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Konzepte und Kriterien

Darf jeder ein Selfie knipsen - egal wo er ist?

3. August 2015 - Die Rechtmäßigkeit des Selfies vor dem Eiffelturm – Schnappschuss per Handy von sich vor einer Sehenswürdigkeit – steht zur Disposition. Das EU-Parlament könnte die Panoramafreiheit im Rahmen einer Urheberrechtsreform kippen. Arag Rechtsexperte Udo Vetter hält dagegen.

Es bleibt eine Frage des Geschmacks, doch das sogenannte Selfie, der Schnappschuss per Handy von sich selbst - mit und ohne Prominenz oder mit und ohne touristische Attraktion – steht hoch im Kurs. Schloss Neuschwanstein und der Eifelturm lassen grüßen! Die Diskussion um die sogenannte Panoramafreiheit – vor allem im Ausland – soll nun Sand ins Getriebe dieser Urlaubs-Erinnerungsfreuden bringen. „Den wenigsten dürfte jedenfalls bewusst sein, dass sie mit ihren online gestellten Bildern der genannten Wahrzeichen schon heute in Frankreich, Belgien oder Dänemark teure Abmahnungen riskieren. Oder sogar Strafen wegen Verletzung des Urheberrechts“, sagt Udo Vetter, Rechtsexperte beim Rechtsschutzversicherer Arag (www.arag.de).

Schnappschüsse europäischer Wahrzeichen werden in den wenigsten privaten Fotoalben fehlen. Gab es früher noch den Diaabend, landen die Schnappschüsse und Selfies heute quasi in Echtzeit in der "Cloud" und auf Facebook, Instagram oder anderen sozialen Netzwerken – und hier lauern je nach Land ernstzunehmende juristische Gefahren, gibt Udo Vetter zu bedenken.

Was Panoramafreiheit in Verbindung mit dem „Selfie“ bedeutet, ist laut Udo Vetter nichts Rechtswidriges. In diesen und auch anderen Ländern gilt seinen Angaben zufolge die sogenannte Panoramafreiheit nicht oder nur sehr eingeschränkt, die bei uns in Deutschland seit jeher als selbstverständlich empfunden wird. Die Panoramafreiheit besagt, dass jedermann auch urheberrechtlich geschützte Gebäude oder Kunstwerke nach Belieben fotografieren darf, sofern sie frei zugänglich sind.

Wie es um die Urheberrechtsreform in der EU steht, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Panoramafreiheit jetzt auch in Deutschland gefährdet scheint. Das EU-Parlament arbeitet nämlich an einer umfassenden Urheberrechtsreform, und es gibt in diesem Rahmen Überlegungen, die strengen Regelungen zur Panoramafreiheit zum Standard zu machen. Was dann bedeuten könnte, dass nicht nur die kleine Meerjungfrau in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen, sondern etwa auch ein auf Facebook veröffentlichtes Selfie vor einem Hundertwasser-Haus in Wien oder vor dem Münchner Olympiastadium zu einer Abmahnung führen könnte.

Urheberrechtlicher Schutz gilt nur 70 Jahre
Udo Vetter (Foto: Arag) beschwichtigt, denn derzeit gibt es überhaupt keinen Grund, sich den fotografischen Urlaubsspaß in Ländern mit Panaoramafreiheit verderben zu lassen. Denn entgegen anderslautender Meldungen wären selbst bei einer Gesetzesänderung ohnehin höchstens Gebäude oder Kunstwerke betroffen, die tatsächlich noch urheberrechtlichen Schutz genießen. Das ist aber nur der Fall, wenn der Schöpfer noch nicht länger als 70 Jahre tot ist. Historische Gebäude wie das Brandenburger Tor oder der Eifelturm dürften also auch in Zukunft weiter frei fotografiert werden.

Rechtsexperte Vetter sagt dazu, dass allenfalls eine „gewerbliche Nutzung“ des Selfies mit Denkmal oder Wahrzeichen untersagt wäre. Die weitaus meisten Facebook-Profile und Accounts in anderen sozialen Netzwerken dürften aber als privat einzustufen sein. Aber dennoch sieht Udo Vetter den Teufel gerade hier im Detail. Denn die Frage der Gewerblichkeit wird seinen Angaben zufolge gerade im Online-Bereich oft sehr unterschiedlich beurteilt. So ließe sich eine Abmahngefahr jedenfalls nicht ganz ausschließen.

Online-Petitionen waren erfolgreich
Die Abschaffung der Panoramafreiheit ist inzwischen bei den ersten Beratungen im EU-Parlament erst einmal durchgefallen. Sicher auch – so mutmaßt Udo Vetter, weil hunderttausende Hobbyfotografen in diversen Online-Petitionen lautstark gegen eine derartige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Abmahnanwälte protestiert haben. (-el / www.bocquel-news.de)

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