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D&O online - Zankapfel - aber nur begrenzt nutzbar

4. Februar 2019 - Die Manager-Haftpflicht-Versicherung D&O stand im Brennpunkt der Euroforum-Jahrestagung Haftpflicht 2019 in Hamburg. Versicherer, Assekura-deure, Makler, und Persönlichkeiten der Branche, die bei der D&O ein Wörtchen mitzureden haben, lieferten sich zeitweilig einen heftigen Schlagabtausch.

Ein offener Streit zwischen den Fachleuten: Kann ein D&O-Vertrag auch online abgeschlossen werden? Darum ging es am zweiten Tag der Euroforum-Veranstaltung Haftpflicht 2019 in Hamburg. Die Meinungen klassischer Makler prallten auf die Aussagen von InsurTech-Verantwortlichen. Ein Großteil erfahrener Makler und D&O-Anbieter sagte klar und deutlich, dass das Produkt D&O viel zu komplex sei, als das es sich ohne mündliche Beratung für den Online-Abschluss eigne.

Repräsentanten aller Seiten diskutierten darüber vor voll besetztem Haus in der InsurTech-Lounge. Als Gesprächspartner am Podium lieferten sich Armin Beier-Thomas (Geschäftsführender Gesellschafter bei Gebrüder Krose - www.krose.de), Christoph Leifeld (Grüner und Geschäftsführer von Gewerbeversicherung24 – www.gewerbeversicherung24.de), Benjamin Papo (Geschäftsführer der Finanzchef24 GmbH - www.finanzchef24.de) sowie Fredrik Wulff (Vorstandsvorsitzender der Markel Insurance SE – www.markel.de) einen lebhaften Schlagabtausch.

Die ersten Online-Plattformen haben bereits D&O-Verträge im Angebot. Das goutieren klassische Makler gar nicht. Beispielsweise hielt Armin Beier-Thomas nicht hinterm Berg, dass die Portale Gewerbeversicherung24 und Finanzchef24 hier Neugeschäft generieren wollen. Das wollte Frederik Wulff vom Industrieversicherer Markel nicht so stehen lassen, zumal sein Unternehmen mit D&O-Policen auf den beiden Portalen vertreten ist. Wulff: „Das Geschäftsmodell ist durchaus marktfähig.“ Er machte deutlich, dass bei einem D&O-Vertrag für Kleinunternehmen keine spezielle Beratung notwendig sei.

Doch dass die ersten Vergleichsportale für Firmenversicherungen auch den Online-Vergleich von D&O-Policen präsentierten, finden traditionelle Makler gar nicht gut. Armin Beier-Thomas sagte: „Ich halte das Modell für D&O nur für begrenzt nutzbar. Das Ziel ist der Abschluss. Im D&O-Geschäft ist das fatal, denn dahinter steht die Privatinsolvenz von Leuten.“ Dazu sei erklärt, dass das Unternehmen Krose sich auf das Geschäft mit Großunternehmen spezialisiert hat.

Seit mehr als einem Jahr D&O-Policen online vermitteln
Bekanntlich bieten die beiden Vergleichsportale Gewerbeversicherung24 und Finanzchef24 seit mehr als einem Jahr online Vergleiche von D&O-Policen an. Das Portal Finanzchef24 richtet sich an Endkunden, die ihre Policen selbst abschließen. Beim Portal Gewerbeversicherung24 sind Makler quasi die Kunden. Makler suchen über das Portal Gewerbeversicherung24 Unterstützung bei der Vermittlung von Policen an Selbstständige und kleinere Firmen.

Die Chefs beider Portale, Benjamin Papo und Christoph Leifeld, machten deutlich, dass ihr Geschäftsmodell gerade bei kleineren Firmen Sinn mache, denn wer sonst hilft dem Klein- und Kleinstsegment bei der D&O weiter. „Wer macht es sonst?“, hinterfragte Benjamin Papo. Viele Makler würden bei solch niedrigen Prämien kaum Interesse zeigen. Christoph Leifeld betonte, dass er es sehr wichtig fände, den Maklern ein Tool an die Hand zu geben, das ihm bei der Kundenberatung behilflich sei. Nicht jeder Makler könne ein D&O-Spezialist sein.

