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Altersarmut ist weiblich, trotz Rentenerhöhungen

22. Januar 2015 - Zwar schwächt sich die Altersarmut bei Frauen durch die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung etwas ab, trotzdem sind Frauen weiterhin nicht ausreichend abgesichert. Das liegt an der Erwerbsbiografie.

Diese Meinung äußert Ute Klammer (Foto: GDV), Professorin für Politikwissenschaften und insbesondere Sozialpolitik an der Universität Duisburg-Essen, die zu den Verbindungen zwischen Erwerbsbiographie und Alterssicherung forscht, in einem Interview für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de).

Zu den aktuellen Trends bei der Vorsorge für Frauen äußerte Ute Klammer, dass sich die gestiegene Erwerbsorientierung westdeutscher Frauen langsam auch in einem Anstieg eigenständiger Rentenansprüche bemerkbar mache. Der Gewinn sei allerdings nur relativ: Bedingt durch unstetiger gewordene Erwerbsbiografien, aber auch Kürzungen im System der gesetzlichen Rente, gingen die Rentenansprüche von westdeutschen Männern und Menschen beiderlei Geschlechts in Ostdeutschland zurück. Dadurch könnten westdeutsche Frauen ihre relative Position verbessern. Zudem werde sich der gegenwärtig bei (westdeutschen) Frauen charakteristische Befund, dass die Rente umso niedriger liegt, je mehr Kinder erzogen wurden, künftig durch die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten abschwächen.

Die Rentenlücke der Geschlechter
Ein Grund zur Entwarnung bestehe allerdings nicht. Denn die Zugangsrenten westdeutscher Frauen liegen immer noch rund 40 Prozent unter dem Wert für Männer. Beziehe man die eigenständigen Ansprüche aus der betrieblichen und privaten Alterssicherung mit ein, belaufe sich der „gender pension gap“ sogar auf knapp 60 Prozent. Die Rente des Partners bezeihungsweise später die Witwenrente bleibe für viele Frauen insofern weiterhin eine wichtige Quelle des Alterseinkommens. Über die geringste Kaufkraft im Alter verfügen unter den alleinlebenden älteren Frauen diejenigen, die durch Trennung und Scheidung einen unerwarteten „Rollenwechsel“ bewältigen mussten.

Auch Frauen verdrängen die Vorsorge
Beide Geschlechter verdrängen in vielen Fällen das Thema Alterssicherung – vor allem bei niedrigen Einkommen, wo die Frage, wie man gut durch den laufenden Monat kommt, die Menschen weit mehr bewegt als die Frage, wie man wohl in 20 oder 30 Jahren zurechtkommt“. so Ute Klammer. Das sei also nicht nur ein bei Frauen zu beobachtendes Phänomen, auch wenn vor allem verheiratete Frauen sich sicher immer noch zu häufig auf den Partner und die Sozialsysteme verlassen. Bei Männern gingen die üblichen Lebens- und Erwerbsverläufe allerdings weiterhin stärker konform mit den Sicherungsmechanismen der GRV, aber auch mit den Regeln der betrieblichen Alterssicherung. Zudem erlaube ihnen ihr Einkommen eher, privat vorzusorgen.

Altersarmut bleibt überwiegend weiblich
„Unter den aktuellen Grundsicherungsbeziehern sind, bedingt durch die längere Lebenserwartung, zwar viel mehr Frauen. Sieht man auf die geschlechtsspezifischen Betroffenheitsquoten, so sind Frauen mit 3,3 Prozent auch häufiger betroffen als Männer mit 2,6 Prozent“, betont Ute Klammer.  Männer hätten jedoch in den letzten Jahren stark „aufgeholt“. Auch die Prognosen würden Risikogruppen unter beiden Geschlechtern zeigen, zum Beispiel unter den Selbstständigen, und in Ostdeutschland. Kritisch seien vor allem die unzureichenden eigenständigen Rentenansprüche vieler Frauen. So ist die Witwenrente eindeutig eine „Rente zweiter Klasse“, die zum Beispiel in Bezug auf die Möglichkeiten einer erneuten Heirat nicht die gleiche Autonomie gibt wie eigenständige Rentenansprüche.

Erwerbsausstiege nicht weiter fördern
Auf die Frage, was zu tun sei, um Frauen bei ihrer Absicherung im Alter besser zu unterstützen, rät Ute Klammer: „Die politischen Signale und rechtlichen Rahmenbedingungen müssten deutlich dahingehend geändert werden, dass lange, vollständige Erwerbsausstiege von Ehefrauen und Müttern nicht weiter aktiv gefördert werden. Stattdessen sollte sich die Unterstützung auf kurze, reversible Ausstiege und temporäre Arbeitszeitreduktionen konzentrieren.“ Da die Fürsorgearbeit aber nicht aus der Welt verschwindet, müssten auch die Männer mit ins Boot: Kurze Vollzeit statt Vollzeit plus Überstunden laute die Devise. Zudem müsste die Anrechnung von Angehörigenpflege auf die gesetzlichen Rentenansprüche analog zur Kindererziehung verbessert werden – und zwar auch dann, wenn die Pflegenden das Rentenalter schon erreicht haben.

Große Unterschiede bei gesetzlichen Renteneinkünften
Die Unterschiede bei Männern und Frauen bei der gesetzlichen Rente sind gravierend und im Wesentlichen durch die geringe Erwerbstätigkeit westdeutscher Frauen geprägt.

Durchschnittliche Versichertenrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung in Euro

 

Westdeutschland

Ostdeutschland

Männer

1.068,93

1.039,59

Frauen

538,35

748,18

Quelle: Rentenversicherungsbericht 2014 (BMAS), Stand: 31. Dezember 2013

Der Vorteil der ostdeutschen Frauen gegenüber westdeutschen wird jedoch sukzessive abgebaut. Die hohe Erwerbslosigkeit in den Jahren unmittelbar nach dem Anschluss Ostdeutschlands wird sich schon in naher Zukunft negativ auf das Rentenniveau ostdeutscher Frauen auswirken. (hp / www.bocquel-news.de)

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