverträge haben würde, wie die DAV versicherte. Kunden der Allianz, die das neue Produkt „Perspektive" abgeschlossen haben, müssten hinnehmen, dass sich eine Senkung des Garantiezinses auch auf ihre Rentenleistung auswirkt. Durch einen Passus im Kleingedruckten schlägt ausnahmsweise die Senkung des Höchstrechnungszinses auch auf Bestandsverträge dieses Allianz-Tarifs durch. „Leider sind dann auch Bestandskunden von einer Zinssenkung betroffen. Bestimmte Allianz-Kunden bliebe dann nur die Hoffnung, dass sich irgendwann der Zins wieder erhöht", so Axel Kleinlein (Foto), Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV).

Warnung vor Produkten ohne Garantien
Ansonsten erachtet auch der BdV die von der DAV ins Spiel gebrachte Absenkung des Rechnungszinses für nicht notwendig.  „Denn die Versicherungsunternehmen erwirtschaften sogar jetzt mehr als 1,75 Prozent." Nach Ansicht des BdV befinde sich kein Versicherungsunternehmen in einer finanziellen Schieflage. Auch erwirtschaften die Versicherungsunternehmen heute weit mehr als den jetzt noch gültigen Höchstrechnungszins von 1,75 Prozent. Daher sei die Senkung nicht nachvollziehbar. „Finanzschwache Unternehmen können heute schon mit 1,25 Prozent kalkulieren. Aus Konkurrenzgründen tun sie es jedoch nicht", führt Kleinlein aus. Doch auch die sogenannten „starken Unternehmen" kalkulieren zum Teil nur mit dem höheren Satz und mindern den Garantiezins durch Sonderkosten auf einen deutlich niedrigen Zinssatz.

Der BdV erwartet, dass nach einer Senkung des Höchstrechnungszinses die Versicherungsunternehmen verstärkt versuchen werden, neuartige Produkte wie Hybridprodukte, Variable Annuities oder das Produkt „Vorsorgekonzept Perspektive" der Allianz an den Verbraucher zu bringen. Vor diesen undurchsichtigen und ohne Garantien versehenen Produkten warnt der BdV eindringlich.

Letztlich liegt die Entscheidung über eine Absenkung des Höchstrechnungszinses in den Händen des Bundesfinanzministeriums, das den DAV-Empfehlungen nicht folgen muss, wie es dies auch in der Vergangenheit nicht immer getan hat. (hp / www.bocquel-news.de)

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