Frederik Wulff, der mit den D&O-Policen der Markel Insurance SE auf beiden Portalen präsent ist, machte deutlich, wie wichtig die beiden Plattformen seien. „Wir arbeiten extrem gerne mit beiden Plattformen zusammen“, betonte er. Es verstehe sich aber von selbst, dass es Unterschiede zwischen dem Geschäft mit großen Unternehmen und dem kleineren Gewerbegeschäft gebe. Es sei ganz klar, dass ein Großkunde Beratung brauche. Anders bei einem Fünf-Mann-Betrieb, der eine D&O kaufen möchte. „Da glaube ich nicht, dass wir noch eine Beratung dazwischenschalten müssen.“

Online-Geschäft mit D&O ist praktisch unauffällig
Armin Beier-Thomas mischte sich ein mit dem Einwurf, dass nach der Risikoabfrage ohnehin nur die Kunden ein Online-Angebot erhielten, die praktisch gar kein Risiko bedeuten würden. Frederik Wulff bestätigte, dass das Online-Geschäft im Verlauf unauffällig sei. Es sei eben nicht deutlich schlechter, aber auch nicht deutlich besser. Auf keinen Fall könnte man sagen, dass die online-abgeschlossenen Policen kein Risiko für die D&O-Versicherer darstellen würden.

Doch worüber stritten die Diskutanten überhaupt? Es ging allenfalls um ein Nischenproduktsagte der Chef von der Finanzchef24. Bei den Kundenanfragen sei die Managerhaftpflicht nur mit 5 Prozent vertreten – ganz zu schweigen die Abbruch-Quoten, die im Fall der Fälle sehr hoch sei. Papo:„Wir haben deswegen den Antragsprozess so geändert, damit der interessierte Kunde möglichst frühzeitig Kontakt zu einem Berater bekommen kann.“

Dieser Aussage pflichtete Christoph Leifeld bei. Als Chef des Portals Gewerbeversicherung24 könne er sagen, dass die D&O-Versicherung bisher wenig nachgefragt werde. Demnach verzeichnet Gewerbeversicherung24 im Monat etwa eine dreistellige Zahl an D&O-Anfragen. Doch die Anfragen nach anderen Versicherungsprodukten belaufen sich bei Gewerbeversicherung24 auf Zahlen im fünfstelligen Bereich.

Handelt es sich bei der D&O noch um eine Versicherung?
In einem anderen herausragenden Vortrag sprach Horst Ihlas, Geschäftsführer der gleichnamigen Dr. Ihlas GmbH (www.dr-ihlas.com) über die Stimmung im Lager des D&O-Marktes. Der auf D&O und Financial Lines spezialisierte Versicherungsmakler berichtete, dass die Niedrigpreise in der D&O-Versicherung seit Jahren ein Thema der Branche seien. Ihlas berichtete, dass der Industrieversicherer AIG erst kürzlich angekündigt habe, 2019 in Deutschland die Preise durchschnittlich um 10 Prozent zu erhöhen. Unterm Strich, so betonte Ihlas, gehe es der D&O-Sparte gar nicht so schlecht. Die deutlich höheren Rückstellungen im Verhältnis zu den erwarteten Schäden in diesem Bereich würden trotz sinkender Preise sogar Gewinne ermöglichen.

Es stelle sich die Frage, ob die D&O-Versicherung trotz der häufig beklagten niedrigen Prämien überhaupt noch profitabel sei. In einer Podiumsdiskussion mit dem Makler Horst Ihlas sowie den Marktteilnehmern Jochen Böhm (Deukona - www.dtad.de), Daniel Messmer (Swiss Re Europe S.A. Niederlassung Deutschland – www.swissre.com), Rainer Portz (Daimler Insurance Services – www.daimler.com) , Stefan Sigulla (HDI Global SE - www.hdi.global/de/de) und Alexander Stampf (Tokio Marine HCC - www.tmhcc.com/en/categories/financial-and-professional) beschäftigten sich die Diskutanten nicht nur mit den Prämien der D&O, sondern auch mit dem „Konstrukt D&O“.

