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D&O - wenn Manager in die eigene Tasche wirtschaften

15. März 2018 - Ein heikles Problem: Versicherern ist es erstmals möglich, Managern den D&O-Schutz zu versagen, wenn der Verdacht im Raum steht, sie hätten aus Eigeninteresse dem Unternehmen geschadet. Das Oberlandesgericht München fällte ein entsprechendes Urteil. Jetzt soll der Bundesgerichtshof endgültig entscheiden.

Das Oberlandesgericht München (www.justiz.bayern.de) hat vor kurzem ein Urteil gefällt, dass in der D&O-Versicherungswirtschaft für Aufsehen sorgt. Die Entscheidung macht es Versicherern erstmals möglich, Managern den D&O-Schutz (Managerhaftpflicht) zu versagen, wenn der Verdacht im Raum steht, sie hätten aus Eigeninteresse dem Unternehmen geschadet. Das Urteil liegt derzeit dem BGH Bundesgerichtshof (www.bundesgerichtshof.de) zur Entscheidung vor.

„Würde der BGH das Urteil bestätigen – wovon wir nicht ausgehen – würde das in letzter Konsequenz bedeuten, dass Manager von der D&O-Versicherung im Regen stehen gelassen werden könnten, wenn sie sich gegen den Vorwurf verteidigen müssen, in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben“, sagt Michael Franken, Legal Advisor bei Howden Germany GmbH in Düsseldorf (www.howdengroup.de).

Das neue Urteil räumt Versicherern erstmals die Möglichkeit ein, Managern den D&O-Schutz frühzeitig zu versagen, wenn der Verdacht besteht, sie hätten aus Eigeninteresse dem Unternehmen geschadet. „Kein Grund zur Panik“, sagt Michael Franken in einem Exklusiv-Interview mit den bocquel-news. Demnach ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen – der Bundesgerichtshof prüft die Entscheidung.

Herr Franken, worum ging es in dem Fall?

Michael Franken: Eine AG warf vier Ex-Managern vor, mehrere Mitarbeiter abgeworben, geheime Geschäftsunterlagen an sich genommen und der Konkurrenz zugänglich gemacht zu haben. Das Unternehmen wollte von der D&O-Versicherung – es ging immerhin um einen Streitwert von 800.00O Euro – vor dem Oberlandesgericht München den Schaden ersetzt bekommen. Die Richter wiesen die Klage allerdings ab, mit dem Argument, dass Tätigkeiten versicherter Personen, die mit dem Vorwurf bemakelt sind, im Eigen-, aber nicht im Unternehmensinteresse ausgeübt worden zu sein, nicht versichert sind.

Moment mal, wer entscheidet beim D&O-Versicherungsschutz, ob ein Manager im Eigen- oder Unternehmensinteresse gehandelt hat?

Michael Franken: Weil diese Frage den Schutzbereich des Versicherungsvertrags betrifft, entscheidet das der D&O-Versicherer. Das Urteil des OLG München räumt den Versicherern die Möglichkeit ein, den Versicherungsschutz frühzeitig zu versagen, wenn sie bloß Eigeninteresse vermuten.

Wenn Manager ihrem Unternehmen gezielt Schaden zufügen, indem sie hinterrücks Mitarbeiter für die Gründung eines Konkurrenzunternehmens abwerben oder in die eigene Tasche wirtschaften, sagt einem schon der normale Rechtsinstinkt, dass sie dafür nicht noch belohnt werden dürfen …

Michael Franken: … Das mag sein. Allerdings geht es bei allem Rechtsinstinkt nicht an, dass allein der Vorwurf, im Eigeninteresse gehandelt zu haben, schon ausreichen soll, den Versicherungsschutz zu verlieren. Denn die Manager hatten noch nicht einmal die Chance, sich in einem gerichtlichen, also rechtsstaatlichen Verfahren gegen den Vorwurf zur Wehr zu setzen. Letztlich ist hier eine Gretchenfrage des Versicherungsschutzes angesprochen: Die Funktion der D&O-Versicherung würde ausgehöhlt, wenn im Versicherungsfall der Versicherer sich mit Vorverurteilungen seiner Leistungspflicht entziehen kann.

Die D&O-Versicherung kennt doch auch andere Ausschlüsse. Der Versicherungsschutz entfällt ja auch dann, wenn ein Manager bewusst gegen Gesetze, Verordnungen oder Satzungen verstoßen und so vorsätzlich eine Pflichtverletzung begangen hat. Ist das nicht das Gleiche?

Michael Franken: Ein gutes Beispiel. Moderne D&O-Versicherungen bieten auch und gerade dann Versicherungsschutz, zumindest für die Abwehr von behaupteten Haftpflichtansprüchen bis durch Gerichte rechtskräftig festgestellt wurde, dass ein Manager direkt vorsätzlich seine Pflichten verletzt hat. Es gibt also in der Mechanik des Versicherungsschutzes die Pflicht des D&O-Versicherers, bis zur Entscheidung der Gerichte über eine mögliche Leistungsverweigerung den vertraglichen Versicherungsschutz zu erbringen. Deshalb besteht auch keinerlei Anlass dafür, von diesem System abzuweichen.

Das OLG München hat also unrecht?

Michael Franken: Das OLG München hat zumindest übersehen, dass die D&O-Versicherung solche Konfliktmechanismen bereit hält. Die Richter haben mit ihrer Forderung, dass kein Versicherungsschutz für angeblich „gelegentliche Tätigkeiten“ besteht oder für Handlungen, die im mutmaßlichen Eigeninteresse standen, im Grunde durch eine zweifelhafte Auslegung ein neues Tatbestandsmerkmal geschaffen, für das es versicherungsrechtlich gesehen keinen Bedarf gibt und das mit der ausgewogenen Balance in der D&O-Versicherung nicht zu vereinbaren ist.

Welche Konsequenzen hat das Urteil für versicherte Unternehmen und Manager?

Michael Franken: Das Urteil hat eine gewisse Signalwirkung in der Versicherungswirtschaft erzielt. Versicherer könnten sich ermutigt fühlen bei dem Verdacht des Eigeninteresses den Versicherungsschutz zu versagen und damit den rechtsschutzsuchenden Manager in einer existenzbedrohenden Krise allein zu lassen.

Und wie geht es jetzt weiter?

Michael Franken: Das Urteil ist nicht rechtskräftig und liegt zurzeit zur Prüfung beim Bundesgerichtshof. Das letzte Wort in dieser Sache ist also noch nicht gesprochen. Am Ende werden wir in der D&O-Versicherung zu einem Rechtsverständnis zurückfinden, dass jeder Manager Anspruch auf D&O-Versicherungsschutz hat, wenn er sich gegen den Vorwurf verteidigen muss, er könnte sich selbst bereichert oder gegen die Interessen seines Unternehmens gehandelt haben. (-el / www.bocquel-news.de)

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