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Konzepte und Kriterien

Bessere Zahlungsmoral der deutschen Unternehmer

16. September 2021 - Die Zahlungsmoral der deutschen Unternehmen ist besser und entspannter, aber wachsam. Der internationale Kreditversicherer Coface mit seiner Niederlassung in Mainz hat für die Analyse seines „Germany Corporate Payment Survey 2021“ festgestellt, dass sich die Zahlungsdisziplin hierzulande deutlich verbessert habe.

Unternehmen in Deutschland vertrauen wieder mehr auf die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden. So bieten Firmen ihren Abnehmern im Vergleich zum Vorjahr deutlich häufiger Zahlungsziele an. Dieses gesteigerte Vertrauen wird mit einer verbesserten Zahlungsdisziplin belohnt: In den vergangenen 12 Monaten berichten nur noch 59 Prozent von Zahlungsverzögerungen (minus 9 Prozent). Das sind Erkenntnisse aus der jährlichen Befragung des Kreditversicherers Coface (www.coface.de) zu Zahlungserfahrungen deutscher Unternehmen. Offen bleibt der Einfluss von staatlichen Corona-Hilfen auf diese verbesserten Ergebnisse.

Die aktuelle Ausgabe der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen von Unternehmen in Deutschland wurde im Juli und August 2021 durchgeführt, 819 Unternehmen aus mehr als 11 breit gefächerten Sektoren nahmen an der Befragung teil.

Danach haben fast drei Viertel (74 Prozent) der über 800 befragten Unternehmen ihren Kunden in den vergangenen 12 Monaten ein Zahlungsziel eingeräumt. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres waren es nur 62 Prozent. In der letzten Befragung vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2019 operierten noch 81 Prozent der Unternehmen mit Zahlungszielen.

„Deutsche Firmen haben sich offenbar an das Pandemie-Umfeld gewöhnt, dennoch bleiben sie wachsam und sind nach wie vor bestrebt, so früh wie möglich Kasse zu machen“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Diese Wachsamkeit ist auch in den kurzen Zahlungsfristen erkennbar, die weiterhin die deutsche Unternehmenslandschaft dominieren. 88 Prozent der Unternehmen fordern ihr Geld im Jahr 2021 innerhalb von 60 Tagen. Die durchschnittliche Lieferantenkredit-Laufzeit verringerte sich geringfügig um etwa einen Tag: von 34 Tagen im Jahr 2020 auf 33 Tage im Jahr 2021.

Während sich die durchschnittliche Zahlungsfrist nur geringfügig verändert hat, gibt es 2021 signifikante Veränderungen innerhalb der 11 untersuchten Branchen. Um fast 10 Tage im Vergleich zum Vorjahr wurden die Zahlungsfristen im Baugewerbe und in der Textil- und Kleidungsbranche verlängert. Dennoch gewährt die Baubranche mit 24,4 Tagen nach wie vor die kürzesten Zahlungsziele, während der Textil- und Bekleidungssektor mit durchschnittlich 47 Tagen die großzügigste deutsche Branche ist.

Früher zur Kasse gebeten werden 2021 die Kunden im Maschinenbau (minus 8,2 Tage), im Agrar-, Lebensmittel- und Holzsektor (-7,3 Tage) sowie in der Automobilindustrie (minus 6,3 Tage). „Auch, wenn es nicht explizit gefragt wurde, berichten uns Kunden häufig, dass die gestiegenen Rohstoffpreise und damit die hohen Materialkosten sie unter Druck setzen. Sie möchten diese Vorleistungskosten offenbar möglichst schnell wieder einholen“, sagt Christiane von Berg.

Die Grafik zeigt den Anteil von Unternehmen, die von Zahlungsverzögerungen berichten (nach Branchen). © Coface Payment Survey Germany 2021

Darüber hinaus verkürzte sich die Dauer von Zahlungsverzögerungen im Schnitt um über eine Woche, von 36 Tagen im Jahr 2020 auf knapp 28 Tage im Jahr 2021. Über dreieinhalb Wochen kürzer fielen die Verzögerungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT; 17,5 Tage) aus. Bemerkenswert: Kein Unternehmen in diesem Sektor berichtete von Zahlungen, die länger als 60 Tage überfällig waren. „Dies könnte an der hohen Liquidität im Markt liegen“, sagt Christiane von Berg. „In Einzelfällen bitten Kunden sogar noch vor Rechnungsstellung darum, zahlen zu können, um negativen Bankzinsen zu entgehen.“

Welchen Einfluss haben staatliche Hilfen?
Exakt wie im Vorjahr gaben 48 Prozent der Befragten an, dass ihr Unternehmen in den vergangenen 12 Monaten als Reaktion auf die Corona-Krise staatliche Unterstützung in Anspruch genommen hat. Auch der Anteil der genutzten Unterstützungsmaßnahmen bleibt nahezu unverändert: In 89 Prozent der Fälle wurde Kurzarbeitergeld beantragt, an zweiter Stelle (21 Prozent) stehen Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der wichtigsten Förderbank des Bundes. Zuschüsse vom Bund wie Überbrückungs- oder Neustarthilfen wurden von 17 Prozent genutzt.

„Die letzten Hilfsprogramme laufen Stand heute zum Jahresende aus. Es wird interessant sein zu sehen, ob das äußerst positive Zahlungsverhalten in Deutschland das Ergebnis einer starken wirtschaftlichen Erholung oder erheblicher öffentlicher Finanzhilfen und einer höheren Verschuldung ist“, sagt Christiane von Berg.

In einem Online-Seminar erläutert Volkswirtin Christiane von Berg am 23. September 2021 die Ergebnisse der Studie. Hier geht´s zur Anmeldung. (-el / www.bocquel-news.de)



 

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