Märkte können schrumpfen, weil sich die Risiken verbessern
Die Märkte können schrumpfen, weil sich die Risiken verbessert haben“, sagte Horst Ihlas. Im Grunde genommen sei die D&O-Versicherung aber eine „Produkthaftpflicht für die Aktie“. In den vergangenen Jahren mit boomenden Märkten habe weniger Insolvenzen gegeben. So sei auch die Prämie niedrig geblieben. Die D&O –auch Managerhaftpflicht-Versicherung genannt, schreibe seit langem technische Verluste. Obendrein sinken aber auch noch die Prämien seit Jahren. Viele Industrieversicherer sehen in der D&O-Versicherung einen Türöffner für das restliche Geschäft.

Man dürfe aber nicht vergessen, dass die technischen Verluste nur die eine Seite der Medaille darstelle, denn auf der anderen Seite sorgen die hohen Rückstellungen für erwartete Schäden unterm Strich für Profitabilität. Laut einer Umfrage des GDV Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft betrage das Verhältnis ausbezahlter Schäden zu Reserven 1 zu 20. Horst Ihlas: „Rückstellungen können enormen Profit generieren.“ So sei es auch möglich, in Zukunft mit der D&O gutes Geld verdienen.

Deutlicher Widerspruch von den Diskussionsteilnehmern
Das wollte Nepomuk Loesti nicht so stehen lassen. Loesti zeichnet für das Financial Lines-Geschäft des Industrieversicherers AIG in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. Seiner Meinung nach gebe es weniger Insolvenzen, aber dafür würden sich die Insolvenzverwalter deutlich professioneller als früher verhalten. Mittlerweile würde sich eine Insolvenz in 80 Prozent der Fälle zu einem D&O-Fall entwickeln. Loesti: „Die Risikosituation hat sich erheblich erhöht.“ So seien die Preise nicht gefallen, weil die Risiken geringer geworden seien, sondern weil es mehr Angebot gebe.

Weil die AIG angekündigt hatte, die Prämien in der D&O-Versicherung hierzulande für den gesamten Bestand im Durchschnitt um 10 Prozent zu erhöhen, stehe sie nun im Markt weitgehend allein da. Loesti sieht auf jeden Fall Bedarf für Prämienerhöhungen in zweistelliger Summe für den hiesigen  Markt. Wer das anders sehe, der lebt nach Nepomuk Loestis Meinung „in einem rosaroten LaLaLand“.

Deckungserweiterung bei Managerhaftpflicht-Policen?
Ein ebenso diskutiertes Thema in Sachen D&O-Versicherung sahen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion in der Deckungserweiterungen der Managerhaftpflicht-Policen. Hier mischte sich Daniel Messmer vom Rückversicherer Swiss Re ein: „Man darf mir sicherlich vorwerfen, dass ich Stimmung gegen die Klauseln mache.“ Unterstützung bekam er Stefan Sigulla, der ebenfalls sehr viel weitere Deckungen ablehnt. „Man kann alles reinpacken, aber das muss auch bezahlt werden“, sagte Sigulla. Es sei jedoch viel wichtiger, sich auf das zu konzentrieren, was die eigentliche Haftung eines Managers betrifft.

Erweiterten Klauseln – was soll das?
Horst Ihlas berichtete in diesem Zusammenhang, dass Großkunden diese erweiterten Klauseln oft gar nicht wollten. Er habe den Eindruck, dass viele der Deckungserweiterungen auf Betreiben der Makler in die Verträge kämen. Er reibe sich selbst häufig die Augen, weil er sich frage, was das soll. Aber die Erweiterungen tragen  auch dazu bei, ein weiteres Absenken der Prämie zu verhindern. (-el / Fotos © Marc-André Hergenröder/Euroforum / www.bocquel-news.de)

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